vonSchröder & Kalender 15.01.2008

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in nördlicher Richtung.

Ich war mit diesem Bauernhaus im Vogelsberg als Frühökologe eingestiegen, der nicht wußte, daß das Verbrennen von Holz eine große Sauerei ist. Als ich damit anfing, war es noch vernünftig, ölressourcenschonend, kam gleich nach dem Windrad, das Holz der heimischen Wälder zu verballern, das aus Auslichtungsgründen sowieso geschlagen werden muß. Es hätte mir damals schon klar sein müssen, welch schlimme Stinkerei dabei aus den Schornsteinen quillt, aber das stand nicht im ersten ›Umdenken — Umschwenken‹-Katalog der Züricher Duttweiler-Initiative. Nun ist dieses Schlechtenwegen einmal ein dumpfes Nebelloch, wenn du im Herbst rausgingst — wir waren ja nicht die einzigen, die das Eichen- und Buchenholz verfeuerten —, hatte sich über dem Dorf der Holzheizungsdreck zu einem altenglischen Smog verdichtet. Was da in zehn Jahren an Schwefel und sonstwelchen giftigen Dämpfen allein aus unseren beiden Schornsteinen entwichen ist, geht auf keine Kuhhaut, dafür könnte man ja fünfhundert Jaguars fahren. Meine alte These: Der Dreck auf dem Land. Stell dir nur mal vor, was rausgeschlagen wird an Kiefern von all den Brennholzfetischisten, was die Holzmacher unserer Republik und in allen Dörfern der Welt, in Rauch aufgehen lassen.

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Laß mal die Heimeligkeit verstrahlenden Dorfensembles Revue passieren, wo sie allenthalben liebevoll ihr Holz stapeln. Das warme Holz neben den Geranien und Petunien vor den Fenstern sieht so nett aus, mit lustvoll flackerndem Horterauge wird kunstvoll gestaltet, das ist die Freizeitbeschäftigung ganzer Rentnerarmeen. Erst wird es im Wald geschlagen, dann knatternd zerlegt mit der Stihl-Säge, und der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie lebt blendend davon. Nichts macht die Menschen auf dem Lande so glücklich, wie auf dem Traktor zu sitzen, hinter sich auf dem Wagen diese zwei Festmeter Holz. Unser großer ›Rank Xerox‹-Kopierer damals war ständig kaputt, der Grund, weshalb der Techniker uns bevorzugt behandelte, er war immer am nächsten Tag zur Stelle: Er liebte auch das Holzmachen, sah die dreißig Festmeter Buchenholz bei uns im Hof liegen, und so kamen wir ins Fachsimpeln. Schließlich schenkte ich ihm Ken Keseys ›Manchmal ein großes Verlangen‹, in dem das Holzschlagen für die beiden Antagonisten den Stellenwert hat wie für Esau und Jakob die Schafherde. Also es handelt sich um eine der letzten archaischen Arbeiten, die übriggeblieben sind von den Feld-, Wald- und Wiesen-Mythen. Tut mir leid, daß ich das den Leuten vermiesen muß, ich habe es ja selber zehn Jahre lang gemacht, aber daß der Smog die UV-B-Strahlung vermindert, ist nur ein zynischer Trost, weil eben Ozon in Verbindung mit Abgasen nicht gut für die Atemwege ist. Verrückt, die Holzverbrennung ist eine dieser Öko-Nischen in den Köpfen. Leute, die jeden Zigarettenraucher als Luftverpester anstarren, als hätte er ihnen bereits Kinder und Kindeskinder vergiftet, betrachten die Holzverbrennung als eher läßliche Sünde. Es handelt sich eben auch hier nicht um Fragen der tatsächlichen Schädigung, sondern der Absprache.

An manchen Tagen stank es in Schlechtenwegen so, daß wir kaum noch die Fenster aufmachen konnten. Wir haben uns erst selbst vergiftet und dann den Dreck in die Stratosphäre geschickt, wo er sich mit der Asche des Pinatubo vermengte. Schade, ›Ich bin zwei Öltanks‹ hätte gut in das leerstehende Silo gepaßt, ohne zu graben, außerdem wäre es mich zehntausend Mark billiger gekommen, wenn ich nicht freudig dieser hocheffizienten Heißluftheizung zugestimmt hätte, die mein Pseudoarchitekt Mehler vorher selbst ausprobiert hatte in seiner Großfamilie im Dorf nebenan, auch er ein Brenn-holzfetischist. Eine erstklassige Ofensetzerfirma löste das Problem in bester alter handwerklicher Tradition, die sich nach drei Jahren als das erwies, was sie in Wirklichkeit war, nämlich alter handwerklicher Bruch. Aus allen Warmluftschächten dieses Systems drangen die giftigen Gase, also permanente Vergiftung im Winter, der Mann und Frau und Hund und Maus ausgesetzt waren, man gewöhnt sich eben an jeden Dreck.

Grauenhaft: Alles, was aus dem kranken deutschen Wald rausgeschlagen und nicht — ›säurefrei, chlorarm gebleicht‹ — zu Papier gemacht wird, geht in die Luft, in Hessen und Niedersachsen, in Bayern wie in Schleswig-Holstein. Denn es gibt in Deutschland ja kein Bundesland Sahara, in dem Holz knapp wäre, sogar in der Heide wird die Birke verballert und zusätzlich noch Torf mit reingeschoben. Der Kachelofen, der Schwedenofen, der Kamin kommen im Katastrophenszenario nicht vor, weil jedem Schreiber klar ist, es gäbe keinen gemeineren Haß, der einem als Urheber einer solchen Enthüllung entgegenschlüge, als der der Holzbrenner. Ich schätze, es wäre leichter, das Güllen zu verbieten, mit der in schöner Konsequenz das Trinkwasser verseucht wird von Nordfriesland bis ins Allgäu, als dieses säkularisierte Hütten- und Lagerfeuer. Da sind wir alle noch Kelten, Germanen oder weiter zurück: Überwinder der Ötztaler Alpen. Dein Auto ist dagegen so mit Katalysatoren bestückt, daß du diese Abgase fast schon als Atemluft benutzen kannst. Man kann sich, glaube ich, gar nicht mehr damit umbringen, da müßtest du wahrscheinlich erst den Katalysator killen — ach was, wir bringen uns doch sowieso auf andere Weise um. Diese Methode habe ich nie als Option für mich betrachtet, auch Aufhängen fand ich immer unappetitlich, überhaupt Selbsttötung … Wenn ich es mir recht überlege, gibt es keine Methode, die mir gefällt.

Fortsetzung folgt

(BK / JS)

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https://blogs.taz.de/schroederkalender/2008/01/15/herz-und-holz-2/

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kommentare

  • Hi BK/JS,

    Die Aussage:

    „Meine alte These: Der Dreck auf dem Land. Stell dir nur mal vor, was rausgeschlagen wird an Kiefern von all den Brennholzfetischisten, was die Holzmacher unserer Republik und in allen Dörfern der Welt, in Rauch aufgehen lassen.“

    Stimmt.

    und dann sagen die noch, in den Ostdatschen: „Unter 25 Grad halte ich das nicht aus!“

    Da ist wohl eine Vereisungskur durch Wolfgang Müller nötig…

    denn wahre Helden baden nackt im „Polar!“

    wissen auch vernünftige Schweizer, denen es manchmal zu kalt ist, nein, nicht Sybille Berg, die ist zu süß, um zu frieren,

    nein, die sind’s:

    http://www.youtube.com/watch?v=cTuTc_liKS4

    Jetzt aber Holz hacken, Ostler und Klimaschützer! Haha!

  • Diese „Glocke“ ist eher rotbraun, meinetwegen auch mal gelb.

    Bitte keine Assoziationen aus der politischen und rassistischen Farbenlehre…

    „Holzfällen“ von Bernhard ist die derzeit einzige mir bekannte vernünftige Antwort. Soll aber nicht depressiv machen!

  • Was da in zehn Jahren an Schwefel und sonstwelchen giftigen Dämpfen …
    *
    Rauchgase sind nicht gesund, entstehen aber bei Schwelbrand, der nicht zur Wärmequelle taugt. Meiner Meinung nach ist ein offener, oder geschlossener Kamin, Ofen mit oder ohne Ofenbank ist unvergleichlich schöner, angenehmer, der Liebe Vorschub leistender als eine Heizungsanlage. Bei der Anfertigung der Hilfsmittel für die Energiegewinnung sind nicht wenige ökologisch bedenkliche Verfahren nötig, – das kann aber der „schreibende Künstler“ nicht wissen, denn bei ihm kommt sicher „der Strom aus der Steckdose“.
    Holz wärmt dreifach! Zunächst bei der Beschaffung, dann bei der Zerkleinerung und später im Ofen. Wer trockenes Holz benutzt und die Betriebstemperatur beachtet erzeugt kaum giftige Dämpfe.

  • Wie kann man nur
    einen solchen Blödsinn von sich geben.
    Holz, zu Heizzwecken, in schadstoffarmen Öfen genutzt, ist um Längen umweltfreundlicher als alle fossilen Brennstoffe.
    Besser ist lediglich Sonnen- und Windenergie.
    Dass sich der Verfasser eine beknackte Warmluftheizung hat aufschwätzen lassen ist doch nicht die Schuld vom Holz. Hätte er sich vorher kundig gemacht wäre ihm das nicht passiert.
    Es ist auch nicht die Schuld vom Holz wenn die Betreiber der Öfen damit nicht richtig umgehen.

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