Love, Deutschmarks and Death (Regie: Cem Kaya)
Nachdem sich Cem Kaya in „Remake, Remix, Rip-Off: About Copy Culture & Turkish Pop Cinema“ mit dem Phänomen der türkischen B-Movies beschäftigt hatte, wendet er nun seinen poparchäologischen Blick auf die verschlungenen Wege der „Gastarbeiter-Musik“.
Kaya bleibt dieses Mal aber nicht bei kuriosen Ausgrabungen stehen, sondern weitet den Blick auf das sozikulturelle Umfeld: wie war das Leben von „Gastarbeitern“, die von der deutschen Industrie in den 60ern nach Deutschland gelockt wurden, und in welch harschem Umfeld musste sich diese Generation in Deutschland einleben?
Hier kommt Musik eine politische Bedeutung zu, als Heimatanker und Identifikationsstifter. Zugleich wird der tiefe Graben zwischen der deutschen Bevölkerung und ihren „Gastarbeitern“ deutlich. Die türkische Musik verkaufte sich millionenfach (im Film werden Beispiele genannt, in denen Singles über eine Million Einheiten absetzen konnten, was auch damals für einen Nummer-1-Hit in den deutschen Hitparaden gereicht hätte), wurde aber außerhalb der üblichen Verwertungswege angeboten. Es gab keine Distribution in deutsche Plattenläden oder Fachmärkten, die türkischen Musiker verkauften ihre Singles und Kassetten ausschließlich über Lebensmittelgeschäfte oder türkische Märkte. Deutschland ignorierte dieses Phänomen völlig.
Kaya schlägt gegen Ende auch den Bogen zu den ausländerfeinlichen Ausschreitungen ab den 80ern und entwickelt die These, dass die zweite Generation auch deshalb den Streetgang-Habitus des Hip-Hops entwickelte, um über eine Opferstellung hinauszuwachsen.
„Love, Deutschmarks and Death“ endet auf einer versöhnlichen Note, dass sich nun die Kulturen zwischen den Jugendlichen verschiedener Herkunft gerade durch den musikalischen Einfluss verschränken.
Ein ebenso interessanter wie lehrreicher Blick auf eine immer noch zu stark vergessene Ära der Bundesrepublik und ihrer Kultur.
P.S.: Der Originaltitel des Films „Aşk, Mark ve Ölüm“ ist einem Gedicht von Aras Ören entnommen und wurde von Ideal 1982 auf dem Album „Bi Nuu“ vertont.
(Berlinale / Panorama, Gewinner des Publikumspreis für Beste Dokumentation)
Incredible But True (Regie: Quentin Dupieux)
Ich hatte Quentin Dupieux schon aufgegeben, nachdem ich für „Rubber“ nur ein Achselzucken und für „Wrong“ Wut übrig hatte, aber „Incroyable mais vrai“ ist deutlich besser als die frühen Dupieuxs.
Diese Geschichte aus Absurdistan profitiert davon, dass Dupieux nicht mehr jede Szene zu völligem Quatsch aufblasen muss, sondern nur zwei verrückte Elemente nimmt und den Rest des Films straight spielt. Trotz der kurzen Spielzeit scheint mir Dupieux gegen Ende etwas die Lust am Fertigerzählen verloren zu haben, aber die erste Stunde ist stark und vor allem auch mit einer Haltung zu Fragen des Altwerdens, der Vergänglichkeit und des Jugendwahns,die man in einem Dupieux-Film vielleicht nicht unbedingt erwarten würde.
Dark Glasses (Regie: Dario Argento)
Ein return to form für Dario Argento mit einem wunderbar klassischen Giallo-Beginn.
Irgendwann verliert sich „Dark Glasses“ bei seinem einsamen Lauf durch die dunklen Wälder und fehlt eine rechte Idee für das wieso weshalb warum, aber der Score ist fantastisch, die Bilder gut und so „Dark Glasses“ mindestens mal als nostalgisches Blutbad sehenswert.