vonChristian Ihle 18.07.2025

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Black Bag (2025, Steven Soderbergh)
im Kino / zur Leihe

Soderbergh inszeniert seinen Agenten-Thriller um Täuschungen und Doppeltäuschungen wie eine Abfolge von Kammerspielen. Das hat den Vorteil, dass man eben mit überschaubarem Budget dennoch dieses Genre bedienen kann: ein explodierendes Auto, mehr Krach-Bumm-Bäng braucht es dafür nicht.

So schön verdrechselt die Geschichte auch ist, löst sie sich am Ende für mein Dafürhalten doch etwas zu flott auf, aber bis dahin tolles Rätselraten um das warum und wer mit ständigen Psychospielen. (7/10)

Die Saat des Feigenbaums (2024, Mohammad Rasoulof)
auf mubi

Mohammad Rasoulof mag wirklich lange Filme. Nachdem „Doch das Böse gibt es nicht“, sein Berlinale-Gewinner von 2020, bereits 150 Minuten auf die Uhr brachte, legt „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ noch mal 18 Minuten drauf. Wie auch im Vorgänger behandelt Rasoulof die inneren Strukturen Irans und die – offene wie verdeckte – Unterdrückung seiner Bevölkerung. In die Geschichte eines neu berufenen Richters, der ungelesene Todesurteile unterzeichnen soll, schneidet Rasoulof echte Filmaufnahmen der Frauen-Aufstände und ihrer brutalen Niederschlagung.

Seine stärksten Momente erzielt „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ in der Darstellung einer durch einen oppressiven Staat gepflanzten, wuchernden Paranoia, die bis in die tiefsten Familienzusammenhänge sickert. Entlang des zuweilen etwas plakativen Generationen- wie Geschlechterkonflikt erzählt „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ seine Geschichte der unweigerlichen Eskalation. (6/10)

Another Simple Favor (2025, Paul Feig)
auf amazon prime

War der Vorgänger eine bemühte, etwas zu nette, aber immerhin halbwegs unterhaltsam twistende Krimi-Groteske, ist dieses Sequel so dermaßen schlecht, dass ich gerade mal 40 Minuten ausgehalten habe.

Gehört neben „Highlander 2“ und „Keine halben Sachen 2“ ins Regal der schlimmsten, unnötigsten, überflüssigsten Fortsetzungen – bloß dass im Vergleich zu den beiden anderen selbst die Vorlage nur Durchschnitt war. (2/10)

MadS (2024, David Moreau)
zur Leihe

Ich bin mir nicht sicher, wieviel Mehrwert der „One Shot“-Gimmick „MadS“ bietet, aber die Kamera nimmt uns schon auf eine verdammt wilde Reise. Irgendwas mit Virus, Zombies und einer dagegen kämpfenden Spezialeinheit zwischen deren Fronten unser jugendlicher Held gerät (bzw. Helden, denn Film ohne Schnitt bedeutet hier tollerweise nicht, dass unsere anfängliche Hauptfigur auch bis zum Ende der Fokus der Geschichte bleibt), aber im Grunde ist das auch völlig egal, weil „MadS“ so viel Zug entwickelt und den Willen zu genug Härte hat, dass man sich aufs angenehmste an die besten Momente der New French Extremity Welle der Nuller Jahre erinnert fühlt (oder an einen weniger arthousigen Ducournau-Film). (7/10)

Die Fotografin / Lee (2023, Ellen Kuras)
auf amazon prime

Ich mein, es war 2005 als Kate Winslet in Ricky Gervais‘ brillanter Showbiz-Satire „Extras“ begründete, warum sie in Nazi-Filmen mitspielt:

„I’ve been nominated four times, never won. And the whole world is going, `Why hasn’t Winslet won one?‘ That’s why I’m doing it. „Schindler’s Bloody List,“ „The Pianist,“ Oscars coming out of their ass…”

Zwanzig Jahre – und einen Oscar für den NS-Zeit-Film „Der Vorleser“ – später sollte man doch denken, dass Winslet langsam genug von diesen Oscar-Bait-Movies hat. Aber nein, auch „Die Fotografin“, ein Biopic über die Kriegsknipserin Lee Miller, kehrt nach schön freigeistigem Beginn in die KZs ein, um dort die Gräuel von Krieg und Massenvernichtung hollywoodglänzend zu zeigen.

Lee Miller (übrigens auch Vorbild für Kirsten Dunsts Charakter in „Civil War“) hätte einen originelleren Film mit besseren Bildern verdient gehabt. (5/10)

Jagd auf Roter Oktober (1990, John McTiernan)
zur Leihe

Nach drei Jahrzehnten wiedergesehen und festgestellt: mindestens für die ersten zwei Drittel seiner Laufzeit sogar ein unterschätzter Film.

Wie schon in John McTiernans ewigem Höhepunkt „Stirb Langsam“ ist auch hier seine Inszenierung wie ein Uhrwerk, deutet geschickt Plotpunkte auf, um sie zu einem späteren Zeitpunkt einzulösen. Die tolle Besetzung (neben den beiden Leads Alec Baldwin und Sean Connery noch Sam Neill, Jeffrey Jones, Scott Glenn und Tim Curry) und schön weitgreifende Bilder, wenn „Roter Oktober“ mal nicht innerhalb eines U-Bootes spielt, unterstreichen das noch.

Lediglich dass das letzte Drittel in einem unnötigen Shootout endet (unnötig erstens hinsichtlich der Geschichte, weil ein „Verräter“ so spät im Game alles eher profaner macht, und zweitens, weil Baldwins notwendige Wandlung zum Actionhero auch die bisherige Erzählung konterkariert) mindert den sehr guten Eindruck dann doch. (7/10)

Hörenswert übrigens auch der Tarantino/Avery-Podcast zu „Roter Oktober“, der vor allem auch noch eine schöne Hymne über „Stirb Langsam“ zu Beginn beinhaltet:

www.youtube.com/watch?v=KoiWgXAd_fs

Arcadian (2024, Benjamin Brewer)
auf amazon prime

Zu oft gesehenes postapokalyptisches Creature-Feature mit Nicolas Cage, das zu wenig neues zu erzählen weiß und mit seinen Teenie-Darstellern hart am Nerven ist (insbesondere der „wilde“ Bruder, der ständig durch seine stupid moves Plot-Situationen heraufbeschwört). (3/10)

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