Herr P. sitzt, in einer Akademie vielleicht, an einem Tisch samt Mikrophon, den schwarzen Montblanc in der Hand und lächelt. Immer schaut er freundlich, wenn er den schweren Kopf hebt und aus seinem Cordanzug heraus in eines der vielen fremden Gesichter schaut: Signierstunde. Die fremden Gesichter haben lange gewartet, in Schlangen gestanden, nun erzählen sie, wie sehr und überhaupt.
Herr P. leiht sein Ohr, lauscht interessiert , bemerkt dies und das und kennt so manchen. Dann nimmt er das Buch, das man ihm reicht, hat lang daran geschrieben, es von allen Seiten beatmet, schlägt es nun auf und setzt die Feder des Montblanc in Bewegung. Fährt mit ihr auf und ab, ganz ruhig, ein letzter Strich, sein Kopf hebt sich, er schließt das Buch und glitzert vor Glück.
Die ganze Zeit sitzt das Kind, das er einst war, auf einer Bank neben ihm, ein hungriger Knabe mit großen, wachen Augen, ein Kind, das nicht lacht, ein wenig mit den Beinen zappelt und nach seinem Lied sucht. Es wird Schubert und seine Winterreise finden. Bis dahin hält das Kind einen alten, abgeschabten Koffer mit beiden Händen fest auf dem Schoss. Und hält ihn noch fester. Herr P. träumt sich für einen Moment zur Seite und flüstert kleine tröstende Worte. Dann lächelt er wieder, der Nächste bitte und schwingt freundlich die Feder. Das Publikum ist begeistert.
Peter Härtling erhält heute in Bad Homburg den Hessischen Kulturpreis 2014