Wenn im Kapitalismus über Arbeit gesprochen wird, dann denken die Meisten wohl an Lohnarbeit. Denn Lohnarbeit ist die Arbeit, für die Menschen im Kapitalismus Achtung bekommen. Meistens wird dabei jedoch vergessen, dass das System der Lohnarbeit nur durch die unbezahlte Care-Arbeit von FLINTA (Frauen, Lesben, inter, nicht-binär, trans, agender) aufrecht erhalten wird. Es ist ein System, was auf die Anhäufung von Geld aus ist und dafür eine Hierarchie aufbaut: Sexismus, Rassismus, Klassismus. All das sind diskriminierende und unterdrückende Systeme, von denen der Kapitalismus profitiert. Sie schaffen Hierarchien und somit die Legitimation, Betroffenen weniger Chancen und Wert zuzusprechen. Intersektionalität spielt auch hier eine Rolle, denn bei der Verknüpfung und Überschneidung der verschiedenen diskriminierenden Strukturen können neue Dynamiken entstehen. Im folgenden möchte ich vor allem auf die Auswirkung des Sexismus und des Patriarchats eingehen.
„Care-Arbeit oder Sorgearbeit beschreibt die Tätigkeit des Sorgens und Sichkümmerns.“ Das kann verschiedene Bereiche wie die Familie aber auch Freundschaften betreffen und ist natürlich auch in der Lohnarbeit zu finden (ich beziehe mich hier jedoch auf unbezahlte Care-Arbeit). Sie hat viele verschiedene Aspekte: Reproduktionsarbeit ist die Arbeiten im Haushalt, die zum Lebenserhalt notwendig sind. Emotionale Arbeit beschreibt die Arbeit, die sich um die Gefühle anderer Menschen dreht wie etwa an Termine denken, Geburtstage organisieren, Gespräche am Laufen halten oder nachfragen wie es Personen geht.
Diese Arbeit wird zum großen Teil von FLINTA getragen: In der Studie „Wie die Zeit vergeht“ wurde erfasst wie Männer und Frauen ihre Stunden pro Woche verbringen. Dabei wurde von Frauen und Männern mit Kindern ausgegangen. In der Pre-Familien-Phase haben Männer alleine im Alter von 20-22 Jahren eine stärkere Arbeitsbelastung als Frauen mit 43h gegenüber 41h bei Frauen durch eine stärkere Belastung bei der Erwerbsarbeit. Zur Arbeit wird dabei Pendeln, Haushalt, Betreuung, Bildung und Erwerbstätigkeit gezählt. Von 23-25 und 26-28 Jahren haben Frauen mit 49h gegenüber 44h und 54h gegenüber 48h eine stärkere Belastung. In der Familienphase nimmt die Belastung beim Haushalt und der Betreuung stark zu. Bei Frauen ist diese Belastung jedoch deutlich höher. „Diese traditionelle Arbeitsteilung geht mit erheblichen Folgen für die Stellung der Frau in der Paarbeziehung, ihre Karriereperspektiven sowie für die Alterssicherung einher“ (S. 52).
Viele Männer nehmen nicht wahr, in welchem Maße diese Care-Arbeit von anderen übernommen wird oder dass es sich dabei um Arbeit handelt. Gesellschaftlich ist die Verteilung dieser Arbeit so stark FLINTA zugeschrieben, dass Männer, wenn sie Care-Arbeit übernehmen, Lob für die Arbeit bekommen, die FLINTA schon seit Jahrzehnten übernehmen. Wenn sich etwa Männer zum gleichen Teil um ihre Kinder kümmern, wird dies oft als besonders toll heraus gestellt. Warum ist die Arbeit von Männern immer mehr wert? Natürlich ist es in einer Gesellschaft, in der es eben nicht die Regel ist, dass diese Arbeit gleich verteilt ist, eine positive Entwicklung, wenn sich mehr Männer Care-Arbeit annehmen und ihre gesellschaftliche Prägung hinsichtlich dessen hinterfragen. Jedoch kommt es mir wie ein schlechter Witz für all die FLINTA vor, die diese Arbeit tagtäglich machen, ohne dafür gelobt zu werden oder ohne, dass es als Arbeit angesehen wird. Das Verständnis und die Wahrnehmung über den Begriff von Arbeit zu verändern, ist sehr schwer. Oft wird bei Versuchen, dies zu ändern, gefragt, ob wir uns denn nicht gerne um z.B. (unsere) Kinder kümmern oder dass diese Arbeit für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft für alle selbstverständlich ist. Wie oben beschrieben, ist Care-Arbeit leider nicht für alle gleich selbstverständlich. Nur weil das Bedürfnis nach Unterstützung ausgedrückt oder Belastung beschrieben wird, heißt es nicht, dass wir diese Arbeit nicht auch gerne machen. Viele möchten gerne Zeit mit ihren Kindern verbringen und wollen, dass es anderen durch ihre Fürsorge besser geht. So geht es jedoch nicht allen bzw. bei jeder Care-Arbeit. Außerdem ist es trotzdem eine körperliche wie mentale Belastung und wenn die Belastung zu groß wird, geht es nicht mehr. Es sollte doch auch nicht als übermäßige Forderung angesehen werden, dass Care-Arbeit gleichmäßig verteilt wird und auch alle gleichmäßig Beachtung dafür erhalten. Zumal sich die ungleiche Arbeitsaufteilung auf die wirtschaftliche Lage der Personen auswirkt, die unbezahlte Care-Arbeit leisten. So sind FLINTA im kapitalistischen System in vielen Fällen schlechter gestellt und das patriarchale System wird dadurch wiederum gestützt. Wirtschaftliche Abhängigkeit von Frauen gegenüber ihren Partnern schränkt diese in ihren Entscheidungen ein und macht sie abhängig. Diese wirtschaftliche Benachteiligung lässt sich auch in anderen diskriminierenden Strukturen zeigen.
Wir müssen zu einer Gesellschaft gelangen, in der Care-Arbeit einen gleichen Stellenwert hat wie Lohnarbeit, in der die Arbeitsverteilung gleichmäßig ist und sich die verschiedenen Diskriminierungsformen nicht gegenseitig in die Karten spielen. Dafür ist es jedoch nötig, dass Männer sich mit diesen Strukturen auseinander setzen. Denn auch das Bilden und Erklären der Belastung, Strukturen etc. über Care-Arbeit ist eine Form von Arbeit, die von FLINTA erwartet wird, wenn es um die Forderung nach gerechteren Arbeitsverhältnissen geht. Ich wünsche mir deshalb, dass Männer sich und ihre Arbeit bzw. die Arbeit, der Menschen um sich herum, beobachten und hinterfragen, dass sie sich aktiv für eine Veränderung der Arbeitsverhältnisse einsetzen. Und an alle FLINTA: Ihr verlangt nicht zu viel, wenn ihr eine gleichmäßig Übernahme von Arbeit fordert!