Air (2023, Regie: Ben Affleck)
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Viel amerikanischer kann ein Film gar nicht werden: über mehr als zwei Stunden erzählt Ben Affleck vom harten Struggle in der NIKE-Firmenzentrale, den jungen Michael Jordan zu signen.
Platz 3 der Weltmarktführerschaft im Basketballschuhsegment steht auf dem Spiel, die stakes damit so hoch wie ein Basketballkorb, the sky is the limit, die ‘Marketing Mission’ aka Arbeitsregeln von NIKE bilden die Titel der einzelnen Kapitel (“7. Your job isn’t done until the job is done”).
Das ist sehr nostalgisch erzählt mit einem Mainstream-Needle-Drop-Soundtrack direkt aus dem Wikipedia-Listing der größten Hits von 1984 und im Intro mit etlichen ikonischen 84er Momenten bebildert. Matt Damon gelingt hier wie schon in “Ford vs Ferrari” die kuriose Leistung, ein kapitalisches Ungeher aus den USA als Underdog zu spielen, das gegen die raffinierten Europäer (dort Ferrari, hier Adidas) kämpft, die so viel mehr Style haben und dennoch verlieren werden. Dass die (reale) Matt Damon – Figur tatsächlich innerhalb des Nike-Konzerns hart dafür kämpfen musste, Jordan unter Vertrag nehmen zu dürfen, kann man sich zwar nur schwer vorstellen, aber gut, Jordan war ja tatsächlich auch nur #3 Pick des Drafts in jenem Jahr, was im Rückblick auch gut absurd scheint. Einen netten Kniff hat sich Affleck immerhin ausgedacht: Michael Jordan ist nie mit Gesicht im Bild zu sehen, aber natürlich immer im Zentrum der Geschichte.
Ansonsten muss man wahrscheinlich Amerikaner oder Kapitalismus-Fanboy oder zumindest Basketball-Nerd sein, um bei einem netten Filmchen wie “Air” vor Begeisterung in die Luft zu springen. (6/10)
Der Schatz der Sierra Madre (1948, Regie: John Huston)
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John Hustons berühmter Abenteuerfilm ist wirklich pickepackevoll. Auch wenn er im Grunde nur die Geschichte dreier Goldgräber erzählt, begegnen der Gruppe um Humphrey Bogart und John Hustons Vater Walter doch etliche Unannehmlichkeiten, von Banditen über feindlich gesinnte Gräberkollegen zu Natives, aber die größte Gefahr liegt natürlich in ihnen selbst. Die verschworene Truppe wird nach erstem Anblick von glänzendem Goldstaub von Neid & Missgunst zerfressen, was sich im Weiteren zu Paranoia & Niedertracht steigert. Bogarts Rolle ist dabei die interessanteste als größter Star des Films: zu Beginn als armer, vom Leben ungerecht behandelter Schlucker klar als Sympathieträger positioniert, wird ausgerechnet er größtes Opfer der Gier nach Gold und erlebt den ärgsten Abstieg.
Wie eben schon 1987 selbst in hiesigen Breiten gesungen wurde:
Wenn die Arbeit getan
Und der Abendfrieden beginnt,
Schau’n die Menschen hinauf,
Wo die Sierra im Abendrot brennt.
Und sie denken daran
Wie schnell ein Glück oft vergeht
Und aus tausend Herzen erklingt es wie ein Gebet, oh-oh-oh
Sierra, Sierra Madre
Neben der Inspiration für die Zillertaler Schürzenjäger kann sich “Der Schatz der Sierra Madre” noch einen Doppel-Oscar für John Houston (Buch & Regie) sowie Papa Walter (Nebendarsteller) auf die popkulturellen Fahnen schreiben und natürlich – größte aller Auszeichnung – den Sprung auf die Watchlist von nur 5 Pflichtfilmen für die Teilnahme an Werner Herzogs “The Rogue Film School”. (6/10)
Die seltsame Liebe der Martha Ivers (1946, Regie: Lewis Milestone)
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Als junger Teenager stößt Martha Ivers ihre grässliche Tante die Treppe hinunter, während ihre beiden Freunde ebenfalls im Haus sind. Der eine bleibt bei ihr, verschweigt Marthas Tat und wird sie später heiraten, der andere, ihre eigentliche Jugendliebe, haut durch das Fenster ab und wird für lange Zeit nicht mehr gesehen.
Zeitsprung, Jahrzehnte später: die Jugendliebe kommt wieder ins Heimatdorf und lernt von den Entwicklungen der letzten Jahre. Ein Fremder wurde für den Totschlag der Tante gehängt, Martha ist in der Zwischenzeit Großkapitalistin, ihr Mann Staatsanwalt.
Er? Spieler & Lebemann.
Doch wer nun denkt, “Die seltsame Liebe der Martha Ivers” würde zu einem Erpressungsstück über die sinistre Geldgeilheit des Lowlifes werden, sieht sich getäuscht. Unser Rumtreiber ist bei aller Conman-haften Verschlagenheit die eigentliche gute Seele des Films, Martha dagegen kennt es nicht anders, als immer ihren Willen zu bekommen, und ihr Ehemann (Kirk Douglas in seinem Debüt!) ist ein alkoholsüchtiger Schwächling, der seit der Rückkehr von Marthas Jugendliebe vor Eifersucht brennt und zunehmend unberechenbarer wird.
Die folgende Geschichte nimmt etliche Drehungen und Wendungen, zeichnet niemand als rein und dafür alle als befleckt und ist für seine Entstehungszeit von bemerkenswerter Ambiguität.
Ein sehr starker Film, der sich zwischen Melodram und Film Noir bewegt. Nicht nur im Zentrum mit Barbara Stanwyck (Martha) und Kirk Douglas gut besetzt, sondern sogar mit noch beeindruckenderen Performances in den Nebenrollen von Van Heflin und Lizabeth Scott als vom Leben Gestrafte, die um ihren kurzen Platz im Glück ringen. (7+/10)
Numbers Station (2013, Regie: Kasper Barfoed)
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“Warum haben Sie das getan?” fleht eine junge Frau zu Beginn, als John Cusack widerwillig einen Hit für die CIA ausführen muss.
“Warum haben sie das getan?” dachte ich mir auch als Zuschauer mehrfach im weiteren Verlauf der Geschichte um codierte Botschaften und Auftragsmorde, während derer John Cusack gemeinam mit Malin Akerman den Großteil des Films in einem von Computerscreens nur mild erhellten Bunker verbringt.
Nie wurde mir groß klar, warum a) mit Malin Akerman eine Zivilistin in einem so hochsensiblen Bereich arbeiten sollte, b) wieso die Zivilisten grundsätzlich immer beseitigt werden müssen und c) was die CIA überhaupt will mit dem ganzen Schmonz. (4/10)
Nach ordentlichem Beginn dann leider doch recht öde.
Was geschah mit Bus 670? (2020, Regie: Fernanda Valadez)
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Fast schon eine Kunst von Regisseurin Fernanda Valadez, die Suche einer Mutter nach dem in den Wirren der Drogenkartellkriege verlorenen Sohn so wenig mitreissend zu erzählen. Zumeist sitzt Mama einfach in Ämtern und Bushaltestellen, fremden Wohnungen und leeren Feldern, starrt eindringlich ins Leere und bekommt gehaltslose Aussagen über das Verbleiben des Sohnes serviert. Zwar fängt Valadez die Rücksichtslosigkeit der mexikanischen Gesellschaft – und ihrer Strukturen – gut ein, aber bis auf einen, zugegeben, überraschenden Twist am Ende bietet “Was geschah mit Bus 670?” viel weniger als ich erhofft hätte. (4/10)
Kinetta (2005, Regie: Yorgos Lanthimos)
bei mubi
Ein hermetisch verschlossener Film. So verschlossen, dass ich selbst die Kurzbeschreibung “in einem trostlosen griechischen Ferienort stellen ein Zimmermädchen, ein BMW-besessener Mann und ein Angestellter eines Fotoladens die Morde eines örtlichen Serienmörders nach” bis auf den ‘trostlosen griechischen Ferienort’ im Film nicht herausgelesen hätte.
Lanthimos ist hier selbst im Vergleich zu seinen späteren, ebenfalls immer weirden Werken wie “Dogtooth”, “Alps” oder “The Lobster” praktisch an keiner Kommunikation mit dem Zuschauer interessiert – und damit meine ich nicht nur die Vermeidung von Dialogen in “Kinetta”. Einige verstörende Szenen pieksen zwar auch ohne den Inhalt zu erfassen, aber dennoch: zu abstrakt für 90 Minuten. (4/10)