vonChristian Ihle 29.09.2022

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Liebe, D-Mark und Tod (Regie: Cem Kaya)

Nachdem sich Cem Kaya in „Remake, Remix, Rip-Off: About Copy Culture & Turkish Pop Cinema“ mit dem Phänomen der türkischen B-Movies beschäftigt hatte, wendet er nun seinen poparchäologischen Blick auf die verschlungenen Wege der „Gastarbeiter-Musik“.

Kaya bleibt dieses Mal aber nicht bei kuriosen Ausgrabungen stehen, sondern weitet den Blick auf das sozikulturelle Umfeld: wie war das Leben von „Gastarbeitern“, die von der deutschen Industrie in den 60ern nach Deutschland gelockt wurden, und in welch harschem Umfeld musste sich diese Generation in Deutschland einleben?

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Hier kommt Musik eine politische Bedeutung zu, als Heimatanker und Identifikationsstifter. Zugleich wird der tiefe Graben zwischen der deutschen Bevölkerung und ihren „Gastarbeitern“ deutlich. Die türkische Musik verkaufte sich millionenfach (im Film werden Beispiele genannt, in denen Singles über eine Million Einheiten absetzen konnten, was auch damals für einen Nummer-1-Hit in den deutschen Hitparaden gereicht hätte), wurde aber außerhalb der üblichen Verwertungswege angeboten. Es gab keine Distribution in deutsche Plattenläden oder Fachmärkten, die türkischen Musiker verkauften ihre Singles und Kassetten ausschließlich über Lebensmittelgeschäfte oder türkische Märkte. Deutschland ignorierte dieses Phänomen völlig.

Kaya schlägt gegen Ende auch den Bogen zu den ausländerfeinlichen Ausschreitungen ab den 80ern und entwickelt die These, dass die zweite Generation auch deshalb den Streetgang-Habitus des Hip-Hops entwickelte, um über eine Opferstellung hinauszuwachsen.

„Love, Deutschmarks and Death“, Gewinner des Publikumspreis für Beste Dokumentation bei der diesjährigen Berlinale, endet auf einer versöhnlichen Note, dass sich nun die Kulturen zwischen den Jugendlichen verschiedener Herkunft gerade durch den musikalischen Einfluss verschränken.
Ein ebenso interessanter wie lehrreicher Blick auf eine immer noch zu stark vergessene Ära der Bundesrepublik und ihrer Kultur.

P.S.: Der Originaltitel des Films „Aşk, Mark ve Ölüm“ ist einem Gedicht von Aras Ören entnommen und wurde von Ideal 1982 auf dem Album „Bi Nuu“ vertont:

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Wir könnten genauso gut tot sein (Regie: Natalia Sinelnikova)

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Eine Sozialsatire, die sich mit dem Feingefühl eines Vorschlaghammers aus JG Ballards „High-Rise“ ihr Statement zu Deutschland 2022 herausbricht.
Dem Overacting ergeben und durch die Bank hölzern gespielt, inhaltlich mit der falschen Art Weirdness und technisch schlechtem Ton.

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