vonChristian Ihle 16.03.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

Mehr über diesen Blog

The Wave Pictures
Support: Matching Outfits
Berlin Marie-Antoinette, 27.02.2023

Meiste Gitarrensoli ever, ein irrer, siebenminütiger Psych-Rock-Freakout bei “Strange Fruit For David” (2004, selbstveröffentlichtes Album “The Airplanes At Brescia”) inklusive

In dem Sub-Genre ‘DIY-Indie-Band’ ist David Tattersall wahrscheinlich der talentierteste, vielseitigste Gitarrist der Welt.
Je nach Lied und Laune sind Einflüsse von Creedence Clearwater Revival zu hören, “Strange Fruit…” dagegen sicher mehr Psych-Rock als Dire Straits, aber an anderer Stelle eben auch sehr cleane Soli wie aus dem Hause Mark Knopfler oder Tom Verlaine. Doch das wird prompt mit “Pea Green Coat” kontrastiert, das sich an der harschen, no-nonsense Gitarre von Billy Childish orientiert.

Erfreulicherweise war auch der Wave Pictures – Gig ausverkauft, die Band dementsprechend gut gelaunt und in Spielfreude mit einer Setlist quer durch die Diskographie bis hin zu einem heute noch unveröffentlichten Lied, dessen Text mir sehr aus dem Herzen sprach (“going to the cinema three times a day & listening to The Modern Lovers all night…“). Ein weiterer Höhepunkt: das von Drummer Jonny Helm gesungene “Atlanta” vom 2013er Album “City Forgiveness”.

Vorband Matching Outfits (wobei man natürlich offen kritisieren muss, dass sie mit ihrer ungleichen Bekleidung genau das nicht geliefert haben!) hatten ihre Momente, manchmal aber auch im extrem schrägen Sing-Sang unterwegs. Unbewusster Anti-Folk-Indiepop?

The Düsseldorf Düsterboys
Support: Eat Them
Berlin Hole44, 06.03.2023

Trotz der nicht kleinen Location erneut ein ausverkauftes Konzert der Düsseldorf Düsterboys, obwohl der letzte Berlin-Auftritt gar nicht so lange zurück liegt. Wieder im “DuoDuo”-Setup, also als Zwei-Mann-Band im ‘Deutsche Simon & Garfunkel’ Modus. Die Setlist war im Vergleich zum letzten Konzert diesmal etwas breiter aufgefächert und weniger rein auf das neue Album konzentriert. “Teneriffa” ist natürlich immer noch ein Singalong-Höhepunkt, aber diesmal gab es leider kein “Kaffee in der Küche”.
Jedes Mal aufs Neue ist erfreulich wie die Düsterboys ein wirklich durchmischtes, auch junges Publikum mit diesen zart-dahingehauchten Liedern erreichen. Verlässlich sympathisch und versiert. Erneut ein sehr gelungenes Konzert.

Die Vorband Eat Them war ebenfalls interessant, ein Typ mit Gitarre und Effektpedalen, der seit 2014 schon “circa 15 Alben” veröffentlicht hat. Eine Art verspulter Krautrock gekreuzt mit psychedelischem Indiepop. Television Personalities kommen mir als Referenz nicht verkehrt vor. Der vorletzte, englischsprachige Song war richtig toll, aber unmöglich im Netz den genauen Titel herauszufinden. Wer’s weiß, Post an die übliche Adresse (~ Kommentare)!

Art Brut
Berlin, Secret Gig in der 8mmBar, 20.02.2023

art brut berlin 8mmBar, (c) Christian Ihle

Art Brut spielten ihren Secret Gig in der 8mm Bar am Tag vor dem wegen Corona mehrfach verschobenen Jubiläumskonzert im ausverkauften Lido zum ersten Mal überhaupt in dieser Besetzung. Ganz neu in der Band waren Jascha von Odd Couple (jetzt auch neu bei Kadavar) sowie Olga & Leo von der Berliner Psychrock-Band Errorr. Letzterer erfuhr erst nachmittags von seinem Glück, da der eigentliche Stammgitarrist mittags überraschend aus der Band ausgestiegen war. So wurde der Auftritt ohne jedes gemeinsame Bandrehearsal gespielt. Gut, ihre Songs sind vielleicht nicht die vertracktesten und für die Gitarrenlinien muss man nicht zwingend Jimmy Page sein, aber dass die Band ohne jede gemeinsame Probe so einen Gig wie aus einem Guss hinlegt – Respekt.

Viel an Art Brut wirkt natürlich über das Charisma von Sänger & Texter Eddie Argos und die von ihm zwischen bzw. innerhalb der Songs erzählten Geschichten. Während “My Little Brother” – damals vor 15 Jahren über die Verlockungen der Musik für seinen jüngeren Buder geschrieben (“My little brother just discovered Rock & Roll / There’s a noise in his head, and he’s out of control”) – gab Eddie eine längere Routine zum Besten, dass dieser Tage seine Mutter sich über ihn Sorgen mache, weil er immer noch semierfolgreich im Rocknroll-Business ist und nicht über seinen in der Zwischenzeit als Lehrer arbeitenden Bruder.

Argos erzählt von Anrufen der Mutter, während derer sie ihn nach neuen Bands fragt, die es geschafft haben (“my mother called me and asked: “Eddie, do you know IDLES?”). Eddie Argos wäre nicht Eddie Argos, wenn er als Punchline nicht auch einen kleinen Seitenhieb in dieser Geschichte verstecken würde:

“yesterday, my mother called me and asked: “Eddie, do you know the Sleaford Mods?” – “Yes, Mum. they sound like the Pet Shop Boys after a debilitating stroke”

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/popblog/2023/03/16/gig-rueckblick-the-wave-pictures-art-brut-duesseldorf-duesterboys/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert