Repo Man (1984, Regie: Alex Cox)
zur Leihe bei Apple
Mit „Repo Man“ hat der Punkfilmer Alex Cox ein wirklich wildes Potpurri hingestellt: Aliens, Men In Black, Punks, Gauner… so recht passt hier das eine nicht zum anderen, aber dass „Repo Man“ darauf scheisst, macht Cox‘ wilden Ritt durch L.A. doch unterhaltsam.
Auch Roger Ebert zog den Hut beziehungsweise reckte den Daumen:
„It is the first movie I know about that combines (1) punk teenagers, (2) automobile repossessors, and (3) aliens from outer space. This is the kind of movie that baffles Hollywood, because it isn’t made from any known formula and doesn’t follow the rules. (…) „Repo Man“ comes out of left field, has no big stars, didn’t cost much, takes chances, dares to be unconventional, is funny, and works. There is a lesson here.“
(6/10)
Der Präsident und meine Kinder (2013, Regie: Justine Triet)
auf mubi
Justine Triets Debütspielfilm ist ein seltsamer Hybrid aus Familien-Krise und Wahldoku.
Laetitia Dosch spielt eine geschiedene Mutter und Fernsehreporterin am Tag der (realen) französischen Präseidentschaftswahl von 2012. Während zuhause der Babysitter verzweifelt und der Exmann Sturm klingelt, steht sie zwischen Sarkozy- und Hollande-Fanboys, die krude Kommentare in die Kamera tröten (anscheinend ist in Frankreich der Wahltag eine Art Mischung aus Public Viewing Party und Karneval, alle besoffen, alle am Gröhlen?).
Nur wie diese beiden Elemente den Film zu etwas größerem machen sollen statt sich gegenseitig im Weg zu stehen, ist mir nicht mal ansatzweise klar geworden.
Wedding (1990, Regie: Heiko Schier)
auf amazon prime
Ein schöner kleiner, gerade-noch-vor-Wende-Film aus dem Berliner Arbeiter-Stadtteil Wedding.
Drei alte Schulfreunde treffen in ihren frühen Zwanziger aufeinander, zerrissen zwischen den alten Hoffnungen und den neuen Realitäten: Glücksrad-Glücksfee oder Seemann werden, heute im Einrichtungshaus oder bei der Polizei arbeiten. Obwohl eine dramatische Entscheidung mit Todesfolge noch vor Beginn des Zusammentreffens steht, entscheidet sich „Wedding“ nicht für die Zuspitzung, sondern führt seine „Einen Tag im Leben von…“-Idee fort, über der zwar Frustration und Angst schwebt, die aber nicht als plottreibendes Element missbraucht wird. (6/10)
Lake Mungo (2008, Regie: Joel Anderson)
auf amazon prime
„Lake Mungo“ war 2008 seiner Zeit voraus, denn dieser Geisterfilm steckt im Kleid einer Pseudo-Dokumentation im True-Crime-Style, die Netflix im letzten Jahrzehnt zu seinem wichtigsten Exportartikel geformt hat.
Wohl auch wegen dieser – in der Zwischenzeit – oft gesehenen Mischung aus nachträglichen Interviews, ‚Archivmaterial‘ und Rätsel-Geraune fällt „Lake Mungo“ in seiner ersten Hälfte recht flach, doch zu meiner Überraschung gewinnt Joel Andersons Ghost Story mit weiterem Fortgang immer mehr, öffnet einige unerwartete Kistchen und endet auf einem verstörenden Moment. (6/10)
Rolling Thunder / Der Mann mit der Stahlkralle (1977, Regie: John Flynn)
Beginnt als tieftraurige Charakterzeichnung eines heimkehrenden Kriegsgefangenen und endet in einem Exploitation-Blutbad-Shoot-Out. Offensichtlich also: ein Drehbuch von Paul Schrader*!
Erstaunlicherweise wirken beide Hälften für sich genommen gleichermaßen intensiv, die Lostness nach der Heimkehr fast sogar noch mehr als das spätere, selbstmörderische Freischlagen aus all den dunkeln Wolken.
William Devane (später Minister Heller in „24“) überzeugt als wortkarger Heimkehrer, den seine Frau verlässt, sein Sohn ignoriert und der noch von der Erinnerung an die Qualen der Gefangenschaft geplagt wird. Dabei zeichnet „Rolling Thunder“ (ärgerlicher deutsche Titel: „Der Mann mit der Stahlkralle“) aber interessanterweise gar nicht das Bild einer Gesellschaft, die ihre Veteranen verachtet, sondern im Gegenteil wird Devanes Charakter vom ganzen Städtchen verehrt, beschenkt, angehimmelt – hilft aber eben nichts, wenn der Krieg dein Privates so restlos zerstört hat, dass du keinen Halt mehr findest.
* Quentin Tarantino hat „Rolling Thunder“ ein ganzes Kapitel in seinem hervorragenden „Cinema Speculation“-Buch gewidmet. Dabei geht er auch darauf ein, dass Schrader unzufrieden war, wie sein Drehbuch umgesetzt – und seiner Meinung nach – verwässert wurde:
„Paul Schrader has long disowned the film, even recently he said „It was a movie ruined in the rewrite“. While I understand his feelings (that’s how I feel about „Natural Born Killers“), I don’t agree it was „ruined“, but as with „Taxi Driver“ his thematic conception was jettisoned. (…)
Schraders savage critique of fascist Revengeamatics flicks was turned by its makers into a savage fascist Revengeamatic flick.
Yet… the greatest, savage, fascist, Revengeamatic flick ever made.
Which frustrates Schrader to this day.“
(7/10)
The Sweet East (2023, Regie: Sean Price Williams)
Ein Indie-Road-Movie, das die Vereinigten Staaten wie durchs Dreamland führt.
Die junge Außreißerin Lillian (toll: Talia Ryder) begegnet Trustfund-Punks und Alt.Right-Professoren, landet auf einem Filmset und sucht Zuflucht in einer religiösen Sekte. „The Sweet East“ wirft QAnon und Antifa, religiösen Fundamentalismus und die Wokerati in den Weg von Lillian und so zeichnet „The Sweet East“ einen bizarren, von den Extremen getriebenen Moment der USA des Jetzt.
Dabei wirkt Sean Price Williams Film immer wie durch den Schleier eines Traums gesehen, wie ein Sofia-Coppola-Film von unten, mit der Kraft des Do It Yourself. (7/10)
The Burning (1981, Regie: Tony Maylam)
Ein früher Slasher und offizieller Video Nasty, der über weite Strecken seiner Spielzeit mit seinem quasi-„Freitag der 13.“-Plot so sehr zu überzeugen weiß, dass ich ihm dem bekannteren Bruder sogar vorziehen würde.
Ein schönes, oft trocken dargebotenes Heckenscheren-Gemetzel in einem Summercamp, das geduldig entwickelt wird, und damit modernen Horrorfilmen zeigt, wie spannnde Atmosphäre oft durchs Nichtgeschehen entsteht. Starke plastische Effekte, die lediglich in der Schlusssequenz in einer alten Mine zu wünschen übrigen lassen.
Zwei Kuriosa: das Drehbuch hat tatsächlich Harvey Weinstein geschrieben, aber noch verstörender ist es, Jason Alexander aka „George“ aus Seinfeld als jungen Burschen zu sehen.
Ich mein, Jason Alexander wurde doch schon mittelalt geboren! (7/10)