vonDetlef Berentzen 03.05.2016

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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„Wir wollen weg vom links-rot-grün versifften 68er-Deutschland und hin zu einem friedlichen wehrhaften Nationalstaat.“ (Jörg Meuthen)

Der sonore Professor Meuthen möchte die Republik von der „linksgrünen 68er Seuche“ reinigen. Die Wortwahl ist beredt: Gegen Seuchen sind fast alle Mittel erlaubt. (taz)

Als „sich schnell ausbreitende, gefährliche Infektionskrankheit“ definiert der Duden den Begriff „Seuche“. Als „klassische“ Seuchen sind im europäischen kollektiven Gedächtnis beispielsweise Pest und Cholera verankert. (Bundeszentrale für politische Bildung)

Die Bande fallen ab. Die Fesseln. Die AfD hat in Deutschland etwas freigesetzt, das lange Zeit gebändigt war. Bei Brecht heißt es im Arturo Ui: „Dass keiner uns zu früh da triumphiert. Der Schoß war fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ (Jakob Augstein)

Damals, als der Schmutz gerade begann sich auszubreiten, stand der feuchte Schoß, aus dem all das Gestern kroch, noch weit offen, es herrschte sogar reger Verkehr und wehrhafte Bürger standen mit ihren national gesinnten Schäferhunden an den Straßenecken, waren wild und gefährlich: Geht doch rüber!, riefen sie und Ab ins Arbeitslager! und klagten laut, dass irgendwer vergessen habe, all die ranzigen Street Fighting Men zu vergasen. Bauarbeiter, Taxi – und Müllfahrer verprügelten langhaarige Infizierte, die es nicht so sehr mit Napalm und Flächenbombardierungen hatten und schon gar nicht wollten, dass der Tag mit einer Schusswunde begann. Unrasierte Frauen hielten Weiberrat, schmuddelige Eltern und arg verdreckte Lehrer sorgten dafür, dass ihre ungewaschenen Kinder nicht länger in den Schulen Richtung Untertan geprügelt wurden.

Kurzum: Die 68er verbreiteten ihren Dreck allüberall, gaben ihn weiter von Generation zu Generation bis scheinbar das ganze Land „versifft“ war. War es aber nicht. Nie gewesen. Die an den Straßenecken hatten – gar nicht mal unsichtbar und allemal frisch gewaschen – nur auf den rechten Zeitpunkt gewartet. Nun endlich wollten sie das Land von all dem fremden Siff reinigen. Deutschland sollte so werden wie früher: Die letzte Insel des weißen Mannes. Wurde es aber nicht. Es wurde wie heute. Schlimm genug.

Paranoid

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