vonSchröder & Kalender 09.10.2013

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

Mehr über diesen Blog

 

***

Der Bär flattert in nordöstlicher Richtung.

***

Als wir uns vom Zweitausendeins Versanddienst getrennt hatten und 1982 die März-Bücher wieder über den Buchhandel vertrieben, war es zu spät, einen Stand auf der Frankfurter Buchmesse zu mieten. Da war guter Rat teuer. Dann hatten wir eine Idee, fanden bei Koffer Witzel in Frankfurt zwei gelbe Plastikkoffer und besorgten roten und schwarzen Autolack. Wieder zurück im Vogelsberg schnitt ich eine Schablone mit dem Slogan: »März läuft« und für die Rückseite des Koffers: »Hier können Sie bestellen«. Bis tief in die Nacht spritzten wir unterm Dach die schwarzen und roten Schriftzüge, wuschen ein paar Mal misslungene Versuche mit Nitro ab, bis das Ergebnis zufriedenstellend war. Eine Nitroorgie!

 

Cover Immer radikal, niemals konsequent, Philo Fine Arts

Jörg Schröder und Barbara Kalender, Buchmesse in Frankfurt 1982, Umschlagidee: Jörg Schröder nach einem Schwarz-Weiß-Foto von Isolde Ohlbaum 

 

Mit diesen gelben »März läuft«-Koffern schlenderten Barbara und ich in den nächsten Tagen durch die Buchmessegänge. Das machte Furore, die Branchenblätter und diverse Zeitungen berichteten, wir hätten von unseren Koffern hundertfünfzig verkaufen können. Das neue März-Programm bestellten leider nur neunzehn Buchhändler. Immerhin erfuhren wir von denen, warum so viele ihrer Kollegen uns aus dem Weg gingen. Denn kurz vor dem Termin, an dem sich Zweitausendeins vertraglich verpflichtet hatte, den Vertrieb der März-Lizenzen zu beenden, überschwemmten sie – die vorher immer strikt auf die Einhaltung des »Nur bei uns!« geachtet hatten – den Buchhandel mit gelben März-Bänden. Es waren sechzehn Titel, also genau die Anzahl von Neuerscheinungen und Nachdrucken, die wir beworben hatten.

 

 

März läuft mit Raacke-Koffer. Foto: Barbara Kalender

Foto: Barbara Kalender

 

Auf der Raacke-Website steht: »Man kann ihn heute noch kaufen, den Raacke-Koffer, ein Klassiker modernen Designs. Peter Raacke entwarf ihn 1966 an der HfG Ulm. Der Chemiekonzern Hoechst hatte Raacke eingeladen für die technologische Innovation eines Filmscharniers aus Kunststoff eine praktische Anwendung zu suchen. Dieses Scharnier verfügte über enorme Reißfestigkeit und Biegsamkeit. Gleichzeitig beauftrage die Firma Ruddies Burgmöbel Peter Raacke, einen kostengünstigen Koffer für Tapezierwerkzeuge zu entwickeln. So entstand der Raacke-Koffer.« Er besteht aus zwei identischen Schalen, die aus Polypropylen gespritzt werden. Als Verschlüsse dienten Filmscharniere mit Druckknöpfen, die später durch Metallscharniere ersetzt wurden wie bei unserem MÄRZ-Koffer. Die roten, blauen und schwarzen Werkzeugkoffer avancierten im Lauf der Zeit zu gesuchten Designerstücken. Unsere gelben MÄRZ-Koffer gehören offenbar zu einer Raacke-Sonderserie, von der wir anderswo nie wieder Exemplare gesehen haben.

***

PR / BK / JS

 

 

 

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/schroederkalender/2013/10/09/buchmesse-koffer/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert