vonChristian Ihle 21.10.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Der Fremde im Zug (1951, Regie: Alfred Hitchcock)
zur Leihe bei den üblichen Anbietern

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Es ist schon faszinierend, wie crisp Hitchcock zu inszenieren wusste. Auch ein mehr als 70 Jahre alter Film bleibt einfach immer dringlich und modern geschnitten.

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So faszinierend sich die Prämisse von „Der Fremde im Zug“ erst einmal anhört – die Suche nach dem perfekten Mord: zwei sich gegenseitig Unbekannte beseitigen jeweils für den anderen dessen Problem – so wackelig wird dieser Ansatz bei längerem Nachdenken (ist nicht jede Hitman-Beauftragung im Grunde das gleiche Prinzip, nur gegen Geld?).

Die große Stärke von „Der Fremde im Zug“ liegt also weniger in der Geschichte von Patricia Highsmith, die Raymond Chandler für die Leinwand adaptiert hat (und bei der – aus moralischen Gründen? – das Gegengeschäft eliminiert wurde), sondern in Hitchcocks Meisterschaft der Inszenierung sowie Robert Walkers beeindruckend irrer Performance als mental labiler Mörder.

Eine Szene für die Ewigkeit: wenn Walker ein potentielles Beweismittel, ein Feuerzeug, in einen Gulli fällt und er verzweifelt versucht, es zu retten – während Hitchcock zeitgleich Gegenspieler Farley Granger zeigt, der sich bemüht, ein Tennismatch so schnell wie möglich zu gewinnen, um Walker zuvorzukommen. Klingt simpel, aber gerade deshalb ist es so faszinierend, wie Hitchcock hier eine solche Dringlichkeit erzeugen kann.

The General (1926, Regie: Buster Keaton, Clyde Bruckman)
auf Prime und mubi

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„The General“ ist in seinem Scope der vielleicht größte aller Buster Keaton – Filme, ist diese Verfilmung einer realen (!) Geschichte um zwei sich verfolgende Eisenbahnzüge (!!) doch ein wilder Ritt durch den amerikanischen Bürgerkrieg*.

Allerdings ist mir diesmal beinah zu viel Plot vorhanden, denn was will ich denn in einem Buster-Keaton-Film sehen? Die pure Bewegung und die Absurdität des Lebens, verkörpert von einem stoisch blickenden Buster in allen möglichen Kalamitäten. Keatons Kriegsfilm aber erzählt diesmal mehr und nimmt sich immer wieder Verschnaufpausen, die kurz den Irrsinn unterbrechen. Die allerbesten Sequenzen bleiben aber auch in „The General“ eben genau jene, weswegen man ursprünglich einen Buster-Keaton-Film schaut: die verrücktesten Stunts auf fahrenden Zügen, die herrlich stoische Komik im Angesicht der völlig Vergeblichkeit jeder Bemühung, der Irrwitz dessen, was Leben ist.

* man sieht ja eher selten, dass wie hier die Südstaaten die Helden im Film sind. In Verbindung mit einigen bedenklichen Szenen im sonst ja hervorragenden „Seven Chances“ fragt man sich aber doch, wie Buster politisch so gepolt war…

Astaron – Brut des Schreckens (1980, Regie: Luigi Cozzi)
auf amazon prime

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Mit „Astaron – Brut des Schreckens“ (Aka „Alien Contamination“) reitet Luigi Cozza auf der Welle des sensationellen Alien-Films von Ridley Scott und hat sich mindestens mal die Außerirdischen-Ei -Idee/Design geliehen. Während man am stark inszenierten Beginn noch denkt, „Astaron“ wäre tatsächlich „Alien“ auf einem Frachtschiff, weicht der Film in der Folge von diesem Blueprint doch ab und landet letzten Endes bei Verfolgungsjagden im Dschungel. Für das geringe Budget sind die platzenden Menschenkörper beeindruckend, lediglich der Endgegner wirkt unfreiwillig komisch als einäugiger, vor sich hinschleimender Jabba The Hut – Klon. Sicher alles etwas trashig, aber, wie ich finde, doch überraschend kompetent gemacht.

P.S.: Siegfried Rauch aus „Die glückliche Famlie“ als Oberbösewicht ist auch eine schöne Überraschung, leider ist sein Gegenspieler Ian McCulloch nicht DER Ian McCulloch von Echo & The Bunnymen, sondern ein schottischer Schauspieler gleichen Namens. Das wäre mal ein Endkampf gewesen: „Die glückliche Familie“ vs. „The Killing Moon“.
Bring on the dancing horses!

Deadlock (2021, Regie: Jared Cohn)
bei Freeve for free

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Die beste Bruce-Willis-Performance seit Jahren, was schon zeigt, dass ein halbwegs vernünftiges (wenngleich sicher nicht originelles) Drehbuch ihn auch in der Spätphase seiner Karriere noch mal kitzeln konnte.

Bruce spielt hier den Bösewicht, aber einen erfreulich vielschichtig gezeichneten: einen ehemaligen Staudamm-Security-Chef, dessen Söhne ihm bei einer Polizeiaktion genommen wurden. Da er aber eine Vertuschung der Behörden vermutet, will er mit einer Besetzung des Damms die Wahrheit erzwingen – überschreitet dabei aber selbst alle Grenzen der Menschlichkeit.

Dieser zentrale Konflikt in der Bruce-Willis-Figur ist sicher das Interessanteste an „Deadlock“, der sonst hauptsächlich wie ein „Stirb Langsam“ im Staudamm-Areal spielt, nur dass diesmal eben nicht Bruce als Davongekommener die Terroristen jagt, sondern selbst der „Terrorist“ ist.

Lucky (2017, Regie: John Carroll Lynch)
auf mubi

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Eine Ballade über das Alleinesein, aber in erster Linie ein Denkmal für Harry Dean Stanton. Dass Stanton im hohen Alter als letzten Film tatsächlich seine One-Man-Show in „Lucky“ bekommen hat, ist natürlich ein schönes Märchen des Zelluloid.

Anfangs war mir „Lucky“ doch zu balladesk, zu langsam, zu kontemplativ, aber nachdem ich mich einmal mit dem ruhigen Fluß der Dinge abgefunden hatte, entwickelt „Lucky“ seinen ganz eigenen Sog über ein Leben in den letzten Zügen.

Island of Death (1976, Regie: Nico Mastorakis)

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Griechischer Exploitation-Kracher, der wirklich alle Register zieht. Kreuzigung, Ziegenvergewaltigung, Natursekt, Heroinüberdosis, viele nackte Körper…

Nico Mastorakis wollte mit „Island Of Death“ den größtmöglichen Gong auf der Skandalplatte schlagen – nach Eigenaussage inspiriert von „Texas Chainsaw Massacre“ und den erstaunlichen Verdienstmöglichkeiten, die sich aus skandalumwitterten Horrorfilmen ergeben. Immerhin wird nicht wie bei „A Serbian Film“ noch so getan, als hätte dieses Feuerwerrk der Perversitäten quasipolitischen Charakter!

Kann man grundsätzlich diese ganzen Grenzüberschreitungen ertragen, ist „Island Of Death“ durchaus mitreissend in seiner Assigkeit, auch wenn bei allem Einfallsreichtum irgendwann die ständige Morderei zu ermüden beginnt und die Schauspielleistungen eher von unten auf den Faßboden schauen.

Mehr „Erfahrung“ als Spielfilm und in seiner repetitiven Struktur an Muder Set Pieces – mit aber immer wieder neuem Ansatz des Transgressiven – beinah schon experimentell.

Crimes of the Future (1970, Regie: David Cronenberg)
auf mubi

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Studentenfilm von Cronenberg, der natürlich damals schon zeigt, dass hier jemand einen Blick für Bilder und das Groteske hat. Insbesondere die Art und Weise, wie Cronenberg hier modernistische real life Architektur in Toronto nutzt, um ein Sci-Fi-Setting zu evozieren, ist bemerkenswert.

Leider ist die dazugehörige Story um einen durchgeknallten Dermatologen, dessen Umtriebe von einem anderen creepy Guy, der sich selbst die Brillengläser ableckt, untersucht werden, mehr öd als sonst was. Für Komplettisten.

P.S.: nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Cronenberg-Spielfilm von 2022!

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