vonFabian Schaar 26.08.2021

other society

Ein Blog zu Politik, Gesellschaft und dem Dazwischen: Vielleicht ändert sich ja doch noch was?

Mehr über diesen Blog

Die Erstplatzierung in den aktuellen Wahlumfragen scheint hart umkämpft: Innerhalb weniger Monate waren da sowohl die Unionsparteien, zwischenzeitlich die Grünen. Nun kam auf einmal der merkbar stille Scholz aus der Versenkung. Schon hört mensch, dass die Wahl in rund einem Monat spannend werde. Ich sage: Genau das Gegenteil ist (leider) der Fall.

Wer sich die Wahlumfragenentwicklung der letzten Monate anschaut, kann schnell zu dem Schluss kommen, vor der Bundestagswahl herrsche ein harter Kampf der Argumente, ein stetiges Debattieren um die besten Lösungen angesichts der Krisen des 21. Jahrhunderts. Die Realität sieht anders aus: In den Medien liefen Kampagnen für oder gegen Personen, nicht Debatten zu Inhalten, hoch und runter. Angesichts der Klimakrise hielten es einige Redaktionen wohl für interessanter, genau über alle Anführungs- und Ausführungszeichen zu berichten, die Annalena Bearbock in ihrem Buch falsch gesetzt hat, anstatt jemals auf dessen Inhalt einzugehen (ernsthaft, die einzige inhaltliche Kritik habe ich bisher in der konkret gelesen, die nun wirklich kein Massenmedium ist).

Anstatt sinnvoll zu argumentieren und eigene Positionen zur Debatte beizutragen, starteten Union und Springerpresse lieber Kampagnen gegen die Grünen. Anstatt klare politische Haltungen zu zeigen, änderte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet lieber drei Mal täglich seine politischen Ansichten und lachte sich im Kriesengebiet schlapp. Nur einige Beispiele.

Nein, im aktuellen Wahlkampf wird nicht gestritten, nicht diskutiert – aller höchstens inhaltslos herumgezankt.
Die ständig wechselnde Platzierung in den Umfragen für mich kein Zeichen der Debatte, vielmehr eins der Austauschbarkeit von Positionen unter SPD, Grünen und Union. Sie sind der Niederschlag des personalisierten Wahlkampfes, in dem Inhalte immer und immer wieder hinter Personaldebatten gestellt wurden.

Nachdem anstatt Markus Söder Armin Laschet zum Unionskandidaten nominiert wurde, schossen die inhaltlich äußerst flexiblen Grünen was die Umfragewerte angeht in die Höhe. Nachdem kleinere Patzer von Baerbock medial ausgeschlachtet wurden, war Laschet vorn. Als dieser dumme Fehler im überschwemmten Krisengebiet beging, konnte der bis dahin recht stille Scholz nach vorn schnellen.

Here we are now, entertain us! Ich warte nur darauf, das sich das Blatt erneut wendet, und darüber bin ich nicht glücklich.
Die Umfragewerte zeigen nur, wie verhunzt der Wahlkampf, wie verkorkst das Rennen der Kanzlerkanditat*innen ist. Sie zeigen, das Personaldebatten für wichtiger gehalten werden, als politische Inhalte: Während die (öko-)demokratisch-sozialistische Linkspartei, die neoliberale FDP und die rechtsextreme AfD an ihren Positionen klarer festhielten, änderten sich deren Umfragewerte kaum gravierend. Die AfD erzielt auf Bundesebene konstant Werte von elf Prozentpunkten – elf zuviel! Die FDP 12 oder 13 (Neoliberalismus bringt uns nicht weiter!) und DIE LINKE traurige sieben Prozent.
Schlussendlich bleibt es ein Wahlkrampf, kein Wahlkampf.


aktuelle Umfragewerte: wahlrecht.de


Creative Commons Lizenzvertrag
Dieser Text von Fabian Schaar ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/society/hier-politische-position-einfuegen/

aktuell auf taz.de

kommentare