Mir wird dies seit meiner Jugend zuteil: eine Stimme, die zu mir spricht, die mir, sooft sie spricht, stets von dem abrät, was ich gerade zu tun beabsichtige und die sich niemals zuratend vernehmen lässt. Diese Stimme ist’s, die mich davon abhält Politik zu treiben – und mit gutem Grund hält sie mich davon ab. (Sokrates)
Sie hören Stimmen. Immer wieder. Tag und Nacht. Halluzinieren körperlose mal laute, mal leise oder auch flüsternde Stimmen im Kopf, die ganz real zu ihnen sprechen – ein unheimliches Phänomen, mit dem viele Betroffene und auch ihre Umgebung oft nicht fertig werden. Erst recht nicht, wenn die halluzinierten Stimmen ihre Hörer zu Opfern machen, sie ängstigen und quälen, dominant werden.
Es gibt jede Menge psychatrische Fachliteratur zum Thema “Stimmenhören”: Ein typischer Fall von „Schizophrenie,“ so steht zu lesen, eine Geisteskrankheit eben, zu behandeln durch antipsychotische Neuroleptika – oft genug in den geschlossenen Abteilungen konventioneller Nervenkliniken: Der Patient also schwer gedämpft – „comfortably numb“, wie es in Pink Floyds „The Wall“ heißt. Doch wie es war, bleibt es nicht. Alles wird anders. Seit den Psychatriereformen der 70er- und 80er-Jahre, seit „Irrenoffensiven“, „Patientenkollektiven“ und all den demokratischen Aufbrüchen Richtung „Selbsthilfe“ hat sich die Lage verändert. Stichwort: „Psychoseseminar“. Oder auch: „Trialoggruppe“.
In Berlin existiert sogar ein ganzes „Netzwerk” (die taz berichtete), das Stimmen hörende Menschen, deren Angehörige und in Psychiatrie oder Psychotherapie Tätige informiert und berät. Einige Mitglieder (s.Foto) haben mir ihre Geschichte erzählt, ihren Alltag erklärt. Soviel Mut und Selbstbewußtsein war nie. Grund genug für ein neues Hörstück. Just listen!