Susan… verzweifelt gesucht (1985, Susan Seidelman)
auf amazon prime
Eine gelangweilte Hausfrau gerät durch eine Zeitungsannonce in die Spur einer unbekannten Frau namens Susan und wird dabei in eine Reihe von Verwechslungen und Ereignissen hineingezogen.
Susan Seidelmann dreht hier drei Jahre nach ihrem tollen, aber ziemlich deprimierenden Punk-in-New-York-Film „Smithereens“ mit einer gerade zum Weltstar werdenden Madonna eine schön wilde Verwechslungskomödie, die zugleich Krimi und Style-Legende sein will – und das auch schafft. Selbst Madonna, die ich nie geschätzt habe, überzeugt als freches Girl, das sich mit Street Smartness am Leben hält und sich ein Auskommen beschafft.
Ein wunderbarer Snapshot eines immer noch etwas dreckigen New Yorks aus den Mitt-80ern, aber mit deutlich mehr Fun am Leben als noch in „Smithereens“. Sozusagen die New-Wave-Version einen Punkfilms.
P.S.: Seidelmans Punk-Credentials zeigen sich auch in einer ganzen Riege an Nebendarstellern, die sie allesamt mit Mini-Rollen im Film unterbekommen hat und die in der Art/Punk-Szene des New Yorks der 70er unterwegs waren. Der bekannteste davon sicherlich Richard Hell, aber auch Mitglieder von The Loung Lizards, Bongwater, DNA oder The Shirts sind zu entdecken. Hier en detail zum Mitsuchen.
(7/10)
Kassenergebnis:
* Platz #23 Erfolgreichster Film des Jahres in Deutschland 1985 · 819.000 Zuschauer ·
* Platz #31 Erfolgreichster Film des Jahres in den USA 1985 · 27 Millionen US-$
Therapie für Wikinger (2025, Anders Thomas Jensen)
im Kino
Nach 15 Jahren Haft sucht ein aus dem Gefängnis entlassener Mann mit seinem psychisch gestörten Bruder nach der Beute eines Raubüberfalls, wobei die Suche zu einer Reise in ihre gemeinsame Vergangenheit und zur Heilung alter Traumata wird
Auch Anders Thomas Jensens neuester Film „Therapie für Wikinger“ kombiniert wieder schwarzen Humor mit Gewalteruptionen, was in der Vergangenheit mal besser („Dänische Delikatessen“, 2003 oder „Helden der Wahrscheinlichkeit“, 2020), mal schlechter (der unerträgliche „Men & Chicken“, 2015) funktioniert hat.
Die erste Hälfte von „Therapie für Wikinger“ ist durchwegs gelungen und macht schöne Scherze über die Trauma-Obsession des modernen Kinos. Deshalb ist es auch umso enttäuschender, dass Jensen in seinem letzten Akt selbst die große Trauma-Falle aufmacht und diese mit zuviel Ernst durchspielt, wodurch – altes Problem bei Jensen – sich der Film tonal selbst ständig zu widersprechen versucht.
Wer übrigens gern dänische Fernsehserien schaut, wird hier mit einem Best Of der Darsteller vor allem aus „The Killing“ aka „Kommissarin Lund“ belohnt. Neben dem auch in Hollywood gut beschäftigten Mad Mikkelsen (dänische Serie: „Unit One“) spielen auch Kommissarin Lund herself, Sofie Gråbøl, ebenso mit wie Nikolaj Lie Kaas (dritte Staffel von Lund sowie Hauptdarsteller der Adler-Olsen-Filmreihe) und Nicolas Bro (zweite Staffel). (6/10)
A House of Dynamite (2025, Kathryn Bigelow)
auf Netflix
Nach dem Start einer unbekannten nuklearen Interkontinentalrakete ringen US-Regierungs- und Militärspitzen in Echtzeit mit der Entscheidung, ob sie einen verheerenden Gegenschlag auslösen sollen, ohne den Angreifer zu kennen.
Kathryn Bigelows „House Of Dynamite“ ist ein Quasi-Kammerspiel in der Tradition von Sidney Lumets „Fail Safe“. Wenn ein möglicherweise eskalierender Atomkrieg vor der Tür steht, benötigt es eben keine visuelle Überwältigung, um die Zuschauer vor Anspannung in die Sitze zu drücken. Es reicht, den handelnden Personen beim Wägen der Entscheidungen zuzusehen, die Unmöglichkeit des Richtigen zu begreifen und sich mit dem Film einer zwingenden Logik der Eskalation hinzugeben.
Die Spannung resultiert allein aus der Frage, ob vielleicht doch noch von irgendwo her ein Lichtlein der Vernunft im Interesse aller in diese Dunkelheit der abgeschotteten Entscheidungsfindung scheint – aber, aber, von woher soll es kommen? (8/10)
Sorry, Baby (2025, Eva Victor)
im Kino
Der Film begleitet eine junge Frau, die nach einem sexuellen Übergriff ihren Alltag und ihre Beziehungen neu ordnet.
Der von Eva Victor geschriebene, inszenierte und in der Hauptrolle gespielte Film ist einer der besten Betrachtungen des #metoo-Moments und von männlicher Übergriffigkeit im Generellen.
Victor erzählt die Geschichte ihrer Studentin, die von einem Professor sexuell belästigt wird, nicht als schreiende Anklage, sondern mit verblüffend feinem Witz, ohne dabei die Schwere der Situation zu verneinen.
Ihre sehr smarte, leicht linkische Figur ist so spröde wie eigen geschrieben und gespielt – und damit zuweilen wie Phoebe Waller-Bridges „Fleabag“ ohne One-Liner. Zudem gelingt es Victor auch als Regisseurin mit Zurückhaltung in den Bildern aber großer Deutlichkeit im Fühlen die Erschütterung durch den Übergriff ebenso zu zeigen wie die lang nachhallenden, traumatischen Folgen für das Opfer.
Dass sie dazu auch noch einer #notallmen-Falle entkommt und zwei Männerfiguren in all ihrer Vielschichtigkeit zeichnet, macht „Sorry, Baby“ nur noch außergewöhnlicher.
Von Victor wird man noch viel hören. (7/10)
The Fall Guy (2024, David Leitch)
auf amazon prime
Ein Stuntman kehrt nach einer Verletzung zu einem Filmset zurück und gerät dort in die Suche nach einem verschwundenen Hauptdarsteller, während ein großes Filmprojekt weiterläuft. Der Film basiert auf der TV-Serie „Ein Colt für alle Fälle“.
Ich versteh es nicht: wenn man sich schon die Rechte an einer „Intellectual Property“ erkauft, sollt man dann nicht mehr als nur den Namen entleihen? Irgendwie vielleicht den Witz des Originals oder wenigstens Howie?
Jedenfalls hat „The Fall Guy“ wirklich gar nichts davon. Sicher teurer als „Ein Colt für alle Fälle“, aber auch definitiv öder. Selbst Ryan Gosling & Emily Blunt können da nichts retten. (3/10)
Kassenergebnis:
* Platz #30 Erfolgreichster Film des Jahres in Deutschland 2024 · 690.000 Zuschauer
* Platz #26 Erfolgreichster Film des Jahres in den USA 2024 · 92 Millionen US-$
Tausend Zeilen (2022, Michael Herbig)
zur Leihe
Spielfilmversion der Relotius-Spiegel-Affäre um gefälschte Artikel. Der Film erzählt von einem gefeierten Journalisten, dessen Reportagen sich als erfunden herausstellen und der dadurch eine umfassende mediale und persönliche Krise auslöst.
Bully Herbig wäre nun nicht der erste Kandidat in meinem Kopf gewesen, um die unselige Relotius-Spiegel-Fake-Artikel-Affäre zu verfilmen. Andererseits schlägt hier wohl mal wieder seine Helmut-Dietl-Vorliebe durch und damit die Idee, einen „Schtonk“ der Neuzeit zu drehen. Nur ist weder die Affäre auf Hitlerhöhe noch hat er Schauspiel-Schwergewichte wie George oder Ochsenknecht im Kader (andererseits hat sich auch „Schtonk“ beim kürzlichen Wiedersehen doch eher als unlustige Farce und nicht als Jahrzehntkomödie herausgestellt…).
„Tausend Zeilen“ ist in jeder Hinsicht zu betulich. Zwar keineswegs langweilig, aber nie gelingt Herbig hier ein größeres Bild der Welt im Fake-News-Zeitalter zu zeichnen. Alles wirkt seltsam egal. Ebenfalls nicht hilfreich, dass mit Ausnahme von Michael Ostrowski sich quasi alle Akteure durch eine Schmierenkomödie chargieren als würden sie nach Grimassen bezahlt. Haupttäter hier Michael Maertens als Spiegel-Ressortleiter. (6/10)
Kassenergebnis:
* Kassenergebnis: Platz #62 Erfolgreichster Film des Jahres in Deutschland 2022 · 275.886 Zuschauer
Belén (2025, Dolores Fonzi)
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„Belén“ begleitet die wahre Geschichte einer jungen Argentinierin, die nach einem Krankenhausaufenthalt wegen einer Fehlgeburt fälschlich wegen eines illegalen Abbruchs angeklagt wird und deren juristische Verteidigung vor einem korrupten Rechtssystem zu einem Symbolfall im Kampf um reproduktive Rechte wird.
Ein Film mit Anliegen. Als eine junge Frau mit großen Schmerzen ins Krankenhaus eingeliefert wird, dort eine Fehlgeburt erleidet und die Polizei ihr vorwirft, diese mit illegalen Abtreibungsversuchen ausgelöst zu haben, landet sie im Gefängnis. Eine junge Anwältin streitet für ihre Freilassung.
„Belen“ konzentriert sich in der Folge vor allem auf die Rolle der Anwältin, ihren Kampf hinter und vor den Kulissen. Öffentliche Auftritte (ein eindrucksvoller Talkshow-Besuch), die Gerichtsverhandlung und die damit einhergehenden Anfeindungen, die sie bis ins Familienleben treffen.
Die von Argentinien eingeschickte Nominierung für den besten Auslandsoscar bleibt visuell allerdings doch bis auf den starken Beginn auf Fernsehniveau und kann auch nicht ganz überwinden, wie sehr es ihm um die richtige Aussage geht. (6/10)
“ … Madonna, die ich nie geschätzt habe …“, finde ich etwas flach, aber o.k., Madonna hat in ihrer Karriere einige gute und wohl noch mehr weniger gute Sachen gemacht. Allerdings hat sie in meinem Top-One-Lieblingsfilm, SNAKE EYES / DANGEROUS GAME von Abel Ferrara, eine fulminante Hauptrolle gespielt, neben Harvey Keitel und James Russo.