Fast jeden Tag komme ich am „Stübchen“ (s. Foto) in der Belziger vorbei, bleibe kurz stehen und immer wieder flasht es mich in die „gute, alte“ Zeit der Lederjacken. Damals trug der aufrechte Sponti noch sein schwarzes Halstuch, schnelle Turnschuhe und trank nach Feierabend roten „Persiko“, doch, den gab es! Irgendwer behauptete später, dass der Stoff wegen seines Blausäuregehalts blind macht – Alles Absinth, Baby! Egal, nachts war in Schöneberg oft genug Vollnarkose: Ob in der „Ruine“ oder im „Dschungel“ am Winterfeldtplatz, im „Spectrum“ (Koburger Straße), oder bei „Lucy L.“ vor den Yorckbrücken, wo der Stachelbeerwein das Hirn verklebte. Dazu ’ne selbstgedrehte „Samson“ und die brennende Frage, wo eigentlich Fritz ist? „Bei der Spaßguerilla!“, behauptete oft genug jemand, meinte aber letzlich den Seyfried und dann kam schon der Handverkäufer aus der Stephanstraße mit dem „Info-BUG“ und später die Jungs mit den Raubdrucken: Benjamin, Adorno zum halben Preis und wir waren alle klamm. Aber hungrig. Nach Leben. Oder sonstwas. Denn das war uns in Schöneberg schon damals klar: Ohne Narkose kein Aufwachen. Und ohne das richtige Stübchen keine Narkose. So schließen sich Kreise.
Anzeige
Eine köstliche Schilderung der Zeit, als wir noch alles Neue kennenlernen wollten! Volltreffer!
Heute geniesse ich Ruhe, Gelassenheit und die Erinnerung – beim Italiener mit Freunden.