Nach ersten Jahren in einer Jazz-Band bildete Reinhold Heil mit ehemaligen Mitgliedern von Lokomotive Kreuzberg die Nina Hagen Band, die erste Gruppe von Hagen nach ihrer Übersiedlung in den Westen – und dank des gleichnamigen Debütalbums sowie dem Folgealbum „Unbehagen“ (#2 in den deutschen Charts) auch Grundlage des (zumindest westlichen) Nina-Hagen-Ruhms.
Während Hagen hernach solo weiter werkelte, gründeten die verbliebenen Bandmitglieder Spliff, deren zweites Album „85555“ nicht nur auf Nummer 1 kletterte, sondern sogar mit einer Platin-Platte ausgezeichnet wurde. Die dazugehörige, von Heil geschriebene Single „Carbonara“ (#5) dürfte bei allen in den 80ern aufgewachsenen immer noch allein bei Titelnennung sofortigen Ohrwurm verursachen.
In den letzten Jahren war Heil hauptsächlich als Soundtrack-Tüftler unterwegs, u.a. mit den Scores für die meisten Tom Tykwer – Filme oder die Serie „Deutschland 83“. Nun erscheint das erste deutschsprachige Soloalbum unter eigenem Namen. „Schwierig, aber man muss einfach drauflos schreiben und nichts zu Tode zergrübeln“, so das Motto für den folgenden Lieblingsplattenfragebogen:
* Die drei besten Punksongs/-singles?
Ich hör ja nie irgendwas, aber alles nach 1978 ist kein richtiger Punk mehr. Also wenn schon denn schon:
“God Save the Queen” – Sex Pistols
“Born to Kill” – The Damned
“Pank” – Nina Hagen Band
* Ein Song, der Dich immer zum Tanzen bringt?
“California Love” 2Pac feat. Roger Troutman
* Die interessanteste / beste „neue“ Band/Künstler ist?
Auch schon 10 Jahre dabei, aber für nen 71-jährigen frisch wie der Frühling: Billie Eilish
Zwei ganz normale Menschen mit einem Übermaß an Talent und offensichtlicher Freude an der Musik. Und die geben sich Mühe. Sogar bei der Dolby Atmos Mischung, wenn man das Privileg hat, die Mischung wirklich auf mindestens 12 diskreten Kanälen zu genießen.
* Deine liebste deutschsprachige Textstelle?
“Bist Du mehr nett, ist das Leben mehr fair”
(eine frei improvisierte Zeile im Ausklang von “Die Ballade vom Incel”, die das ganze Dilemma der sogenannten “Neuen Männlichkeit“ – und damit das Konzept meines Albums – auf den Punkt bringt.)
Aber es gibt bestimmt viel bessere Zeilen, z.B. von Deichkind.
* Der beste Song über Revolte, Aufruhr und Revolution?
Unerreicht:
“Macht kaputt was Euch kaputt macht“ – Ton Steine Scherben
* Der beste Song, den Du je geschrieben / aufgenommen hast?
“Zauberland” von Rio Reiser
(nicht geschrieben, nur co-produziert mit Udo Arndt)
Den würde ich gerne für Orchester arrangieren und neues Backing aufnehmen. Der Synthi nervt mich.
* Fehlfarben, Can oder Kraftwerk – … und warum?
Sehr schwere Entscheidung, weil alle drei schwerstens schnafte sind.
CAN. Wegen Jaki Liebezeit und der Erfindung des hypnotischen Beats. Und wegen der eigenwilligen Kombination von schrägen Menschen.
* Der beste Film über Musik? Und warum?
Kim Wilde spielte mir 1986 “This is…Spinal Tap” vor. Als ich nach einer halben Stunde immer noch nicht gelacht hatte, drückte sie auf Pause und fragte mich, ob ich Verständnisschwierigkeiten hätte. Ich musste ihr mitteilen, dass ich alles bis dahin selbst durchlebt hatte und mich in posttraumatischer Schockstarre befand.
* Der beste Soundtrack eines Films?
“Poor Things” – Jerskin Fendrix
* Die beste deutsche/deutschsprachige Platte?
Milli Vanilli?
Oder doch lieber “Stadtaffe” von Peter Fox.
* Die beste Platte aller Zeiten?
Bitches Brew – Miles Davis
Das erste deutschsprachige Soloalbum von Reinhold Heil erscheint Ende Mai und heißt „FREIHEIT GEILHEIT MÄNNLICHKEIT“
Dass Kim Wilde mir Mitte der 80er einen Film vorspielt, das hätte ich auch gerne erlebt. Wow.