vonDetlef Berentzen 13.06.2012

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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„Der Konflikt um den WDR hat Strukturen offengelegt, die den gesellschaftlichen Zustand im Ganzen spiegeln. Die Apparate entziehen sich sprunghaft jeder öffentlichen Kontrolle. Und folgen einer in sich kreisenden Logik angeblich alternativloser Sachzwänge. Begründeter Kritik, Protesten und abweichenden Überlegungen gegenüber zeigen sie sich immun. Sie weichen der Debatte aus oder machen sie auf administrativem Weg zunichte.“ (Informationsbrief der „Radioretter“)

Apropos „die Apparate entziehen sich der Kontrolle“: habe ich nicht gerade heute in einer meiner Morgenzeitungen, es war wohl die „taz“, gelesen, daß der NDR über die Debatte der doch ziemlich harschen „Kritik seines Programmausschusses an den TV-Polittalks der ARD“ allemal Stillschweigen bewahren will? Der Rundfunkrat tagt nicht öffentlich, also gibt es auch keine Auskunft! Basta! Zu sehr gerät derzeit die öffentlich-rechtliche Programmkultur, auch die des Hörfunks, in die Kritik.

Eine andere meiner Morgenzeitungen, die „Süddeutsche“, untertitelte neulich: „Die Stammhörer des Kulturradios entwickeln sich zur Protestmacht“. Das gilt indes auch für das Personal der Anstalten. Nehmen wir nur die oben zitierten „Radioretter“ beim WDR. Ihr neuester Informationsbrief (eine „Zwischenbilanz“) zeugt von der herben Enttäuschung,  daß die Kritik an den Programmdeformen der letzten Jahre in weiten Teilen folgenlos geblieben ist – trotz der Unterstützung von zahlreichen HörerInnen und Hörern:

„Ihre qualifizierten Unterschriften unter unseren Offenen Brief wurden als Internet-Klicks, die Forderungen nach einem anspruchsvollen Kulturradio als elitär oder gestrig, die vielfältigen Plädoyers für ein Moratorium als unerlaubte Einmischung denunziert. Statt öffentliche Auseinandersetzungen um die Zukunft und die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu führen, wurde hinter verschlossenen Türen nach Marketingformulierungen gesucht, mit denen den Hörerinnen und Hörern der Programmabbau als Programmverbesserung verkauft werden sollte.“

Von „Ausverkauf des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags“ und von der Notwendigkeit des „Kampfs für einen unabhängigen Journalismus“ ist die Rede. Nun sind wir längst nicht in Ungarn und eigentlich geht der Trend im Lande Richtung Transparenz und Demokratie  – habe ich jedenfalls neulich noch gehört. Und auch senden dürfen. In Baden-Württemberg sollen regelrechte „Bürgertische“ Bedürfnisse und Forderungen hörbar machen. Eigens dafür wurde in der Stuttgarter Landesregierung der Posten einer „Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung“ geschaffen. Insofern sind  die Radioretter durchaus hip und hop, wenn sie trotz aller Widerstände, das Mikrophon nicht ins Korn werfen: „Unter anderem beabsichtigen wir, in regelmäßiger Folge eine Rundschrift herauszugeben, die den medien- und kulturpolitischen Kurs des WDR und anderer ARD-Anstalten einer eingehenden Analyse und der Kritik unterzieht.

Voilà, die Debatte „Welches Radio wollen wir?“ wird also fortgeführt.  Besser als Schweigen und Abschalten ist das allemal.

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kommentare

  • Danke aus der größten Hasestadt für den schönen Text – und für die Erinnerung an das Vergessen dank Appelkorn.

  • Nun gut zum WDR kann ich nichts sagen, der ist hier nicht empfangbar.
    Prinzipiell ist es aber wirklich so, dass das öffentlich rechtliche Radio, von den privaten ganz zu schweigen, doch recht mies ist.
    Vom Grundgedanken, dass es möglich ist, auch Radio außerhalb des Massengeschmacks zu machen, weil man ja gebührenfinanziert ist, ist man meilenweit entfernt.
    Die Gebühren sickern in undurchsichtige Kanäle und Projekte, die Werbung wird immer mehr und das Programm nähert sich in erschreckendem Tempo der Flachheit des privaten Dudelfunks.
    Dabei ist es durchaus möglich vernünftiges Radio zu machen.

    1. Transparenz und Offenheit bei der Gebührenausgabe.
    2. Nutzung der regional vorhandenen Infrastruktur sowie des gesamten Netzwerks der ARD
    3. Mehr Mut und Ideen der Redakteure und Moderatoren bei der Programmauswahl und Gestaltung
    4. Mehr Spielraum und Freiheit der einzelnen Sender, Sendungen und deren „Radiomachern“

    Mit diesen einfachen und logischen Regeln, dürfte es doch möglich sein ein hörenswertes Radioprogramm zu gestalten und dem Radio als ernsthaftem Medium zur Unterhaltung und Information eine Chance zu geben.

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