vonDetlef Berentzen 25.06.2018

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Wir geben bekannt, dass wir am 5. Juni 2018 die MANIFESTA in Palermo mit der Installation „C’era una volta…“ am Foro Umberto I eröffnet haben.

Sie haben es wieder getan. Obwohl doch alles ein Ende haben sollte: „Addio Palermo“, so im Jahre 2012 der programmatische Titel der vermeintlich letzten Installation an der Meerespromenade von Palermo. Lange schon hatte der Münchener Ex-Verleger Peter Weismann (heute u.a. Lektor und Redakteur) die Poesie seiner Skulpturen immer wieder ins Offene transportiert, all das Gefundene, Verworfene, Vergessene, Dinghafte aus den Straßen des ungezähmten, vermüllten Palermo (sogar als Kreuzweg) sichtbar gemacht – Verwegene Installationen, die die Tänzerin Christine Landinger mit ganz und gar eigenen Performances kultivierte.

 

Alles, was wir im öffentlichen Raum in Palermo machen, machen wir ohne zu fragen, ohne Anträge und offizielle Erlaubnis (das kostet Zeit, die ich in meinem Alter nicht mehr habe). Wir machen und warten, was geschieht. Den Dialog anstiften, das ist unser Kriterium und funktioniert immer. (Peter Weismann, 2018)

Da kommen dann auch schon mal die Carabinieri, aber man einigt sich, was soll’s? Es kommen auch Andere, sind neugierig, haben Fragen. Die Installationen sind flüchtig, die Ragazzi der Stadt sorgen nachts nicht selten für Demontagen, …auch eine Form von Dialog, zwar keiner der überzeugt, aber den man aushält, wenn die Korrespondenz mit der Öffentlichkeit gelingt, wenn die Kunst „strukturelle Wurzeln“ schlägt, wenn…. Irgendwann stöhnt Sisyphos: „Addio! Basta!“ Wie gesagt, 2012 war das.

Wir haben uns unsere Kunst geleistet, befreit davon, die Erwartung der anderen zu erfüllen, waren autonom in Verhältnissen, die nicht autonom sind, und haben das Gefühl völliger Freiheit erfahren. (Christine Landinger, 2012)

Aber jetzt sind sie wieder da, vor Ort, in Palermo, sechs Jahre später, können es nicht lassen, von wegen Asche, Phoenix, Auferstehung. Anlässlich der „Manifesta“ (die sie natürlich nicht offiziell eröffnet haben) montieren die Beiden noch einmal die Ablichtungen jener realen Objekte und Skulpturen auf die Betonquader, Objekte, die sie einst in den Sturm der Wahrnehmung stellten und wollen erinnert sein: „C’era una volta…“ heisst es nun. Es waren einmal…zwei autonome KünstlerInnen, die die Öffentlichkeit ihrer Kunst im Spannungsfeld von Freiraum und Widerspruch inszenierten. Mit verwegenem Mut. Und verrückter Ausdauer.

 

Fotos: weismann & friends 2018

Addio a Palermo (Ennio Morricone)

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