What Happened, Miss Simone? (2015, Regie: Liz Garbus)
auf Netflix
Liz Garbus benötigt doch ziemlich lang, bis sie etwas wirklich interessantes über Nina Simone zu erzählen weiß. Allerdings decken sich dann Film und Leben gut: wenn Nina Simone vom übertalentierten Emporkömmling zur Kämpferin für die Bürgerrechte wird, entwickeln auch ihr Leben und ihre Songs einen anderen Drive.
Dieser aufrührerische Mittelteil mit dem überraschend harschen Ende machen „What Happaned, Miss Simone“ dann doch sehenswert, auch wenn die Dokumentation nach dem 1×1-Prinzip gebaut ist: talking heads, alte Originalaufnahmen – that’s it.
Eine Oscarnominierung scheint mir hier etwas zu großes Lob zu sein (2016 – Gewinner damals übrigens eine andere Musik-Doku: Asif Kapadias „Amy“. Würde ich unterschreiben). (6/10)
Die Konsequenz (1977, Regie: Wolfgang Petersen)
in der ARTE Mediathek
https://www.youtube.com/watch?v=4yiaiK7DyRY
Ein für seine Entstehungszeit bemerkenswert progressiver Film über schwule Liebe – und wie die Gesellschaft dagegen knüppelt.
Dabei ist „Die Konsequenz“ aber viel zärtlicher und emotionaler als Rosa von Praunheims Aufreger-Filme aus dieser Zeit. Insbesondere Jürgen Prochnow beeindruckt als queerer Schauspieler, der nie affektiert spielt, aber immer seine Weichheit und Wehmut durchscheinen lässt. Faszinierend, dass Wolfgang Petersen nur 4 Jahre nach „Die Konsequenz“ Prochnow dann als seinen bärbeißigen Mannschaftskäptn in „Das Boot“ besetzen würde!
Gegen Ende erzählt „Die Konsequenz“ etwas zu schnell seine Geschichte vom unweigerlichen Niedergang, wenn Elternhaus, Erziehungsanstalten und Arbeitgeber gegen die eigene Liebe kämpfen und selbst die vermeintlich Verbündeten Notlagen auszunutzen suchen.
Aber vor allem in den ersten zwei Dritteln fängt Petersen mit seinen beiden Hauptdarstellern (Prochnow und Ernst Hannawald als junges Goldlöckchen) das Sehnen, das kurze Glück wie auch die Hürden durch die Ignoranz der Gesellschaft gelungen ein. (6+/10)
Pilotinnen (1995, Regie: Christian Petzold)
in der ZDF Mediathek
Petzolds erster Spielfilm ist ein Buddy-Movie aus dem Spätkapitalismus. Einer erfahrenen Kosmetik-Außendienstlerin wird die junge Geliebte des neuen Firmenchefs auf ihrer Tour zur Seite gestellt. Natürlich zofft sich die Alte (Eleonore Weisgerber, stark) mit der Neuen (Nadeshda Brennicke, auch gut) & sieht ihren Job in Gefahr. Doch nach und nach merken beide, dass der Struggle real ist und der Gegner nicht die Kollegin, sondern die das System verkörpernden Männer (die leider allesamt sehr austauschbar wie reine Karikaturen auftreten) sind.
Das letzte Drittel von „Pilotinnen“ entwickelt sich dann etwas überraschend in ein deutsches „Thelma & Louise“, was Petzolds abstrakter Genre-Übung am Ende ein märchenhaftes Flair verleiht. (6/10)
„Pilotinnen“ ist derzeit im Rahmen einer großen Retrospektive auf „60 Jahre Fernsehspiel“ in der ZDF-Mediathek zu sehen. Dort finden sich auch andere wichtige Beiträge aus dieser Reihe – unter anderem mit Debütfilmen von Fatih Akin oder Lars Kraume.
Our Idiot Brother (2011, Regie: Jesse Peretz)
auf Joyn und zur Leihe bei Amazon, Apple, Magenta
Etwas unentschlossene Feelgood-Komödie, in der ein bärtiger Paul Rudd den vertrauensseligen Slacker spielt, der allen auf die Nerven geht, weil er sein Herz auf der Zunge trägt.
Über zwei Drittel ganz charmant bis sich „Our Idiot Brother“ mehr oder weniger aus dem Nichts dazu entschiedet, dass alle nun doch Paul Rudd total lieb haben. Fürchterlich zuckriges Ende, in dem praktisch jeder Charakter sich 180 Grad anders zum vorherigen Film verhält.
Absurd gute Besetzung in der Tiefe übrigens: Paul Rudd, Elizabeth Banks, Rashida Jones, Zoey Deschanel, Emily Mortimer, Adam Scott und Steve Coogan – die meisten davon leider völlig verschenkt. (5/10)
Macht des Geldes (2018, Regie: Rodrigo Sorogoyen)
auf Amazon Prime
Spanischer Polit-/Paranoia-Thriller, der mit seinem sehr verwickelten Plot um angedeutete Korruptionsvorfälle, die nie wirklich erklärt werden, und einer ganzen Riege an für mich nicht zu unterscheidenden Schmierlappenpolitikern mittleren Alters voll in die Überforderung des Zuschauers geht.
Mit großem Eifer klagt Regisseur Rodrigo Sorogoyen die korrupten Zustände in der Gesellschaft – von Politik bis Medien – an. Im letzten Drittel erzielt Sorogoyen eine solche Dringlichkeit, dass mir die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Plotwindungen dann auch herzlich egal war. (6/10)
Amulett des Bösen / Manhattan Baby (1982, Regie: Lucio Fulci)
auf Amazon Prime
Keine Großtat der italienischen Horror-Legende Lucio Fulci. „Amulett des Bösen“ (aka „Manhattan Baby“) erzählt verworren und inhaltlich annähernd undurchdringbar von einem verfluchten Amulett.
Geplant als der große Durchbruch von Fulci in den USA ist nach Finanzierungsschwierigkeiten wohl ein deutlich eingeschränkter Film mit mauen Special Effects übrig geblieben, der weder spannend noch gruselig ist und zudem auch noch maximal nervtötende Kinder auffährt. (3/10)