vonDetlef Berentzen 31.10.2015

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Märchen erzählen. Von einem Oktobertag, der letzte vielleicht, natürlich ein sonniger, mit wenig Laub an den Bäumen, mächtige Kräne ragen in den blauen Oktoberhimmel, irgendwo spielt ein trauriges Akkordeon, da stolpern sechs verlorene Saiten über den belebten Marktplatz der kleinen Stadt, allesamt schlecht gestimmt, erschöpft und niemand, der mit ihnen spielen will. Seit sie sich in dem großen Stadion geweigert hatten, für diese Plastikfrau zu spielen, waren sie Verfemte. Sie hatten beim Anblick von Helene Fischer eine große Übelkeit gespürt, waren voller Schrecken einfach auf ihren kleinen Beinchen losgerannt, durch die Nacht, atemlos, bis sie am Morgen auf diesem Marktplatz landeten.

Da sitzen sie nun, rauchen ihr letztes Dope und jammern ein wenig. Da wird es Abend und bitterkalt, was die sechs Saiten noch mehr verstimmt: “Wenn nur jemand käme, der weiß, wie geil man mit uns spielen kann”, greint die dünnste von ihnen , “immerhin waren wir schon mit Bruce Springsteen unterwegs.” Die anderen nicken eifrig und werden noch einmal richtig munter: “Hey, wisst ihr noch? Die große Devils-and-Dust-Tour? Gib mir den Blues, Baby! Got my finger on the trigger!”

Richtig heiß reden sie sich, der Marktplatz hat sich längst geleert, alles grau und blanker Stein, nur im gleißenden Spot des Mondes nähert sich eine mächtige Gestalt, die einen Gitarrenkoffer trägt. Die sechs Saiten sind plötzlich mächtig gespannt, hoffen, daß dieses Märchen noch gut ausgeht, da steht der Mann mit der fetten 50 auf dem Shirt auch schon vor ihnen, holt eine alte Fender aus dem schwarzen Koffer und grunzt: “Ihr kommt mir gerade recht. Mir fehlt noch ein Satz Saiten”.

So kam es, daß sie noch am selben Abend gemeinsam mit dem mächtigen 50er vor einer wilden Horde Abderiten spielten: “We gonna have a party, man! Happy Birthday!” Alle rockten bis dem Morgen graute und wussten, das kann kein Zoufal sein. Und war doch einer.

Hymne

Peter Zoufal Music

(Zum 50. Geburtstag)

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