The Robocop Kraus – The Cradle Of Filth
Es gibt nicht soo viele popkulturell relevante Bands aus Franken – aber The Robocop Kraus aus Hersbruck bei Nürnberg gehören sicher dazu. Zu ihren großen Zeiten in der New-Post-Punk-Welle der Nuller Jahre waren sie bei der amerikanischen Punklabellegende Epitaph unter Vertrag und kehren nun nach 15 Jahren wieder zurück mit einer neuen Platte, die bei Tapete erschienen ist. Neben dem Jonathan-Richman/The-Clean-Smash-Hit „Innocent Fun“ gefällt mir vor allem der Reisebericht, als Robocop Kraus die britische Extreme-Metal-Band Cradle Of Filth im öffentlichen Personennahverkehr treffen, Corpse Paint noch intakt.
Torsun & The Stereotronics – Alles Neu
„Alles neu, der Hype ist vorbei und das Leben normal und das ist voll ok. Ich wurde nicht reich und bin jetzt wieder arm. So einfach kann’s gehen.“
Eine schöne Selbsthistorisierung bringt Torsun mit, der über viele Jahre mit Egotronic die linksradikale Punk-Attitude in den Electrobollersound gebracht hat. In „Alles Neu“ zieht Torsun nun unter eigenem Namen Bilanz über die Audiolith-Jahre, erzählt vom Shitstorm über die Bombardierung von Nazideutschland und einen angezündeten Tourbus, nickt den alten Drogenbuddies zu und pisst Kollegah an das Alpha-Beinchen. Und das alles zum Klang von Lofi-Indie-Electro-Pop. Toll!
„Alles neu, der Sound, wie er war, ist für mich durchgespielt, es ging viel, ich war da, doch was dann?
Ich fange noch mal von vonre an“
Memorials – It’s In Our Hands
Memorials sind eine neue Band, die Electrelane-Songwriterin Verity Susman mit dem zuletzt bei Wire aktiven Matthew Simms gegründet hat. Gleich ihre zweite Single „It’s In Our Hands“ ist ein wahnsinniger Hit geworden, dem es irgendwie gelingt, Byrds-Harmonien mit Stereolab-Orgel-Krautrock zu verbinden und dabei völlig unwiderstehlich ist.
Paula Paula – Digitale Augen
Nachdem die erste Single der neuen Berliner Band Paula Paula noch ein kleiner Punkkracher über die Themen der Letzten Generation war (und damit neben Songs wie „Weisse Stadt“ von acid.milch&honig oder Paul Eisens „Die Macht der alten Männer“ ein noch nicht vorhandenes Genre ergänzte, das sich mit Welt am Arsch, alte weiße Männer & Co befasst), ist das Debütalbum doch weit breiter aufgefächert. So erinnert die neue Single „Digitale Augen“ an die besten Momente von Judith Holofernes oder gar an Regina Spektor. Auf Albumlänge kommt gerade bei den ruhigeren Stücken die tolle und trotzdem eigene Stimme der Sängerin von Paula Paula zum Tragen – und erst da ist mir aufgefallen, dass ich jene Sängerin schon vor drei Jahren mit ihrer, damals unter dem eigenem Namen Marlène veröffentlichten EP „Feinstoff“ schon so gut fand! Auf Paula Paula hat Marlène Colle nun noch Gisbert zu Knyphausen am Bass zur Unterstützung dazu geholt.
Klassiker:
Joachim Witt – Kosmetik (Ich bin das Glück dieser Erde), 1981
Joachim Witt ist natürlich im Positiven durch den NDW-Ohrwurm „Goldener Reiter“ (250.000 verkaufte Singles, #2 in D) und im eher Negativen durch seine Ausflüge in den Quasi-Rammstein-Sound der Neuen Deutschen Härte bekannt (gar 700.000 verkaufte Singles in Kollaboration mit Wolfsheims Peter Heppner bei „Die Flut“)
Letzte Woche bin ich aber durch die tolle Fassbinder-Doku „Lieben ohne zu fordern“ (2015, hier) an den vergessenen Fun Fact erinnert worden, dass durch Fassbinders zu frühen Tod ein Filmprojekt nicht mehr umgesetzt werden konnte, das „Ich bin das Glück dieser Erde“ heißen und tatsächlich auf dem gleichnamigen Song von Joachim Witt basieren sollte. Mit Witt selbst als Huptdarsteller.
„Ich bin das Glück dieser Erde“ ist ein ungewöhlicher Song, dessen Strophen sich musikalisch zurücklehnen, aber textlich wild fantasieren („Ich träume von Autos / Die so groß sind wie Panzer / Innen aus Gold / Und außen ganz wie ein Kanzler“), um dann mit „ICH BIN DAS GLÜCK DIESER ERDE“ einen kurz-knackigen Refrain hinzulegen, der sich nicht hinter Witts unzerstörbarem „Goldener Reiter“ verstecken muss.
Das Foto von Robocop Kraus als Prefab Sprout ist eine coole Nummer.