Jahrelang hat sich Venezuelas Elite am Ölreichtum des Landes bedient und durch Devisenbetrug die Hyperinflation der Landeswährung weiter vorangetrieben, welche die Wirtschaft des Lands in die Knie zwang. Laut eines im Jahr 2016 an den staatlichen Ethikrat gerichteten Antrags sind ein Drittel der Staatseinnahmen zwischen 2005 und 2015, unglaubliche $333 Milliarden, einfach spurlos verschwunden. Dieses Geld wurde ins Ausland geschafft und dort dann sauber gewaschen. Dafür haben Banken nationales und internationales Recht verletzt. Welche Konsequenzen das für sie haben kann, zeigt der Fall der Schweizer Privatbank Julius Baer.
2018 wurde ein ehemaliger Geschäftsführer der Bank von einem U.S. amerikanischen Gericht in Florida zu 10 Jahren Haft und 3 Jahren auf Bewährung, sowie der Zahlung einer Geldstrafe von $50 000 verurteilt. Der in Panama ansässige Deutsche hatte gezielt venezolanische Kunden angeworben und ihnen dabei geholfen insgesamt $1,2 Milliarden von der staatlichen Ölfirma PDVSA zu stehlen.
Die Ermittlungen der Behörden in den USA lösten auch eine Prüfung von Julius Baer durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA aus. Das Ergebnis: Die Bank hat bereitwillig zugelassen, als Instrument für illegale Finanzgeschäfte nutzen lassen. Sie hat eindeutige Hinweise die auf kriminelle Aktivitäten ihrer Kunden systematisch ignorierte und gesetzlichen know-your-customer Dokumentationspflichten nicht bzw. nicht im ausreichenden Maß entsprochen. Beispielsweise hat sie eine Transaktion in Höhe von 70 Millionen Schweizer Franken für eine venezolanische Kundin durchgeführt, ohne alle gesetzlich erforderlichen Informationen vorliegen zu haben und obwohl sie von den schweren Korruptionsvorwürfen gegen die betreffende Kundin wusste.
Die FINMA überprüfte insgesamt 70 Geschäftsbeziehungen der Bank im Zeitraum 2009-2018 und stellte fest, dass die Mehrzahl der stichprobenartig ausgewählten Transaktionen nicht gesetzeskonform durchgeführt worden waren. Die Compliance Mängel bei Julius Baer waren also in der Unternehmenskultur verankert, welche Erfolg ausschließlich an der Maximierung der Gewinne bemaß. So erhielt der für die venezolanischen Konten verantwortliche Mitarbeiter 2016 als „Top Performer“ der Bank einen Sonderbonus in Millionenhöhe, obwohl das Management der Bank wusste, dass die von ihm betreuten Konten im Zusammenhang mit illegalen Unterschlagungsgeschäften beim venezolanischen Staatskonzern PDVSA standen.
Als Konsequenz ihrer Prüfungsergebnisse hat die FINMA nun Julius Baer verpflichtet eine Reihe von Anti-Geldwäsche Maßnahmen umzusetzen. So muss die Bank bei der Ausschüttung von Bonuszahlungen an Mitarbeitende auch das Einhalten von gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigen und Konten mit erhöhtem Geldwäscherisiko enger begleiten. Außerdem muss Julius Baer eine eigene Einheit zur Umsetzung von Anti-Geldwäsche Maßnahmen einrichten und darf bis auf weiteres keine Transaktionen mit erhöhtem Rechtsrisiko mehr ausführen.
Alles in allem hat die FINMA mit ihrem Vorgehen gegen Julius Baer fast alle ihr rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft und genau das ist das Problem. Das Schweizer Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung individualisiert die Verantwortung für die Einhaltung von Geldwäschevorschriften. Demnach können nur Einzelpersonen mit Geldbußen von bis zu 500 000 Schweizer Franken belangt werden, wenn sie dem Gesetz zuwiderhandeln. Banken selbst können dahingegen nicht finanziell zur Verantwortung gezogen werden selbst wenn, wie im Fall von Julius Baer, klar ist, dass die Bank sich bewusst und gezielt im Geldwäschegeschäft bereichert hat. Hier unterscheidet sich das Schweizer Vorgehen von dem U.S. Amerikanischen. Beispielsweise hat sich Medienberichten zufolge Goldman Sachs erst kürzlich außergerichtlich mit der Malaysischen Regierung auf eine Zahlung von $3.9 Milliarden geeinigt um Malaysia für die Rolle der Bank in der Geldwäsche Affäre rund um den Staatsfond 1MDB zu entschädigen.
Eine weitere Schwäche des Schweizer Verfahrens ist, dass der FINMA Berichte geheim gehalten wird und damit wenig über die Einzelheiten des Geldwäschefalls bekannt ist. Dies mag vielleicht vertretbar sein, wenn es sich ausschließlich um das Kapital von Privatpersonen handelt, dass unterschlagen wurde. In der Julius Baer Affäre geht es jedoch um venezolanische Staatsgelder – um Gelder eines Landes, dass in einer so dramatischen Wirtschaftskrise steckt, dass 3,7 Millionen Menschen an Hunger leiden und 7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Hier sollte man meinen, dass das öffentliche Interesse an den Erkenntnissen der FINMA Untersuchung schwerer ins Gewicht fällt, als der Schutz des Bankgeheimnisses.
Die Schweizer Behörden sind zweifellos darum bemüht, das Image ihres Finanzmarkts zu verbessern indem sie auf eine langfristige Verbesserung der Compliance-Kultur ihrer Banken hinzuwirken. Doch was dabei auf der Strecke bleibt ist die Wiedergutmachung für die Schäden welche Banken wie Julius Baer ganzen Völkern zufügen.
Dr. Lys Kulamadayil, Völkerrechtlerin und SNSF Wissenschaftlerin an der Universität Amsterdam und dem Graduate Institute in Genf