Die Welt mag die neue Nummer 1 der deutschen Album-Charts nicht:
„Schon vor Erscheinen des Werks hieß es, er sei die Rettung des deutschen HipHop. Doch das ist ein großes Missverständnis. Casper ist nicht die Rettung, Casper markiert mit seiner moralisierenden Mischmasch-Musik vielmehr das Ende des Genres. Wenn Casper humorlos und voller Pathos über Tod und Liebe textet, ließe sich das als Emo-Rap bezeichnen, sein Erfolg wirft jedenfalls ein recht besorgniserregendes Licht auf die Jugend.
(…) ein Pädagogikstudent kann keinen Hip Hop machen. Hip Hop ist die Musik von Verlierern, die sich als Gewinner darstellen und nicht umgekehrt. Casper stilisiert sich als verletzlicher Außenseiter und ist sich nicht zu schade, die Scheidungskind-Karte zu spielen. Er macht HipHop für die Studi-VZ Fraktion, daher auch der Albumtitel „XOXO“, eine Abkürzung, die in der lustlosen Internet-Sprache für „Küsschen“ und „Umarmung“ steht. Casper ist einer, der „voll schön“ sagt, einer, der sich noch im Jahr 2011 wünscht, von American Apparel ausgestattet zu werden, der also Hipstermode von vorgestern bevorzugt. Der Inbegriff des Uncoolen. (…) Wenn Menschen behaupten, Textstellen wie „Sind Träume Worte, die der Mund nie zu denken wagt?“ seien so gut, dass man sie sich eintätowieren lassen müsse, dann ist es dringend angebracht, sich Sorgen zu machen – zumal niemand zu bemerken scheint, wie daneben Caspers Sprachbilder sind.
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Die Musik zu all dem klingt so aufgeblasen, angepasst und sauber, dass Herbert Grönemeyer und Xavier Naidoo es nicht besser machen könnten. „Casper schaut über den Rand der HipHop-Welt hinaus und löst auch jenseits der Genregrenzen Begeisterung aus“, hat ein Kritiker befunden und damit ganz nebenbei die Beliebigkeit der Musik entlarvt.
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Er hätte genügend Möglichkeiten gehabt zu protestieren, aber er gefällt sich lieber in der Rolle der Passivität, ist empört von den großen Zumutungen dieser Zeit. Für die Stimme des deutschen Wutbürgers wurde noch eine Besetzung gesucht. Eine, die nur spricht, nicht denkt oder handelt. In schöner alter „Einer muss es ja mal sagen“-Manier.
„Der Oberton ist vielleicht Möchtegern-Revoluzzertum. Das gebe ich auch zu“, sagt Casper. In seinem Video lässt er einen „schwarzen Block“ gegen Polizisten aufbegehren, bedient sich radikaler Codes. Mit einer Niedlichkeit, die man im freundlichsten Fall als Naivität deuten kann, werden dort junge Menschen in ein politisiertes Kostüm gesteckt. Das Video hat so viel politisches Potenzial in sich wie das Tragen eines Palästinensertuches von H&M.
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In einem anderen Interview plaudert Casper über den umstrittenen Rapper Fler, der damals „Schwarz Rot Gold, Hart und Stolz“ rappte. „Es ist doch vollkommen klar, dass der Typ kein Nazi ist. Mir gefiel, dass er trotzdem den Mut hatte, sich ins Feuer zu stellen.“ Sich selbst und seine Freunde, bezeichnet er übrigens als „nette deutsche Jungs“. Naiv, im besten Falle.“
(Laura Ewert in der WELT)
Inhaltsverzeichnis:
* Teil 1: Alle Schmähkritiken über Bands, Künstler und Literatur
* Teil 2: Alle Schmähkritiken über Sport, Politik, Film & Fernsehen
Mit Dank an Björn!