vonChristian Ihle 26.02.2024

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Through the Graves the Wind is Blowing (Regie: Travis Wilkerson)

In harschem Schwarzweiß erzählt Travis Wilkerson die Geschichte des modernen Kroatiens seit den 40ern. Dabei ist der nach dem Leonard Cohen – Song benannte Film ein Hybrid: zwischen Off-Erzählungen über den heimischen Faschismus und die dagegen ankämpfenden Partisanen im zweiten Weltkrieg schneidet Wilkerson Gespräche mit einem kroatischen Polizisten, der verzweifelt versucht, Morde an Touristen aufzuklären aber an Bürokratie und Desinteresse scheitert. Erstaunlicherweise sind gerade diese Szenen von einem sehr trockenen Humor geprägt, die „Through the Graves the Wind is Blowing“ trotz seines Themas recht amüsant gestalten.

Seven Veils (Regie: Atom Egoyan)

Atom Egoyan nimmt eine Opern-Aufführung als Ankerpunkt, um eine Geschichte über Machtmissbrauch in Beruf, Kunst und Familie zu erzählen. In jedem der einzelnen Handlungsstränge beleuchtet er eine andere Art der Machtungleichheit und den Umgang damit. „Seven Veils“ wirkt aber dennoch nicht verkopft – und auch weniger immer in die eine Ecke schreiend wie beispielsweise Maria Schraders metoo-Film „She said“ – sondern ist vielschichtig und bleibt spannend wie dramatisch.

Der kleine Godard an das Kuratorium junger deutscher Film (Regie: Hellmuth Costard)

Ein durchaus wirrer Film, der – nach Eigenaussage von Hellmuth Costard hier – mit dem Ziel der „völligen Phantasielosigkeit“ gedreht wurde, also ein Draufhalten mit der Kamera, um dadurch von selbst eine Geschichte erzählt zu bekommen. So springt Costard von seinen technischen Erfindungen (eine lange lange Passage über die selbst gebastelte Kamera und ihr Scheitern) über das Verfassen eines Briefs an das „Kuratorium junger deutscher Film“ für mehr Fördermittel zu Besuchen großer Regisseure. So ist Costard vor Ort bei Fassbinder und Bohm und es gelingt ihm der Coup, Jean-Luc Godard höchstpersönlich nach Hamburg einzuladen, um ihn dort an das NDR zu vermitteln.

So ist Costards „Der kleine Godard an das Kuratorium junger deutscher Film“ ein prätentiöses Zeitzeugnis, ein Film der nur in den deutschen 70ern hätte entstehen können.
Der aber irgendwann seinen Groove findet, vor sich hin dreht in seiner völligen Phantasielosigkeit und es dann doch schafft, mir zu gefallen.

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