Wake Up Dead Man: A Knives Out Mystery (2025, Rian Johnson)
bei Netflix
„Wake Up Dead Man: A Knives Out Mystery“ folgt dem berühmten Privatdetektiv Benoit Blanc, der in einer Kleinstadtkirche ermittelt, nachdem ein richtungsweisender Priester unter mysteriösen Umständen ermordet wurde.
Wake Up, Rian Johnson! Nach dem überwältigenden Erfolg von „Knives Out“ und dem geradewegs absurden Preis, den Netflix für dessen Nachfolger „Glass Onion“ & nun „Wake Up Dead Man“ gezahlt hat (fucking 469 (!!) Million Dollar für die beiden Fortsetzungen!), scheint mir der gute Rian Johnson doch etwas in seinem eigenen Hinterteil verschwunden zu sein.
Ich mochte immer die schräge, aber milde Nerdyness bei gleichzeitiger Mainstreamtauglichkeit von Johnsons Filmen (gerade in den frühen Werken wie „Brick“ und „Looper“), aber „Wake Up Dead Man“ ist wie eine völlig humorfreie Parodie auf Agatha-Christie-Whodunnits. Nicht nur heillos überkonstruiert, das kommt ja in gewisser Weise mit dem Genre, sondern auch in jeder Nebenrolle mit der immer denkbar uninteressantesten Idee, was denn nun die Motivation des Ensemble-Mitglieds am Mord sein könnte.
All das verpackt in eine nun wirklich völlig unnötige Überlänge ist „Wake Up Dead Man“ sicherlich der schlechteste der drei „Knives Out“-Filme und nur dank des eben doch grundsätzlich vorhandenen Handwerks von Johnson gerade so noch wegschaubar. (5/10)
Eddington (2025, Ari Aster)
im Kino
In einer Kleinstadt in New Mexico im Mai 2020 spitzt sich ein Konflikt über Pandemie-Maßnahmen zwischen dem lokalen Sheriff und dem Bürgermeister zu, der die Gemeinschaft in politische, soziale und persönliche Spannungen treibt.
Wenn man in, sagen wir, 50 Jahren „Eddington“ in seine VHS-Cloud-Speicher-Brille schiebt, wird man einerseits im Schnelldurchlauf (von, na gut, 148 Minuten) wirklich ALLEN Aufregerthemen der frühen 2020er begegnen und andererseits wohl keine Ahnung haben, was das wohl bedeuten sollte.
Erfindet Ari Aster hier ein eigenes Genre, die Issues-Groteske? Ein Problem mit „Issues-Filmen“ ist ja oft, dass sie zwar wichtige Aspekte thematisieren, aber über der Bedeutung ihres Themas und der Aussage den Film an sich vergessen. Aster wirft hier von Covid bis Antifa, von Black Life Matters bis Bitcoin alles in den Überzeichnungsmixer und steht am Ende doch etwas zynisch in der Mitte, um über jeden rechts bis links von ihm zu lachen. Eine Haltung entwickelt er zu keinem seiner Aufreger, außer der, dass sich alle um ihn herum im Zustand der maximalen Polarisierung in den Wahnsinn gepitched haben.
In „Eddington“ ist Aster erneut mehr im „Beau Is Afraid“-Modus, also wieder auf die Überforderung des Zuschauers mit Reizen und Geschichten aus, was doch leider einen recht weiten Weg von den so wunderbar konzisen Horrorfilmen wie „Hereditary“ entfernt ist, mit denen er seine Karriere begründete.
Wie schon bei „Beau…“ bleibe ich wieder etwas rätselnd im Kinosessel sitzen: das ist zu gut gemacht und in Teilen immer wieder zu unterhaltsam, um nicht doch seine Punkte zu machen, aber eben auch in seiner Exuberanz ermüdend. (6/10)
F1 (2025, Joseph Kosinski)
auf Apple+
„F1“ folgt dem ehemaligen Formel-1-Rennfahrer Sonny Hayes, der 30 Jahre nach einem schweren Unfall aus dem Ruhestand zurückkehrt, um mit einem kriselnden Team und einem jungen Kollegen wieder in der Königsklasse des Motorsports anzutreten.
Dieses Brad-Pitt-Vehikel ist mit 189 Millionen $ Einspiel in den USA einer der großen Überraschungserfolge der Saison und gewohnt stromlinienförmig von Joseph Kosinski gedreht worden.
Der Reiz liegt sicherlich darin, dass „F1“ quasi ein embedded movie ist, das sich innerhalb der realen Welt der Formel 1 bewegt und all die echten Fahrer und Rennställe als Backdrop für seine Geschichte nutzt. Hier gelingt „F1“ durchaus ein akkurates Bild der Szene zu zeichnen. Ich habe auch Respekt dafür, dass man sich die Mühe gemacht hat, diese Underdog-Geschichte so zu erzählen, dass das Auto nicht einfach wundersamerweise auf einmal schneller fährt, weil nun Brad Pitt als zurückkehrendes, altgewordenes Wunderkind auf dem Feuerstuhl sitzt. Nein, Pitt als Sonny Hayes sieht Vorschriften als unverbindliche Empfehlung für andere Trottel und findet die Schlupflöcher nicht nur im Fahrerfeld, sondern auch im Regelwerk. So wirkt „F1“ kurzzeitig wie Brad Gilberts legendäre Tennisfibel „Winning Ugly“, aber mit Rädern untendran.
Natürlich ist „F1“ dann aber doch zu Feel-Good-Mainstream als dass dieser Weg bis zum dreckigen Ende bestritten werden würde und so biegt der Turbo-Film in seinem letzten Akt nach einigen gelungen bewältigten Schikanen dann doch recht gradlinig auf die Zielgerade ein und fährt alles zu einem ordentlichen, aber formelhaften Ende. (6/10)
Der Graf von Monte Cristo (2024, Alexandre de La Patellière & Matthieu Delaporte)
auf Amazon Prime
„Der Graf von Monte Cristo“ folgt einem jungen Seemann, der aufgrund einer Intrige zu Unrecht inhaftiert wird, nach Jahren der Gefangenschaft flieht, einen versteckten Schatz findet und als wohlhabender Graf zurückkehrt, um sich an denen zu rächen, die ihn verraten haben.
Ein klassischer Abenteuer-Film, eine Mantel-und-Degen-Extravaganza, wie sie heute kaum noch gedreht wird. Mit großen Schauwerten dank gutem Location-Scouting überzeugt diese 19. (!) Filmadaption des Themas als Throwback zum Kino vom Gestern im besten Sinn.
Die Geschichte selbst ist in seiner um Fünf-Ecken-Denkenenden-Manipulations-Idee sicherlich hart am Rand des Glaubwürdigen, aber so lange es genügend Vergnügen bereitet, sind die 42 Millionen € Budget doch gut angelegt. (6+/10)
Bring Her Back (2025, Michael Philippou / Danny Philippou)
zur Leihe
Der Horrorfilm „Bring Her Back“ folgt zwei Halbgeschwistern, die nach dem Tod ihres Vaters bei ihrer neuen Pflegemutter auf einem abgelegenen Grundstück landen und dort bald ein unheimliches okkultes Ritual entdecken.
Auf der einen Seite ist „Bring Her Back“ in seinen Bildern und der Intensität des Grässlichen ohne Frage beeindruckend, aber andererseits sehe ich nicht, wie hier vernünftig eine Geschichte erzählt wird. Die Figuren bleiben von Beginn bis End in ihrem Moment gefangen und selbst der eigentliche Punkt der ganzen Eskalation scheint mir nicht recht einleuchtend zu sein. Entweder wird das Übersinnliche des Films schlecht grunderklärt oder die Philippou-Brüder verheddern sich selbst in ihrem Gespinst.
So bleiben intensive Darstellungen, einige bemerkenswerte, verstörende Bilder und ein gutes Sounddesign – was ja für sich genommen durchaus schon den Film sehenswert macht. (6/10)
Blood & Sinners (2025, Ryan Coogler)
zur Leihe
„Blood & Sinners“ folgt zwei Zwillingsbrüdern im Mississippi der 1930er-Jahre, die versuchen mittels einer Bar-Gründung ein neues Leben zu beginnen, aber bald von übernatürlichen Vampiren und den Spannungen ihrer Gemeinschaft herausgefordert werden.
Freue mich selbstredend über jeden Nicht-Reboot/Superhelden/Sequel/Kinderbuchverfilmungs-Hit, der die Kinokassen stürmt („Sinners“ ist kurz vor Jahresende mit 279 Mio $ Einspiel der sechtserfolgreichste Film des Jahres in den USA), aber so ganz ist die Begeisterung nun auch nicht nachzuvollziehen. Der schräge Mix aus „From Dusk Till Dawn“ und Schwarzer Selbstermächtigungsgangsterschnurre ist vor allem in seiner zweiten Vampir-Hälfte nicht überzeugend inszeniert. Je mehr Kampf Coogler zeigt, desto mehr Geschichte verliert er.
Gute visuelle Momente wie die Kamerafahrt durch die Schnapshütte (und zugleich Jahrhunderte von Musikschaffen!), meist starke Sounds und charismatische Nebendarsteller (Delroy Lindo) stehen im Gegensatz zu einer kruden, nicht überzeugend ausformulierten Vampirgeschichte, die dazu noch sehr viel Allegorie-Gepäck auf ihren Zelluloid-Schultern tragen muss. (6/10)
Companion (2025, Drew Hancock)
zur Leihe
Der Film „Companion“ begleitet eine junge Frau auf einem Wochenendausflug zu Bekannten. Nachdem ein tödlicher Vorfall die Dynamik der Gruppe zerstört, befreitet sie sich aus der Kontrolle ihres Freundes und versucht zu fliehen.
Was ich ursprünglich als den großen Twist erwartet hatte, wird so eindeutig an den Zuschauer telegraphiert, dass ich regelrecht erleichert war, als dieser Punkt bereits nach 15 Minuten aufgelöst wurde und sich „Companion“ in ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Mensch und Robot entwickelt.
Ein schönes Hin und Her, das dennoch ein wenig das Gefühl hinterlässt, die beste „Black Mirror“-Folge seit langem gesehen zu haben. (6+/10)
Together (2025, Michael Shanks)
zur Leihe
„Together“ folgt einem langjährigen Paar, das nach einem Umzug aufs Land durch eine mysteriöse Begegnung in einer Höhle beginnt, unaufhaltsam miteinander zu verschmelzen.
„Together“ hat einen gleich mehrfach interessanten, gegenintuitiven Ansatz für einen Horrorfilm.
Zunächst legt er bereits in der Startszene alle Karten insoweit auf den Tisch, dass kaum eine der folgenden, zentralen Entwicklungen mehr überraschen kann. Dazu arbeitet er mit den visuellen Stilmitteln des Body Horror, aber auf einer am Ende beinah schon liebevolle Weise. Es ist also gerade nicht die visuelle Repräsentation der Abscheu vor dem eigenen Körper, die sich hier in Horrorbildern an die Oberfläche spült, sondern die aus dem Body Horror gelernten Bilder werden benutzt, um die Verschmelzung zweier Personen zu *einer* handelnden Einheit, was Wesensmerkmal wohl jeder langen (gesunden?) Beziehung ist, ins Groteske überspitzt zu visualisieren. Deshalb bleibt auch die Frage in gewisser Weise offen, ob wir hier eine Affirmation in ungewöhnlichen Bildern sehen oder doch ein satirisches Ans-Ende-Denken.
Ich tendiere zu letzterem. (7/10)