vonChristian Ihle 06.04.2024

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Ghostbusters: Frozen Empire (2024, Regie: Gil Kenan)
im Kino

Immmerhin gelungener als der erste Teil des Reboots, „Ghostbusters: Legacy“, wenn auch mit ähnlichen Problemen geschlagen.

Auf der einen Seite ist die Riege der neuen Ghostbusters – und zwar insbesondere der Jugendfraktion in ihrer naseweisen Besserwisserei – kaum zu ertragen. Zugleich versucht diese Reboot-Serie krampfhaft Fanservice zu betreiben und so die Target Audience zu maximieren. Einerseits soll die Netflix-Jugend über progressive Besetzung und „Stranger Things“-Anklänge eingefangen werden, andererseits die Ü40-Generation sich über die Signifier aus dem 80er Original freuen.

Letzteres funktioniert in Teilen gut (immer dann, wenn Dan Aykroyd Teil davon ist), ist aber an anderer Stelle mindestens komplett random, manchmal gar deplatziert.
Wurde Bill Murray jemals in einem Film mehr verschenkt?

All die Marketing-Überlegungen mal beiseite geschoben: erste Hälfte leidlich gelungen bis der CGI-Wahnsinn im letzten Drittel natürlich nur anödet. Anschaubar, aber auch… egal? (5/10)

Morgen ist auch noch ein Tag (2024, Regie: Paola Cortellesi)
im Kino

Ein komödiantisches Drama um Unterdrückung und letztendliche Emanzipation einer Frau.
Die Charaktere sind eindimensional, das Schauspiel italienisch, aber die Inszenierung stark und die Geschichte am Ende doch bewegend.

„Morgen ist auch noch ein Tag“ lebt von seiner Idee, den Look des italienischen Neorealismus der Post-WW2-Ära mit spielerischen, modernen Ideen zu kombinieren, die manchmal vielleicht auch auf die falsche Seite des guten Geschmacks fallen (wenn das Verprügeln der Ehefrau als Tanz dargestellt wird oder eher random Hip-Hop den Soundtrack füllt). Paola Cortellesi erhebt dadurch aber ihren Film über ein Deprifest und gestaltet ihn erstaunlich unterhaltsam. (6/10)

Drive-Away Dolls (2024, Regie: Ethan Coen)
im Kino

Scheint mir nicht die beste Idee zu sein, dass die Coen Brüder nun vermehrt auf einzelnen Pfaden unterwegs sind. Joels „Macbeth“ sah zwar schön aus und überraschte ob seiner Werktreue, konnte aber dem Shakespeare-Subgenre auch nichts wirklich Neues beifügen.

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Ethans „Drive-Away Dolls“ ist dagegen deutlich näher am klassischen Coens-Werk: ein Pärchen on the run, aus Versehen in Verwicklungen verwickelt und von nun an in einer Eskalationsspirale gefangen.

Nur: „Drive-Away Dolls“ wirkt mehr wie einer jener Coen-Rip-Offs, die in den End90ern populär waren denn wie der real deal.
Die Scherze ein wenig zu platt, die Eskalation etwas zu wenig arg, die Performances das Bisschen zu drüber.

Lieber „Love Lies Bleeding“ schauen.(5/10)

Road House (2024, Regie: Doug Liman)
bei Amazon Prime

Das Remake des unterhaltsamen Patrick-Swayze-Kloppers von 1989 scheitert an der Gleichzeitigkeit von augenzwinkernder Action und Krimi-Plot.

Jake Gyllenhaal formuliert die Swayze-Figur fast zu sehr aus – er ist offen lebensmüder, stärker trainiert, arroganter im Grinsen – so dass jede damals noch vorhandene Vielschichtigkeit (von der es ja nun auch nicht viel gab) endgültig am Strand von Florida vergraben wird.

Leider sind auch die Actionszenen nicht gut inszeniert, sondern haben die Anmutung von Insta-„Reels“ und kracht der Film spätestens mit der Einführung von Martial-Arts-Star Conor McGregor komplett in den Sand. Nicht nur ist die erste Szene von McGregor lächerlich, wie ich lange keine mehr in einem Film gesehen habe, unterschreitet die Kampfmaschine im Folgenden mit seinem manischen Dauergrinsen und Harter-Mann-Gehabe auch jede Mindestanforderungen an Schauspiel. Wenn das nicht safe eine Goldene Himbeere gibt, möchte ich den anderen Sieger-Film wirklich nicht sehen müssen. (5/10)

In einem Jahr mit 13 Monden (1978, Regie: Rainer Werner Fassbinder)
bei Mubi

Trotz einer wirklich schwer erträglichen Kreisch-und-Hysterie-Eröffnung, nach der ich schon fast geneigt war, den Film beiseite zu legen, entwickelt „In einem Jahr mit 13 Monden“ eine unerwartete Härte in seiner Traurigkeit, die Fassbinder immer wieder mit fast surrealen Momenten durchbrricht (alle Szenen mit Gottfried John!).

Wie hart allein der Monolog der Nonne trifft, die die Jugendgeschichte von Erwin/Elvira erzählt, während Volker Spengler & Ingrid Caven in einem Kirchgarten um sie herum tigern!

Einer der schwersten Fassbinder-Filme in mehrerlei Hinsicht. Der Zugang zu dieser Geschichte ist nicht leicht, das Bedrückende seiner Erzählung und die mit jeder weiteren Minute zunehmende Hoffnungslosigkeit kaum mehr zu ertragen.

P.S.: bemerkenswert wie weit vorn RWF bei seiner Soundtrack-Wahl war. 1978 bereits Sucide – und dann auch noch gleich mit ihrem harschesten Song „Frankie Teardrop“! (7/10)

Lick the Star (1998, Regie: Sofia Coppola)
bei Mubi

Noch vor „Virgin Suicides“ gedrehter Kurzfilm von Sofia Coppola, der zwar schöne Schwarz-Weiß-Kamera und toll-unbekannten 90ies-Indie-Soundtrack (ein Song von Kim Deal geschrieben) auffährt, aber sonst trotz nur 14 Minuten Spielzeit wirklich gar nichts zu erzählen weiß. (5/10)

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