Indiana Jones und das Rad des Schicksals (2023, Regie: James Mangold)
auf Disney+
Immerhin keine Katastrophe wie Teil 4 und auch deutlich mehr „TRVE“ zum klassischen Indy-Gestus als der UFO-Quatsch des Vorgängers.
Aber James Mangold inszeniert das alles doch recht bürokratisch, mir fehlt hier der Esprit, das Spielerische aus Spielbergs Indy-Filmen.
Vielleicht ist Harrison Ford in der Zwischenzeit wirklich zu alt für diese Rolle, aber sein Indiana Jones hat mich diesmal nicht überzeugt.
Alles in allem wirkt „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ eher wie eine ordentliche Kopie eines Indy-Films statt des echten Dings. (5/10)
Saltburn (2023, Regie: Emerald Fennell)
Amazon Prime
Mittelschicht verkleidet sich als Unterschicht und subvertiert mit Verschlagenheit die Arroganz der Oberschicht.
Emerald Fennells Nachfolgefilm zu ihrem „Promising Young Women“-Smashhit ist erneut viel Oberfläche, aber doch mit einiger Substanz. Am stärksten wirkt „Saltburn“ solange, wie unklar ist, wer von den beiden Seiten nun die Hinterhältigere ist – und gleichzeitig ist auch das Enttäuschendste an „Saltburn“, dass Fennell dem Zuschauer offensichtlich nicht allzu viel zutraut und am Ende wirklich jede Wendung via Rückblenden UND Off-Kommentar noch einmal ausbuchstabiert.
Dafür hat „Saltburn“ einen perfekt besetzten Barry Keoghan (ohne den dieser Film niemals funktionieren würde), ein Gefühl für tolle Bilder & ein Händchen für Pop …in seinen beiden besten Momenten alles drei zugleich: von einer kruden Keoghan’schen Karaoke-Version von „Rent“ der Pet Shop Boys zu „Murder On The Dancefloor“, das Keoghan komplett nackt über mehrere Minuten durch ein altehrwürdiges britisches Anwesen betanzt. (7/10)
Werner Herzog: Radical Dreamer (2022, Regie: Thomas von Steinaecker)
Bei Werner Herzogs an Abenteuern, Anekdoten & Absuditäten reichem Leben wäre es natürlich eine Kunst, eine langweilige Dokumentation über ihn zu drehen. Und so unterhält Thomas von Steinaeckers „Radical Dreamer“ auch einigermaßen prächtig, erzählt aber dem gewissenhaften Herzog-Aficionado nicht wirklich viel neues. Das Kuriositätenkabinett wird zu Beginn fast pflichtschuldig geöffnet – Herzog gets Shot, Herzog eats Shoe… – bis ein grober Querflug durch seine Filme beginnt, die natürlich aufgrund der puren Masse nicht alle beleuchtet werden können.
Für eine Doku, die a) das Wort „radical“ im Titel trägt und b) über Werner Herzog geht, fliegt von Steinaecker aber doch recht bodennah. Herzogs großes Konzept der „ecstatic truth“ wird zwar thematisiert, aber dass „Radical Dreamer“ eine tiefere Wahrheit über The Werner vermitteln würde? Eher nicht.
Das ist doch etwas schade, denn nur selten scheint die große Extase des Bildmachers Herzog durch. (6/10)
Rebel Moon – Part One: A Child of Fire (2023, Regie: Zack Snyder)
auf Netflix
So sieht also ein Snyder-Cut aus „Star Wars“ und „Dune“ aus, der „Game Of Thrones“ geschaut hat…
Eigentlich schade, dass „Rebel Moon“ unendlich lange braucht, bis er endlich mal in einen gewissen Flow kommt und bis dahin Exposition-Dump auf Exposition-Dump stapelt, weil manche Ideen und Bilder doch ganz interessant scheinen.
Aber andererseits sieht eben auch alles so furchtbar künstlich aus und bekomme ich einen Rappel im Vorspulmodus, wenn ich noch einmal einen Shoot-Out in Slow-Motion sehen muss. Ganz ehrlich: die Überlänge wäre nicht nötig gewesen, würde Snyder nicht bei jedem fucking Kampf zwischendurch immer die Zeitlupenfunktion anschalten, als wär’s Hongkong in den Endachtzigern und John Woo regierender König von Actionwelt. (4/10)
Die letzte Fahrt der Demeter (2023, Regie: André Øvredal)
Zur Leihe bei den üblichen Anbietern
Eigentlich eine ganz interessante Idee: „The Last Voyage of the Demeter“ nimmt eine kurze Passage aus Bram Stokers „Dracula“ – nämlich die Überfahrt des dunklen Herrn nach Großbritannien – als Ausgangspunkt und entwickelt daraus einen Zweistünder über das Schicksal von Schiff und Crew.
In der Umsetzung ist das allerdings recht öde geraten, nach anfänglich überzeugender Atmosphäre doch nur ein recht simpler Abzählreim bis keiner mehr übrig bleibt.
Schade, hatte ich mir etwas mehr erwartet. (4/10)
Die Affäre der Sunny von B. (1990, Regie: Barbet Schroeder)
Amazon Prime
Drei Jahrzehnte vor dem großen True-Crime-Craze der Netflix-Ära schuf Barbet Schroeder einen der Ur-Texte des Genres.
Der zugrundeliegende reale Fall ist verwickelt: wurde High-Society-Prinzessin Sunny von Bülow (Glenn Close) von ihrem Ehemann Claus (Jeremy Irons, hierfür Oscargewinner) mittels Injektion ins Koma befördert, war es ein versuchter Selbstmord oder schlicht Überdosierung seiner an Medikamente und Drogen gewöhnten Ehefrau? Schroeder steigt nach dem eigentlichen Tathergang ein und zeigt Claus‘ Bemühungen, das erste Urteil umkehren zu lassen.
Trotz Irons‘ Oscargewinn (dank dessen undurchsichtig angelegter Performance durchaus nachvollziehbare Auszeichnung) ist die interessanteste Figur der Anwalt Alan Dershowitz (Ron Silver), der – zumindest laut „Reversal Of Fortune“ – als Idealist startet, um in der Folge nicht nur Claus von Bülow, sondern auch OJ Simpson und Jeffrey Epstein zu verteidigen. Kurz flackert hier auch eine wirklich interessante moralische Fragestellung auf, wenn Dershowitz mit seinen Studenten darüber dskutiert, warum auch das Verteidigen „böser Menschen“ ein Fundament eines Rechtsstaats ist – davon hätte ich gerne mehr gesehen! (6/10)
How to Blow Up a Pipeline (2022, Regie: Daniel Goldhaber)
Zur Leihe bei den üblichen Anbietern
Die ausbuchstabierte Crust-Punk-Version von „Nocturama“.
Eine Gruppe Jugendlicher schließt sich zusammen, um eine Öl-Pipeline in die Luft zu jagen (mit der etwas schrägen Begründung, dadurch den Ölpreis nach oben zu treiben – da braucht’s glaub ich viele Pipeline-Bomben, um das Ziel zu erreichen…).
Dank seiner klaren Zielstellung entwickelt „How to Blow Up a Pipeline“ einen Zug und eine Spannung, die auch über die visuell dem Fernsehen nähere Bildsprache hinwegrettet. (7/10)
Godzilla Minus One (2023, Regie: Directed by Takashi Yamazaki)
Im Kino
Wahrscheinlich war seit Ishirô Hondas Original von 1954 keine Godzilla-Variation mehr so true zur ursprünglichen Idee. In „Godzilla Minus One“ ist der Weltenzerstörer noch kein knuffiges Monster, zu dem wir Zuschauer heimlich halten, sondern eine wirklich beängstigende Metapher für die Tödlichkeit des Atomzeitalters.
So ursprünglich wirkt „Godzilla Minus One“, dass er auch auf jede Subtilität in der Charakterzeichnung verzichtet und auch hier wie ein Film aus den 50ern spielt. Das ist im Rahmen des Films sicher akzeptabel, mir aber dann doch etwas zu eineindeutig.
Tricktechnisch eine Monsterhöhe über der letzten japanischen Version „Shin Godzilla“, inhaltlich auf dessen gutem Niveau. (7/10)
Maestro (2023, Regie: Bradley Cooper)
auf Netflix
Wenigstens keine Kitsch-Kanonade wie sein „A Star Is Born“, aber das flimische Äquivalent von Bradley Cooper auf den Knien, die Academy um einen Oscar anbettelnd.
Dabei liefert Carey Mulligan die eigentliche Top-Performance ab ,die zurückhaltend brodelnder ist als Coopers selbstverliebter Leonard Bernstein. (6/10)