Manchmal muss man die Summe ziehen. Ohne Kompromisse. Die Verhältnisse und Haltungen auf einen einzigen Begriff bringen. Das Wort finden, das den Unerträglichen und Alternativlosen widersteht. Als wir also da in unserem Atelier hockten und nach ihm suchten und fast schon bitter wurden, trat es auf: von links. Sprach von Menschenrechten, Würde, Frieden, Waffenlieferungen, Seyfried-Comics und aufrechtem Gang. Und meinte, der alte Borchert hätte es geschickt – und den würden wir doch wohl noch aus jenen Nachkriegskindertagen kennen, die jetzt gern mal als Dreiteiler inszeniert werden? Das Wort schaute uns fragend an, wusste nicht, wollte wieder fort, doch der alte Schlund hielt es fest: „Geh nicht, bleib noch ein wenig!“ Hat das Wort gemalt. Und seine Summe gezogen.
Du. Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn Sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mädchen hinterm Ladentisch und Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Granaten füllen und Zielfernrohre für Scharfschützengewehre montieren, dann gitb es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Bahnhof, Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst das Signal zur Abfahrt geben für den Munitionszug und für den Truppentransport, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!
(Wolfgang Borchert, 1947)
Illustration: Joern Schlund