vonLeisz Shernhart 12.03.2023

Poetik des Postfaktischen

Zu viel Form für zu wenig Inhalt: Zur Rolle des Kulturschaffenden in der postfaktischen Gesellschaft. Betrachtungen ohne abschließende Bewertung.

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Die Garnele zappelt im Netz. Der Taschenspieler schnippt mit dem Finger und die Zitrone springt in die Presse. Ausscheidung: mummloser Trester mit Aufsichtspflicht. Unermüdliche blutleere Menschen tragen prosaisch Papiere spazieren. Der Dienstherr hat sie vergessen. Abgeschafft hetzt der Lakai amtsschwangeren Schrittes, bis an die Zähne mit protzigem Inhalt bewaffnet, durch armselige graue Gänge mit Löchern in schimmelig abgehängten Trockenbaudecken. Aus diesen Löchern hängen impulsverödende metallene Fäden, in den Ecken sammelt sich der Unrat aus besseren Tagen. Laut ist es an diesem Unort; eine längst überrannte Stellung. Hier kämpft jeder für sich. In der einzigen stillen abgewohnten Kammer weint ein trauriger Wasserhahn Tropfen von garstgelber Brühe. Die Geschöpfe, die diese Behausung behaupten, haben es stets eilig. Wild gestikulierend nehmen sie sich sehr wichtig, gelten sie doch als Gralshüter eines angestaubten abendländischen Bildungsgeschlechts. Schwarze Augenringe umschmeicheln ihre vom künstlichen Licht kellerbleich gegerbten Gesichter. So vervielfältigen sie im Akkord viele geduldige Papiere, vorausgesetzt, die Apparatur gestattet es ihnen. Heerscharen von munteren Seelen gehen durch die Hände der emsigen Diener, wofür sich niemand bedankt. Sie lieben es, zu kontrollieren und Listen zu führen und während sie auf nicht enden wollenden Konferenzen alten Wein in löchrige Schläuche beschließen, rieselt irgendwo im Raum kaum hörbar der Putz von den Wänden.

 

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