vonChristian Ihle 14.01.2025

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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A Quiet Place: Day One (2024, Regie: Michael Sarnoski)
auf Paramount+

Ordentliches Prequel der „Quiet Place“-Endzeit-Filme, das aber nicht ganz die Güte der ersten beiden Episoden erreicht.

Das Gimmick der Ruhe im Auge des Aliensturms wirkt etwas auserzählt, aber am meisten schade ist eigentlich, dass das Prequel sich keine Mühe gibt, mehr Hintergrund zu erzählen. Diese Geschichte könnte genauso gut nach den beiden bisherigen Folgen spielen, inhaltlich wäre nichts gewonnen oder verloren. (6/10)

Cunk on Life (2024, Regie: Al Campbell)
auf Netflix

Wie bereits die Serie „Cunk On Earth“ spielt auch das Special / die Spielfilmlängenfolge „Cunk On Life“ mit der gleichen Idee: Diane Morgan als Philomena Cunk sitzt verschiedenen Professoren gegenüber, gibt den naiven Millenial und stellt dabei die dümmsten Fragen der Weltgeschichte. Eine alte Idee aus der „Ali G Show“, aber so einfach wie lustig ist diese Konfrontationen von beredter Dummheit mit theoretischer Intelligenz.

Ich kann einfach nicht nicht lachen, wenn Diane Morgan den Kunst-Professor bei Betrachtung von Munchs berühmten Schrei-Gemälde fragt, ob außer „Scream“ eben auch „Scream 2“ in der Gallerie hängen würde und ihm erklärt, dass das Bild ja sicherlich vom Film inspiriert wäre, woraufhin der Professor vermutet (!), dass Munch den Teenie-Slasher gleichen Namens eher nicht gesehen haben wird.

Ein weiterer Geniestreich aus der verrückten Welt des Charlie Brooker („Nathan Barley“, „Brass Eye“, „Black Mirror“). (7/10)

November (2022, Regie: Cédric Jimenez)
zur Leihe

Diese Verfilmung der Ermittlung zum Massaker der Terroranschläge von Paris um Bataclan & Co ist zugleich nüchtern in seiner police prodecural – Struktur wie pathetisch in der ostentativen Herausstellung der Rechtschaffenheit des französischen Staatsapparats.

Ein ordentlicher Film, der ein wenig unter der Last der tatsächlichen Ereignisse zu ächzen scheint und dadurch seltsam unspannend wie unfilmisch wird. (6/10)

Detective Knight: Independence (2023, Regie: Edward Drake)
auf amazon prime

Nach dem überraschend okayen zweiten Teil der „Detective Knight“ – Trilogie kehrt der Schlußpart wieder auf das Niveau der öden Einleitung zurück. Bruce Willis spielt hier bestenfalls eine Nebenrolle, darf aber in seinem letzten gedrehten (aber vorletzten veröffentlichten) Film das Finish geben und beendet seine Schauspielkarriere mit einem Satz, der „Stirb Langsam“ zitiert.

Schade, dass Edward Drake den Film gewohnt langweilig inszeniert, denn Jack Kilmer in der Hauptrolle des jungen Sanitäters gone rouge bringt eine erstaunliche Präsenz für diese Art des Direct-To-Streamingregal-Films ein. Andererseits ist es beinah kurios, dass ausgerechnet dieser Verbrecher gegen Willen zum letzten Endgegner in einem Bruce-Willis-Film wird.
Das wirkt so antiklimatisch wie der ganze lange Schluss von Willis‘ Karriere. (3/10)

Der Unbeugsame / Cool Hand Luke (1967, Regie: Stuart Rosenberg)
zur Leihe

Der Gefängnis-Klassiker mit Paul Newman leidet in meiner persönlichen Rezeption ein wenig darunter, dass ich einfach zu viele Filme dieser Art bereits gesehen habe – dafür kann aber natürlich „Cool Hand Luke“ nichts, der hier viele Grundlagen für spätere Erzählungen legt: der blauäugige Rebell, der sadistische Wärter, die Wolf-gegen-Wolf-Gemeinschaft der Gefangenen, die sich zu einer Bruderschaft der Leiden erwächst.

Newmans Charakter (& Performance) ist dabei zugleich, was den Film besonders wie auch zuweilen schwer nachvollziehbar macht: sein Luke ist der OG „rebel without a cause“, der so arg keinen Sinn sieht, als dass er nur noch das dagegen kennt (dabei aber keinen Grund für ein Dafür). Es ist eine destruktive, selbstmörderische Attitude, die aber mit einer dazu quer sitzenden, oberflächlichen Lebensfröhlichkeit und Menschenfreundlichkeit einhergeht. Interessant. (6/10)

Laurin (1989, Regie: Robert Sigl)
auf amazon prime

Das seltene Beispiel eines deutschen Folk-/Gothic-Horror-Films, der als düsteres, eigenständiges Märchen spielt und völlig für sich steht. Auch wenn „Laurin“ wenig Thrills im klassischen Horror-Sinn liefert, ist die Atmosphäre doch überzeugend.

Im Rückblick schade, dass der damals 27jährige Regisseur Robert Sigl danach keinen wirklichen Auteur-Film mehr finanziert bekommen hatte und so als Auftragsarbeiter von „Cobra 11“ bis „Polizeiruf 110“ seine restliche Karriere bestritten hat. (6/10)

Argylle (2024, Regie: Matthew Vaughn)
auf Apple+

Der Mega-Meta-Mix der Agentenactionkomödie.

So sehr ich den ersten und dritten Teil von Matthew Vaughns „Kingsmen“-Reihe mag, schießt er mit „Argylle“ dann doch weit übers Ziel hinaus. So viel Augenzwinkern, dass es schon schmerzt und ein Freifahrtschein für wildestes Overacting von Sam Rockwell bis Sam Jackson. Da hilft auch die absurd hochnamige Besetzung – neben den beiden Sams noch Bryan Cranston, Henry Cavill, John Cena, Richard E. Grant, Dua Lipa undundund – nicht weiter. Schade im Besonderen ist die Rolle von Bryce Dallas Howard, die in der ersten Filmhälfte schön knuddelig und voll überzeugend eine stubenhockende Krimiautorin und Cat Lady par excellence spielt, nur um dann mit der Charakterwendung ihrer Figur im Schlußakt völlig unterzugehen. (4/10)

The Firm (2009, Regie: Nick Love)
auf amazon prime

Alan Clarkes „The Firm“ von 1987 ist einer der ersten, mit Sicherheit aber auch einer der besten Hooligan-Filme aller Zeiten. Clarke, ein Großmeister des sozialkritischen, harten Brit-Kinos (siehe auch „Scum“ oder „Made In Britain“), schuf damals einen Kommentar zur Gegenwart und gelang damit ein vielschichtiger, intensiver Film. Zwar äfften alle Epigonen „The Firm“ nach, aber keiner erreichte dessen schneidende, ehrliche Härte, was die meisten durch Guy-Ritchie-Lite-Coolness vergeblich zu ersetzen suchten.

Dass sich überhaupt jemand traut, diese unerreichte Ur-Schrift des Sub-Genres noch einmal neu zu verfilmen und eine Mischung aus Prequel, Homage und Kopie daraus fabriziert, ist erstaunlich.

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Weniger erstaunlich dagegen: dass dieses Unterfangen in den Händen von Nick Love („Football Factory“) natürlich auf ganzer Linie scheitern muss. Ergebnis ist eine grelle Pop-Version von Clarkes Thatcher-Ära-Snapshot, die nur oberflächlich versteht, was diese Szene gebildet und ausgemacht hat. Selbst die Trainingsanzüge – die Uniform der „Casuals“ & damals vorherrschende Hooligan-Mode – sind in absurden Farben ausgeleuchtet, als wäre selbst das Kostüm schon Signal, wie blind dieser Film ist.

Abgesehen davon ist „The Firm“ (2009) weder cool, noch lustig oder gar spannend, von dramatisch möcht ich nicht mal reden.

Schlecht geschriebene Charaktere ohne jeden Kontakt mit der Wirklichkeit in einem dummen Drehbuch. (3/10)

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