vonDetlef Berentzen 09.07.2016

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Über die alten Leute muss ich immer wieder staunen. Wie haben sie es bloß geschafft, inmitten so vieler Gefahren ihren Weg zu gehen und heil und gesund im hohen Alter anzukommen? Wie haben sie es fertig gebracht, nicht unter ein Auto zu geraten, wie haben sie die tödlichen Krankheiten überwinden können, wie haben sie einen Dachziegel, einen Angriff, einen Schiffbruch, einen Blitz, einen Sturz, einen Pistolenschuss vermeiden können? (…) Wahrhaftig, die Alten müssen unter dem Schutz des Teufels stehen! Manche wagen es immer noch, langsam die Straße zu überqueren, ja sind sie denn verrückt geworden? (Achille Campanile: „Opere“, Milano 1989)

 

Blutdruck2016

Joern Schlund ist nicht erst im Alter verrückt geworden. Irre war er schon bevor ihm der Teufel seinen Schutz anbot. Doch als der alte Mephisto vor ein paar Jahren auch bei ihm routinemäßig vorbei kam, nahm Schlund an – wie alle, die zuvor schon mit dem alten Faustus paktiert hatten. Auch ein Schlund war mal jung und nie ohne ein Gretchen. Damals malte Schlund schon, stellte aus, erfand Skulpturen, zeichnete und vermied keine Attacke. War zuvor als Prügelknabe in löchrigen Stiefeln aus den zwangspädagogischen Räumen des Nazireichs gekommen und hatte einen weiteren, einen neuen Anfang versucht. Und dann noch einen. Und dann…

Sitzt da nun mit seiner Frau (s. Foto), wird heute 82 Jahre alt und hat nicht aufgehört, verrückt zu sein, malt immer noch, klar doch, macht in Collagen, stellt aus, surft auf Zehenspitzen durch’s Netz, illustriert und hinterlässt seine Spuren. Manchmal auch auf dieser Seite. Ein alter Freund eben. Gratulation! Möge Campaniles Teufel dich noch lange schützen!

 

Illustration: Joern Schlund, Titel: „Blutdruck“, 2016

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kommentare

  • Lieber Detlef Berentzen,

    ich danke für diesen schönen und stimmigen Artikel über mein Väterchen zu seinem 82.ten. Wer hätte gedacht, dass er dieses Alter erreichen darf ;).Du kennst ihn ja auch schon eine lange Zeit, und seinen phasenweisen nicht so gesunden Lebenswandel :).Ein Künstler -Lebenskünstler- braucht das manchmal. Liebe Grüße von Joerns großer Tochter Petra ( Hildegard) PS: Frag Joern, was das mit dem Namen auf sich hat 🙂

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