vonChristian Ihle 21.05.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Beau Is Afraid (2023, Regie: Ari Aster)
Im Kino

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Sicher bewundernswert, welche Carte Blanche Ari Aster nach seinen zwei Horror-Meisterwerken „Hereditary“ und „Midsommar“ von A24 ausgestellt wurde – und wie hemmungslos Aster diesen Freibrief für einen dreistündigen Ausflug in Angstzustände, Familienzerwürfnisse und die wohl eigene Psyche nutzt.

Andererseits ist „Beau Is Afraid“ auch eine höllisch anstrengende Farce, eine Art Bildungsroman als Groteske und damit eine Reise, der man selten wirklich beiwohnen will. Es gibt etliche starke Sequenzen (mein Liebling das stilisierte Theaterstück in der Mitte), etwas Bergman, sehr viel Charlie Kaufman. Ein kaum wirklich erfassbarer Film, so persönlich und gleichzeitig surreal überzogen ist Asters „Beau“ geworden.

Ausgelaugt nach drei Stunden hat mich das Schlußtribunal über Beaus Leben und Wirken dann allerdings kaum noch bewegt. Im Gegensatz zu Kaufmans „Synecdoche, New York“, einem ebenfalls völlig aus dem Ruder laufenden Film, der sich und seinen Protagonisten in der Größe seines Weltentwurfs verliert – aber eben auch verlieren will – hat mich „Beau Is Afraid“ allerdings innerlich nie erreicht.

Mona Lisa and the Blood Moon (2021, Regie: Ana Lily Amirpour)
auf Amazon Prime

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Zu wenig Plot, die Atmosphäre hat mich nie gepackt und die Kamera ist anstrengend. Eigentlich ist nur Kate Hudson als zynische Stripperin der Erwähnung wert.

No Man’s Land (2001, Regie: Danis Tanović)
auf amazon prime

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Wahrscheinlich kann man einem Bürgerkrieg irgendwann nur noch mit dem Blick des Absurden begegnen.

„No Man’s Land“, Oscargewinner für besten fremdsprachigen Film 2002, spielt in einem Schützengraben, in dem sich aus unterschiedlichen Gründen ein Serbe und zwei Bosnier zur Hochzeit des jugoslawischen Kriegs begegnen, wobei einer der Bosnier auch noch dadurch gehandicapped ist, dass er auf einer Sprengfalle liegt und sich nicht bewegen darf.

Die erste Hälfte spielt wie eine Mischung aus Kriegsfarce und „Warten auf Godot“, wenn die beiden bewegungsfähigen gegnerischen Soldaten versuchen, ihr jeweils eigenes Lager davon abzuhalten, den Schützengraben zu beschießen, und auf eine Rettung für den bewegungsunfähigen Kameraden warten. Der zweite Part des Films spart dann auch nicht mit Lächerlichmachen der UN-Blauhelm-Truppen und Kritik am Medienzirkus um Kriegsberichterstattung, wenn in einem ewigen Wechselspiel zwischen Macht und Medien die Rettung versucht, abgebrochen, wieder aufgenommen und erneut abgebrochen wird.

Ein Film, der nur noch mit düsterem, hämischen Lachen auf die Entmenschlichung des Krieges blicken kann.

Escape From Tomorrow (2013, Regie: Randy Moore)
auf Amazon Prime

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Das Interessanteste an „Escape From Tomorrow“ ist sicherlich seine Entstehungsgeschichte: ein Spielfilm, der ohne Erlaubnis, undercover in einem Disney-Freizeitpark gefilmt wurde und mit verschiedenen Disney-Motiven spielt. Inhaltlich stellt sich „Escape From Tomorrow“ wie eine alptraumhafte Halluzination dar, die ein lüsterner Famlienvater erlebt. Insbesondere gegen Ende dreht Randy Moore etwas zu weit ab, um noch nachfühlbar zu bleiben. Mehr eine Kuriosität als ein guter Film.

Slaying The Badger (2014, Regie: John Dower)
auf Disney+

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Auch wenn diese Dokumentation über die Tour de France der Mitt80er und das große Duell zwischen Greg LeMond und Bernard Hinault anfangs doch recht holpert, ist die Lebensgeschichte von LeMond (erster amerikanischer Tour-Sieger, Killer des besten Radfahrers seiner Zeit, Sieger der Tour mit 8 Sekunden (!) Vorsprung, nach Unfall mit Schrotgewehr fast verstorben, Rückkehr mit erneutem Toursieg) so unglaublich, dass sie nur fesseln kann.

Doch dass „Slaying The Badger“ den Fokus auf den Beginn seiner Karriere und den Zweikampf mit Hinault legt, ist trotz all des folgenden atemberaubenden Auf und Abs in LeMonds Leben richtig. Denn die Taktik-Spielchen, die aufeinanderprallenden Egos, die Mind-Games sind so unglaublich, dass sie dokumentiert werden mussten. Von Vorteil natürlich auch, wie gegensätzlich die beiden Protagonisten sind: LeMond als aufstrebender Jungstar und naiver Amerikaner, der im gleichen Team fährt wie der erfahrene Bernard Hinault, ein verschlagener Dachs und bis dahin unbestrittener Chef des Pelotons, der im Zweifel seine Großmutter überfahren würde, wenn dafür das Gelbe Trikot winkt.

Hinaults Interview in einem französischen Café bei einer Flasche Rotwein ist ein Genuss: Hinault schelmisch grinsend, wissend, was er für ein Drecksack war. LeMond hingegen immer noch ungläubig, wie ihm mitgespielt wurde.

Im Hintergrund dann auch noch Financier Bernard Tapie, der französische Elon Musk seiner Zeit, und Teamchef Paul Köchli, der sich für den Pep Guardiola des Radfahrens hält, und ganz offensichtlich damals die Fäden für Hinault gezogen hat.

Diese Geschichte hätte eigentlich das „Senna“-Treatment von Asif Kapadia verdient, aber ich war trotz der eher handwerklichen Güte der Doku so gefesselt vor dem Fernseher gesessen wie lange nicht mehr.
Heiße Empfehlung aus dem Disney+-Regal.

Trash Fire (2016, Regie: Richard Bates Jr.)
auf Amazon Prime

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„Trash Fire“ zerfällt in zwei Teile: der erste Part ist ein Beziehungsdrama, das schon so überspitzt ist, dass es fast zu einer unangenehmen Komödie über Beziehungsunfähigkeit wird.
Ich mein, diese Beziehung ist so unerträglich scheisse, dass der – ernsthaft – romantischste Akt des Arschloch-Typen eine liebevoll verfasste Grabrede auf seine lebendige Freundin ist.
Nachdem sich das Paar – ernsthaft! – aufgrund des hübschen Begräbnisbouquets und des knuddeligen Nachrufs wieder zusammenrauft, folgt ein Ausflug zur Restfamilie des Typen, die aus einer Großmutter besteht, die den Gebrüdern Grimm das Fürchten lehren würde, und einer durch einen Brand entstellten Schwester.

Noch mehr Psychodrama also und so steuert „Trash Fire“ auf eine große Explosion zu, die dann doch überraschend verhalten ausfällt.

Ein durchaus seltsamer Film, der in seiner Unangenehmheit allerdings nicht ohne Wirkung bleibt.

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