Sunday, lazy Sunday. Einfach mal wieder die „Small Faces“ auflegen. Und am Abend dann „Mehrspur“. In SWR2. „Radio reflektiert“. Schräg abgemischt, interessante Choreographie. Einmal im Monat, immer wieder sonntags, für 30 Minuten. Morgen also. Wessels am Mikrofon und präsentiert sein Thema „Radio“: Wie findet Radio in Zukunft statt, hat es überhaupt eine und was versenden eigentlich andere Länder? Haut das Internet den Funkautoren, den Dramaturgen, den SprecherInnen, Tonmeistern und Regisseuren den Radioground unter dem Studiosessel weg?
Schwierige Frage, meint Julie Shapiro vom „Third Coast International Audio Festival“ (USA). Auch sie wird man am kommenden Sonntag hören (oder später im SWR2-Dokublog per podcast ’nachhören‘) und wieder mal begreifen, daß alles, klar doch, zwei Seiten hat: „Es gibt viele Leute, Künstler, Dokumentaristen, Filmemacher oder Fotografen, die das Radio entdecken; die Geschichten hören und sie dann erzählen wollen. Radiokunst erlebt in den USA gerade eine Renaissance. Produzenten in Amerika müssen alles alleine machen, von der Idee über die Interviews bis zur Mischung und der Vermarktung. Auch ihre website, ihre facebook-Seite, den email-Verkehr machen sie selbst. Im Augenblick gibt es leichter Fördermittel für Internet-Auftritte, die vielleicht auch ein bißchen was mit Radio zu tun haben, weil das Interesse an Multimedia-Projekten sehr groß ist. In dem Zusammenhang nimmt die Bedeutung des Radios zugunsten des Internets ab. Das macht mir Sorgen. Wir brauchen eigentlich mehr Unterstützung für inhaltliche Arbeit statt für neue technische Spielereien.“
Shapiro weiß noch mehr zu berichten, was mir arge Sorgen um das zunehmende Audio-Prekariat macht, aber lassen wir das und lesen das Gespräch mit ihr einfach in der taz nach, denn auch das ist möglich – schließlich kooperiert die Medienredaktion aus dem Dutschke-Tower mit „Mehrspur“, schickt diesmal sogar ihren Kolumnisten (good ol‘) Küppersbusch ins Rennen. Zynisch und hell genug wird’s also werden. Radio reflektiert eben. Gern auch kritisch.
Apropos. Das Medium öffentlich-rechtliches Radio reflektieren, von seinem Sinn und Unsinn erzählen, seine Vergangenheit und Zukunft beleuchten, sein Profil nachzeichnen, ihm neues Profil geben, dem AnstaltsRadio den nötigen EigenSinn und Unverwechselbarkeit einpflanzen, das alles auch noch öffentlich zur Debatte stellen, generalisiert, weltoffen, dabei Freie Radios und internationale Radiowelten einbeziehen,…das passiert nicht oft. Und muss doch stattfinden: lebendig, neugierig, suchend, allemal selbstbewußt, genau das ist die Form der Bewegung, die ein Radio mit Zukunft braucht. Ob im Kabel, im Äther oder im Netz. Wir können dieses verrückte, kaputte, postmoderne, postdemokratische Leben hörbar machen, Geschichten von ihm erzählen, seine sounds verdichten…
„Kommt reden wir zusammen, / Wer redet, ist nicht tot… lauten die berühmten Eingangsverse des Gedichts ‚Kommt‘ von Gottfried Benn. Das Radio lebt – und es lebt davon, dass es wie kein anderes Medium Stimmungen über Stimmen beschwören kann.“ Hört, hört! Auch Jochen Hörisch reflektiert Radio. Get wise on Sunday. Never give up. Alles verändert sich, wenn Du es veränderst. Niemand ist ausgeliefert. Das Radio hat immer noch Macher. Und der Kopf ist rund, damit das Denken (auch das Hören!) irgendwie die Richtung ändert.
„Radio reflektiert also“, auf mehreren Spuren, mit Tipps zum aktuellen Soundgeschehen: „Das Museum für Neue Kunst in Karlsruhe ist voller Klänge. ‚Sounds. Radio-Kunst-Neue Musik‘ heißt die Ausstellung.und geht noch bis 27. März. Ist es nun so weit, daß das Radio reif ist fürs Museum? Darüber wollte ich mit Gaby Hartel, einer der beiden Kuratoren reden, aber es klappte nicht!“, …erzählt mir Wolfram Wessels, kann aber zumindest den Brief verlesen, in dem ihm die Gaby und überhaupt.
Mehrspurig und nicht eindimensional. Erfinderisch. Listen to that radio! Mit integriertem Eisfaktor, denn „Mehrspur“ hat nach wie vor seine Schwerpunktintermezzi, diesmal zum Thema: „Auf Eis gelegt!“: Icewalk, Fischstäbchen, frozen ideas, Sie ahnen es schon. Also morgen. Halb acht. Am Abend. Stay tuned!