„Warum ist Andreas Scheuer noch Bundesverkehrsminister? Wobei der Begriff Rätsel eine Beschönigung ist. Tatsächlich handelt es sich um eine Mischung aus Zumutung, Unverschämtheit und Wählerverhöhnung. Verkehrsminister Andreas Scheuer müsste gleich ein paar gelungene Projekte hinlegen, um sich zum Totalausfall hochzuarbeiten.
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Scheuer wirkt wie ein Fettnäpfchenmagnet, aber es wäre unfair, so etwas zu behaupten. Sein Pannenportfolio ist eben nicht zufälliges Pech, sondern fast ausnahmslos hart erarbeitet. Durch seine Karriere ziehen sich Fehlleistungen und Anrüchigkeiten wie Funklöcher durch Deutschland: Der Ausfall ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
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Es gibt praktisch keine politischen Rennen, bei denen Andreas Scheuer keine toten Pferde im Stall hat. Sogar zur Corona-Pandemie – nicht unbedingt der naheliegendste Zuständigkeitsbereich eines Verkehrsministers – hat Scheuer ein fabelhaftes Maskenfiasko hinbekommen. (…) Er witterte offenbar gute Schlagzeilen und wollte sich in der Krise als Macher inszenieren. Leider, leider waren die bestellten acht Millionen Masken von minderwertiger Qualität, elf Millionen Stück habe man gesichtet, „alle Schrott“, wie ein Beteiligter sagt. Scheuer saß offenbar Betrügern auf, dabei sahen die ersten Masken doch tadellos aus! Das hört sich an wie bei Urlaubern, die fassungslos in die Kamera sagen: „Wir konnten doch nicht ahnen, dass der Laptop, den wir von einem fliegenden Händler auf der Autobahnraststätte zu einem Viertel des Originalpreises gekauft haben, defekt ist!“ Man möchte zugleich weinen und speien ob dieser Scheuer-haften Mischung aus Großspurigkeit und Naivität.
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Wenig verwunderlich gehört auch ein Portiönchen Rassismus in das politische Œuvre Scheuers. Zur Flüchtlingssituation sagte Scheuer 2016: „Das Schlimmste ist ein Fußball spielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist – weil den wirst Du nie wieder abschieben.“ Beinahe kann man Scheuer hier dankbar sein, weil er offen zeigt, dass ihm jede noch so gelungene Integration völlig egal ist – wenn die betreffende Person schwarzer Afrikaner ist.
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Warum also ist Andreas Scheuer noch Bundesverkehrsminister? Ein essenzieller Teil der Antwort liegt tief in der Struktur der CSU verborgen, wie Politinteressierte wissen, aber wie es noch viel zu selten wütend thematisiert wird. Nämlich im sogenannten Regionalproporz, also einer Geburtsortquote, erbittert verteidigt meist von genau den Leuten, die jede Frauenquote für „leistungsfeindlich“ halten. Die verschiedenen bayerischen Bezirke müssen sich stets ausreichend gut bei der politischen Ämtervergabe vertreten fühlen. Auch auf Ministerebene. Scheuer bleibt so lange Minister, bis sich unter den 1,2 Millionen Niederbayern eine bessere Alternative findet. Persönlich glaube ich, man könnte das ganz leicht im Losverfahren unter sämtlichen volljährigen Personen klären, die als einzige Qualifikation „ist bei Bewusstsein“ mitbringen müssten.“
(Sascha Lobo bei Spiegel Online)
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