Gregor Samsa ist der Kopf hinter dem Sounds Of Subterrania – Label und mit seiner DIY-Plattenfirma für ein breites Spektrum an musikalischen Richtungen – und die bemerkenswerten Editionen seiner Releases – bekannt.
Angesichts der schwierigen Situation für den (Sub-)Kulturbetrieb im Rahmen der Corona-Krise hat Samsa in den letzten Wochen andere Labels mit einer eigenen, unverwechselbaren Herangehensweise wie beispielsweise Fidel Bastro vorgestellt – eine Reihe, die sehr lesenswert ist und die ich für ein Eintauchen nur empfehlen kann (hier gesammelt auf der Blog-Seite seines eigenen Labels zu finden).
Auf diese Weise ist ein umfassender und informativer Rundumblick über die DIY-Label-Szene und musikalische Subkultur entstanden – die man sich auch gut als Buch vorstellen könnte!
Diese Vorstellungsreihe kann auch als gute Inspirationen dienen, Platten direkt an der Quelle zu kaufen und so die Subkultur anstatt Amazon & Co zu unterstützen.
Samsa empfiehlt auch bei jedem Label direkt seine favorisierten Releases!
(Link)
Im Text zu seinem eigenen Label hat Samsa einige Überlegungen zu grundsätzlichen Fragen der Zukunft von Subkultur formuliert, die ich im Folgenden ungekürzt als Gastbeitrag zitieren möchte:
Ich möchte meine Vorstellung dazu nutzen, etwas zum Selbstverständnis dieser Reihe zu schreiben. Unter jedes Posting setzte ich folgenden Kommentar “Diese Reihe soll dazu dienen, kleine Labels in den Fokus zu rücken und Euch ermutigen, vielleicht die eine oder andere Platte dort direkt zu kaufen. Auch wir Labels sind massiv von der Krise betroffen. Also bitte nicht nur liken, sondern auch die Zeit nutzen, sich mit der Musik zu beschäftigen, Unbekanntes zu entdecken und vielleicht die eine oder andere Platte zu kaufen.“ Ziel war natürlich zum einen, Labelmacher in den Fokus zu rücken, die sonst nicht im Fokus stehen. Diese Aufgabe übernehmen oftmals und sehr gut Fanzines wie das OxFanzine oder das Trust Fanzine, aber ich denke, daß ich auf viele Dinge nochmal eine andere Sicht habe.
Ein weiteres, nicht öffentlich formuliertes Ziel war und ist, Menschen aus allen Bereichen der Kultur miteinander zu verbinden und einen Solidarisierungseffekt zu erzeugen. Dieser Versuch ist gnadenlos gescheitert. Die wenigsten Label, Künstler, Konzertorte konnten ihren Einzelkämpfermodus abstreifen, von der Entwicklung einer eigenen Idee mit dem Umgang zu Corona und der gesellschaftlichen Veränderung ganz zu schweigen. Ein Journalist fragte auf seinem Facebookprofil nach den „sinnvollsten und hilfreichsten Corona-Moves aus und in der Welt des Pop“, die Antworten waren erschreckend. Einen Tag kein Bandcamp-fee zahlen zu müssen oder Frank Turners Guitar Tutorials oder daß The National für ihre Angestellten sammelt, spiegelt im Grunde die Bandbreite der subkulturellen Ideenlosigkeit wieder. Zum Glück fand die kulturelle Linke durch das Aufkommen der Hygienedemos eine neue Spielwiese, um sich nicht mit den gesellschaftlichen Veränderungen und Realitäten auseinandersetzen zu müssen.
Corona hat nochmals gezeigt, daß innerhalb der kulturellen Linken kaum eine Vision einer anderen Gesellschaft gedacht wird. Man be- und vergnügt sich mit Schlagersängern und Köchen, um sich selbst besser zu fühlen. Zu einem Entwurf einer eigenen Position kam es noch nicht mal skizzenhaft. Aber was nicht gedacht wird, kann auch nicht erstritten werden.
Man könnte das so stehen lassen und als gegeben hinnehmen, wenn nicht so viele Orte zur Entstehung von Alternativen bedroht wären. Die Annahme, daß bei einem Wegfall der Orte die „Jugend“ einfach etwas gesellschaftskritisches Aufbauen würde, halte ich für grundlegend falsch. Denn wenn selbst für Bikini Kill und Co. und vor allem für die alten Fans der Unterschied von der großen Freiheit zur Roten Flora keine Relevanz mehr hat, warum soll er das dann für junge Menschen haben, die sich diesen Ort und diese Freiheit nie erkämpfen mussten.
61 Tage lang habe ich mir jeden Tag darüber Gedanken gemacht, was mir die Arbeit eines einzelnen Menschen bedeutet. 61 Tage lang habe ich Menschen beschrieben, von denen ich glaube, daß Geld und/oder Ruhm nicht die Antriebsfeder ihrer Arbeit ist. 61 Tage sah ich in eine andere, bessere Welt. Und 61 Tage lang, war ich glücklich in all diese Vielfalt eintauchen zu können. (Anm.: womit die hiermit nun 62 Folgen lange Vorstellung fremder Labels gemeint ist)
Ich streite mich gerne, oftmals wird mir das negativ ausgelegt, da das Schaffende im Streit nicht mitgedacht wird. Ich kritisiere gerne, am liebsten die Dinge, die noch eine Bedeutung für mich haben, weil simpel gesagt, ich möchte, daß das Leben besser für alle Menschen wird.
Sounds of Subterrania gibt mir manchmal dafür eine Plattform, vielleicht zu Unrecht und auf dem Rücken von Bands, welche diese Ansicht nicht teilen, vielleicht zu Recht weil ich genau auch für sie kämpfe. Sounds of Subterrania gibt mir die Möglichkeit, fremde Welten zu entdecken. Sounds of Subterrania gibt mir vor allem die Chance, selbstbestimmt durchs Leben zu schreiten. Sounds of Subterrania gibt mir auch das Privileg, mehr Gehör zu finden.
Aber, und das ist auch die Erkenntnis, es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Der Mammon hat das, was mir etwas bedeutet, fest im Griff, die Alternative ist die Fassade, die hilft, sich im Spiegel betrachten zu können.Ich werde weiter streiten, kritisieren und für eine andere und hoffentlich bessere Welt kämpfen. Ich werde mich weiter als Troll und selbstverliebtes Arschloch beschimpfen lassen und ich werde weiter versuchen, das zu sagen,was ich denke. Ich werde weiter Fehler machen und versuchen, diese zu revidieren. Ich werde weiter scheitern und doch glücklich des Versuches wegen sein.
Und ich werde weiter Labels und die Menschen dahinter vorstellen, da diese mich einfach mehr interessieren und relevanter ist als eine Punkrocksupergroup.
Es würde mich sehr freuen, wenn ihr gemeinsam mit mir diesen Weg geht und wenn wir gemeinsam die Schlupflöcher für die Erbauung einer besseren Welt finden können.