In den letzten Jahren habe ich zunehmend 3D-Installationen in den vier Grundfarben (CMYK) überall im Stadtgebiet von Berlin entdeckt. Meist sind es ineinander verkeilte runde Punkte in verschiedenen Größen, manchmal Figuren aus Würfeln, etwas höher als auf Augenhöhe an Wände geklebt. Aufgefallen ist mir dann, dass die sogenannten „CMYK Dots“ immer an extrem gut ausgesuchten Orten und sehr gut sichtbar platziert sind, ohne unbedingt durch ihre Größe hervorzustechen. Also habe ich mich im Internet schlau gemacht und bin neugierig geworden, diesen Künstler zu seiner Arbeit und Vorgehensweise persönlich auszufragen. Mitte November 2020 habe ich ihn in Neukölln getroffen und es hat nun bis März 2021 gedauert, das aufschlussreiche Interview zu veröffentlichen. Gut Ding braucht Weile!
„Das sind die besten Momente, wenn man merkt, dass man den Leuten, mit der Sache, die einem selbst am meisten Spaß macht, auch eine Freude bereitet.“ (Okse 126)
Vorstellung
Wer bist du, was machst du? Seit wann bist du künstlerisch auf der Straße tätig? Im Internet habe ich gesehen, dass du mit zwei Namen auftauchst. Machen CMYK Dots und Okse 126 die gleiche Kunst?
Okse 126 (gesprochen: „Okse eins zwei sechs“) ist eigentlich der Künstlername aus meinen Graffititagen (Graffiti mache ich seit um die 2000er rum, oder habe es gemacht) und CMYK Dots (gesprochen: „Smük-Dots“) ist mehr ein Projekt, das jetzt gerade die Hauptzeit einnimmt, weil es für mich am interessantesten geworden ist. Das mache ich seit Anfang 2016. Seitdem mache ich eigentlich kaum noch Graffiti, die CMYK Dots haben Graffiti ein bisschen abgelöst. Soviel zur Person.
Wo findet man deine Kunst? In Berlin? Im Internet? Wo draußen?
Jeden Dot, den ich jemals draußen geklebt habe, markiere ich auf einer Karte, weil ich gerne dabei zusehe, wie es immer mehr werden. Im Internet ist auch alles dokumentiert. Ansonsten findet man alles hoffentlich gut verteilt auf der Straße. Berlin, andere Städte, Länder.
Auf den Fotos und Videos im Internet (Instagram) sieht man, wie du viel tagsüber unterwegs bist. Arbeitest du ausschließlich tagsüber, oder auch nachts?
Eigentlich arbeite ich fast ausschließlich tagsüber. Erstens mag ich das lieber, weil ich sonst am nächsten Tag nochmal hinmuss, um Fotos zu machen, und tagsüber hat es auch nicht so den illegalen Charakter. Ich glaube, viele Leute peilen das nicht, wenn du da stehst mit einer Leiter und was machst. Dann denkt sich keiner, „Darf er das? Darf er halt, weil er hat eine Leiter, also warum soll er das nicht dürfen.“ Ich finde das entspannter. Bin auch meist mit Freunden unterwegs und da ist es auch einfach angenehmer, tagsüber unterwegs zu sein. Ich gehe meist spazieren und finde dann die Plätze und mache die. Nachts herumzulaufen…nee… da schlaf ich lieber.
Deine Kunst
Das Projekt CMYK Dots, das sind ja die Grundfarben, was ist die Idee dahinter?
Ehrlich gesagt gibt‘s keine großartige Idee, das ist ein minimalistisches Element, was ich einfach geil finde. Das ist so schön simpel. Ich habe jahrelang überlegt, was könnte man so machen? Es sind manchmal einfach die kleinen Dinge, die mich begeistern und diese Einfachheit und das Prägnante, die knalligen Farben, das passt einfach. Da gibt‘s jetzt keine Message hinter, es ist wie im Graffiti, statt meinen Namen zu schreiben, setze ich vier Punkte. Soll schön aussehen und Spaß machen, das reicht vollkommen.
Als ich angefangen habe, deine Punkte zu entdecken – das war vielleicht 2017 so vereinzelt und seit 2019 massiv – habe ich immer gedacht, dass ist wie die Grundfarben, wie als ob du uns eine Palette schenkst und ich kann selber daraus machen, worauf ich potenziell Lust habe.
Ich habe ja immer so einen kleinen Claim darunter: The modern way of pointillism. Pointillismus ist eine Kunstrichtung gewesen. Da arbeiten die Künstler auch mit Punkten als Grundelement und aus diesem Grundelement wird etwas Großes, Ganzes. Ich reduziere das komplett auf die Grundfarben, die man braucht, um etwas zu drucken. Und den Punkt als Element, den es ebenfalls braucht, um etwas zu erstellen. Also ist meine Arbeit (Punkt und Grundfarben) quasi die Reduzierung auf‘s Minimum. Das als Ausgangsidee öffnet noch viele weitere Möglichkeiten.
Hast du in deinem Leben auch so einen reduzierten Ansatz? In meinem Leben, und auch als Guide, mähre ich mich gerne aus und quatsche gerne…
Meinst du jetzt meine Persönlichkeit? Ich würde schon eher sagen introvertiert. Ich glaube, es hat schon auch was mit Reduzierung, Perfektionismus, Struktur, Organisation zu tun. Das passt schon zu mir.
Legst du gerne Tabellen an?
Nicht unbedingt Tabellen anfertigen, aber die Dokumentation, die Orte. Jede Stelle hat eine bestimmte Nummer. Ich kann gucken, wo die war, ich weiß, wann das war. Das ist quasi mein Tagebuch. Bei jedem Dot weiß ich, wer dabei war, wie die Geschichte dahinter ist und wie ich das gemacht habe. Das geht dadurch nicht verloren. Wenn ich nur ein Foto machen würde, das ich z.B. vor fünf Jahren aufgenommen hätte, dann weiß man vielleicht irgendwann nicht mehr, wo es genau entstanden ist. Es wird alles perfekt dokumentiert, das passt irgendwie zu mir.
Ich finde an deinen Sachen die Platzierung herausragend… Ich habe das Gefühl, dass du dich total in die Sehgewohnheiten anderer Leute reinfühlen kannst. Ganz kleine Sachen platzierst du so, dass sie in der Geräuschkulisse der Stadt gut wahrnehmbar sind. Mein Kompliment, es sind immer super ästhetisch ausgewählte Orte!
Das kannst du als Betrachterin besser beurteilen. Ich denke mir das nicht aus, sondern ich gucke einfach und sehe die Stellen und mache die dann. Mein Endprodukt ist ja im Endeffekt das Foto und nicht der Dot an sich. Wenn die Dots hier rumliegen würden, wären sie nichts Besonderes. Es ist ja immer das Zusammenspiel zwischen der Stelle und den Dots. Ich probiere immer eine Stelle zu finden, die am Ende auch als Foto gut funktioniert… also gleich mit dem Kompositionsgedanken: dass man eine spannende Stelle findet, die gut präsent ist, wo nicht jeder rankommt. Früher habe ich angefangen auf Augenhöhe zu kleben, aber das hält dann natürlich nicht lange.
Weil sie mitgenommen werden?
Nee, eher weil die Leute auch mal reindrücken und sehen wollen, aus welchem Material die sind.
Welche Referenzen finden sich außer den Dots? Du machst Punkte, Quadrate, Rechtecke, Kugeln, Angry Birds, Game Boy, Panzerknacker usw. Woher kommen die Referenzen? Liest du gerne Comics? Sind es spezielle Hommagen an Helden deiner Kindheit?
Als Kind ist man ja mit Comics aufgewachsen, Zeichentrick und sowas. Disney, Donald Duck war präsent. Das Grundelement ist der Punkt. Ob rund oder quadratisch. Da gab es schon Beschwerden am Anfang von Internetmenschen, ein Quadrat wäre ja kein Dot, aber natürlich ist es ein Dot. Zoom in ein Foto rein. Was siehst du? Pixel! Welche Form haben Pixel? Quadratisch! Wie wird die Auflösung von Bildern definiert? In Dots per Inch (dpi). So, Problem gelöst. Dots sind für mich die Grundelemente und das Schöne ist, dass ich alles daraus machen kann. Ich kann einen Panzerknacker machen und einfach nur die Mütze färben und es passt weiter zu meiner Kunst. Ich mache alles, was mir so in den Kopf kommt, eben auch Figuren aus Comics und Zeichentricks, mit denen ich mal in Berührung gekommen bin.
Material
Aus welchem Material werden deine Dots gebastelt?
Es hat Jahre gedauert, um die perfekte Materialkombination zu finden. Man sieht das bei den Dots vom Anfang, da ist kaum noch etwas übrig. Geschuldet dem falschen Kleber und auch der Materialien, die durch das Wetter kaputt gehen. Mittlerweile ist es überwiegend Hartschaum, den ich mit Heißdraht schneide und mit Farbe besprühe. Und ansonsten… ich hatte glaube ich schon alles dabei. Sachen aus Holz, Sachen aus Beton gegossen, Schaumstoff, Gips, also da gibt‘s eigentlich keine Grenzen. Ich nehme auch manchmal Sachen von der Straße mit, die irgendwo herrenlos rumstehen und versuche alles zu verwerten. Auch Zuhause, wenn ich da Dinge sehe, die eigentlich im Müll landen würden, versuche ich sie noch zu benutzen. Wenn ich aus dem Hartschaum die Kreise schneide, bleibt zum Beispiel immer ein Dreieck von den Ecken übrig. Daraus mache ich dann kleine Würfel, damit möglichst wenig im Müll landet.
Aha! So erklären sich also die kleinen CMYK-Rechtecke
Ja, das sind eigentlich die Reste. Da habe ich dann doch zu sehr ein schlechtes Gewissen, die einfach in den Müll zu packen. Wenn z.B. irgendwo eine Palette rumsteht, nehme ich sie mit, male etwas drauf und stelle sie wieder irgendwo hin. Material umsonst ist auch nicht verkehrt.
Wie finanzierst du die ganzen Materialien?
Mit Geld und manchmal steht ja auch etwas gratis rum. Das ist halt Leidenschaft. Da muss man dann auch mal ein bisschen investieren. Der Hartschaum selbst ist gar nicht so teuer. Da zahlt man einen Fuffi pro Pack und daraus kann man schon viel machen. Aber allein die Klebe kostet so 6 € pro Kartusche, das geht gut ins Geld.
Verdienst du nennenswert über den Verkauf der Merchandising-Artikel auf deiner Website?
Alles was ich verdiene stecke ich direkt wieder in neue Sachen. Da bleibt nichts übrig für die Materialien, die ich für die Straße brauche. Das schönste an den Verkäufen, ist eher die Freude darüber, dass jemand bereit ist, für deine Kunst oder Klamotten Geld auszugeben, weil er Freude daran hat. Das Geld ist eher nebensächlich.
Mit welchem Kleber klebt‘s am besten?
Ein paar kleine Geheimnisse sollte man sich noch lassen. Da gibt es eh keinen allgemeingültigen Rat. Kommt immer auf den Untergrund und die Materialkombination an.
Wie kommst du eigentlich an deine Spots ran? Ich hab auf Instagram gesehen, dass du eine richtig schicke Klappleiter hast. Und eine abgefahrene Teleskopstange, ein bisschen wie der Brotschieber eines Bäckers. Wie machst du es, dass die Dots an der Stange halten und nicht auf dem Weg nach oben abstürzen?
Das ist natürlich auch ein kleines Geheimnis. Die Stange ist jedenfalls selbstgebastelt bzw. der Aufsatz. Patent ist angemeldet. Am Anfang war sehr viel Kletterei dabei um hoch zu arbeiten. Jetzt überwiegend mit einer 5 Meter-Leiter. 5 Meter ist schon eine ordentliche Höhe. Manchmal steht man da oben und merkt wie die Leiter verrutscht, da wird man wach. Aber die Stellen sind gut, da kommt keiner ran. Ist perfekt.
Lernt man jemals aus mit der Materialkunde?
Nee, definitiv nicht. Es geht immer weiter. Das ist auch das, was so einen Spaß daran macht, dass man sich immer verbessert. Jetzt habe ich einen Punkt erreicht, wo die Dots wirklich lange halten. Außer jemand popelt Sie ab. Und was in Zukunft noch kommt, da bin ich selbst gespannt drauf. Vielleicht entwickle ich noch eine andere Anbringungsmöglichkeit, oder sowas. Da lernt man nicht aus. Ich würde auch gerne mal in Richtung Skulptur gehen, Negativformen erstellen und dann daraus Kugeln gießen, oder sowas. Also da ist auf jeden Fall noch kein Ende in Sicht.
Hat der Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 für dich persönlich etwas verändert? Ich war damals hauptsächlich mit der Betreuung meiner Kinder beschäftigt und die paar Male, an denen ich mal in einem größeren Radius rausgekommen bin, hat sich an der schieren Menge an aufgetauchten Dots gezeigt, dass du vielleicht eher keine Kinder hast und die Zeit gut genutzt hast, und ohne Ende Dots verteilt hast?
Es hat sich bei mir nichts zum Negativen geändert. Im Gegenteil, ich habe noch mehr Zeit. Zeit ist für mich viel mehr wert als Geld. Ich konnte aktiver sein, es haben sich schöne Sachen ergeben. Ich glaube, weil Leute momentan die Dinge anders wahrnehmen. Da gab‘s dann zum Beispiel ein Interview mit der Morgenpost, die suchten nach anderen Themen, um nicht jeden Tag nur über Corona zu berichten. Wäre zu einer anderen Zeit vermutlich nicht passiert. Für mich war‘s eher positiv. Ich hatte mehr Zeit, die Straßen waren leerer. Man musste nur aufpassen, weil damals echt alle zwei Minuten die Streifen gefahren sind. Du hattest wirklich 2 Minuten Zeit zum Hochklettern, Rankleben und dann kam die nächste Streife. Das war eine fühlbare Veränderung. Ansonsten, ich war aktiv, hatte meinen Spaß, ich liebe es Zeit zu haben. Also mich hat‘s aktiver gemacht und fröhlicher, muss ich sagen. Mir hat es gutgetan. In Hinblick auf mich und meine Selbstverwirklichung war es sehr positiv. Ich muss auch sagen, auch wenn kein Lockdown ist, habe ich viel Zeit, um meine Sachen zu machen. Also ich bin da glücklicherweise nicht so hart eingeschränkt wie andere mit „nine to five„-Jobs. Aktiv sein kann ich immer.
Kontext: Kunst draußen machen
Macht‘s für dich von der Machart und der Wirkung einen Unterschied, ob du deine Dots z.B. auf dem Land oder in der Stadt kleben gehst?
Da bin ich nicht festgelegt. Ich find‘s geil, wenn die Dots auch an Stellen sind, wo sie erstmal niemand erwartet bzw. generell keine Streetart erwartet wird. Zum Beispiel war ich auf Kanutour und habe kleine Dots an einen Holzbalken mitten im Wasser geklebt, macht erstmal keinen Sinn, aber es ist einfach ein geiles Foto. Das Schilf dahinter und die Dots in der Mitte. Ich probiere überall etwas zu hinterlassen, egal wo ich bin. In der Stadt ist es gut, weil es mehr Leute sehen. Das ist für die Bekanntheit vielleicht ganz interessant, aber andere weniger besuchte Orte mache ich auch gerne.
Du hast gesagt, dass du gerne spazieren gehst. Läufst du dann schon vorbereitet mit deinen Dots durch die Gegend? Oder bereitest du die für einzelne Orte vor?
Meine Vorgehensweise ist wirklich rumlaufen, suchen und dann machen, mit dem was ich dabeihabe. Ich habe ja auch zum Beispiel ein paar Arbeiten mit Styro zusammen gemacht und habe eine ganz andere Arbeitsweise kennen gelernt. Er sucht sich erst die Stelle aus und baut dafür seine Installationen. Ich laufe oder fahre eher rum und suche mir dann die Stellen. Bei mir ist das alles spontan. Meistens überlege ich mir die Gegend vorher, in die ich will. „Am Hackeschen Markt war ich noch nie, also mache ich da jetzt eine Tour hin.“ Auto voll und hin.
Wenn du zu Fuß losgehst, wie viele Dots hast du dann dabei? Soviele du tragen kannst?
Hängt ein bisschen davon ab. Ein Kumpel hat mir eine geile Riesenplastiktüte geschenkt, die stopf ich immer voll und dann geht‘s los. Und wenn sie leer ist, gehe ich zurück zum Auto und hole mehr.
Bist du also in Dauerproduktion?
Ja, ich habe immer einen gut gefüllten Vorrat.
Habe in einem Instagram-Kommentar gelesen, dass da die Kritik geäußert wurde, dass es immer die gleichen Kieze seien. Ich selbst habe rund ums Schlesische Tor, am Hackeschen Markt, auf der Weserstraße, wo viele Leute und auch Touristen unterwegs sind, viele deiner Dots gesehen. Bei näherer Betrachtung habe ich aber auch festgestellt, dass du auch wirklich an abwegigen und wenig belebten Orten kleben warst. Selbst im Vorbeifahren auf der Stadtautobahn, oder in Industrievierteln. Suchst du dir die Touri-Orte aus? Gehst du immer in die gleichen Kieze, damit die Präsenz da hoch ist? Du hast ja vorhin auch gesagt, dass du oft an Orte gehst, an denen du noch nie warst.
Witzig, das hat sich wirklich bei mir eingebrannt, weil das fast der einzige ansatzweise negative Kommentar ist. Weiß gar nicht, ob er das böse gemeint hat. Klar gehe ich zur Revaler Str. oder Oberbaumbrücke. Da sind halt viele Leute und vor allem auch die Leute, die sich dafür interessieren. Dann gebe ich ihnen auch ein bisschen Futter. Ganz klar. Aber es ist auch nur ein kleiner Teil meiner Arbeit. Ich bin ja auch in Straßen unterwegs, wo wahrscheinlich nie einer langgeht, einfach weil ich da Bock drauf hab. Wenn dann so ein Kommentar kommt, von jemandem der irgendwie seit zwei Wochen meine Arbeit verfolgt, soll er einfach mal auf meine Karte gucken. Da sieht man eigentlich ziemlich deutlich, dass ich eben nicht immer im gleichen Kiez unterwegs bin. Klar muss man dahin gehen wo Streetart eher erwartet wird, wenn man möchte das es viele Leute sehen. Also ich gehe jetzt nicht nach Spandau und klebe da die meisten Dots. Ich bin da selber nicht, und vermutlich auch nicht der Großteil der Leute der sich für Streetart interessiert.
Instagram macht schon Spaß und als Künstler ist das eine Supersache. Darüber haben sich auch viele Sachen ergeben. Ehrlich gesagt kenne ich das nicht von früher. Dass Leute so offen und nett sind und auch Bock haben, Sachen zusammen zu machen. Im Graffiti war das irgendwie anders. Für mich als Künstler ist Instagram echt super.
Dokumentation ist dir wichtig. Geht es auch darum, dass man deine Kunst im Nachhinein noch anschauen kann, selbst wenn sie nicht mehr da ist?
Die Dokumentation meiner Arbeiten mache ich ehrlich gesagt wirklich eher für mich. Ich habe da einfach extrem Spaß dran. Klar ist es auch von Vorteil, dass meine Arbeiten auch von Leuten online gesehen werden können, in deren Städten ich noch nicht war.
Mission
Auf deinem Instagram-Account und deiner Website hast du dir ehrgeizige Ziele gesetzt (1000 Dots, 100 Städte, 10 Länder). Hast du dir die Mission selbst auferlegt? Was hat es mit dieser Mission auf sich?
Ich glaube es ist spannender, etwas zu machen, wenn man irgendwie ein Ziel hat. Das pusht einen ein bisschen. Es ist halt auch eine langfristige Herausforderung, die nicht mal eben in drei Wochen gemacht ist. Das hat sich jetzt schon über fünf Jahre gezogen und da ich gerade leider nicht reisen kann, ist auch kein Ende in Sicht. 20 Städte fehlen ja noch… das ist ja jetzt gerade nicht so leicht zu machen unter Coronabedingungen. Das war einfach eine witzige Idee, um mich ein bisschen anzuspornen.
Hast du dir die Mission gleich schon 2016, am Anfang von CMYK-Dots, gegeben?
Gute Frage. Ja ich glaube schon. Ich habe gleich von Anfang an durchnummeriert und so. Das hat so einen leichten Rollenspielcharakter. Sich eine kleine Mission aufbauen und gucken, wie weit man kommt. Dran arbeiten und besser werden.
Spielst du gerne Rollenspiel?
Ich spiele eigentlich gar nicht, bin einfach kein Zocker.
Was ist, wenn du die tausend Dots geklebt hast?
Das werde ich in letzter Zeit oft gefragt.
Es fehlen ja nur noch 35, Stand März 2021…
Dann ist noch die Mission für die Städte offen. Die ziehen sich bestimmt noch ein bisschen. Ich denke mal dann kommt Level 2. Wie das aussieht, weiß ich noch nicht. Habe ich schon ein bisschen drüber nachgedacht mit Freunden, was das sein könnte. Aber es wird auf jeden Fall nicht vorbei sein. Ganz sicher nicht.
Magst du noch eine Anekdote erzählen? Was der spannendste, schwierigste, gefährlichste Spot war? Oder was anderes?
Spaßig sind irgendwie alle. Schwierig… weiß ich nicht. Gefährlichste… sind wahrscheinlich die, wo man sich einarmig irgendwo runterhängt, über Gleise oder ähnliches und man da so ein bisschen rumbaumelt. Aber es ist ja alles noch im Rahmen. Für eine Anekdote, müsste ich jetzt erstmal länger nachdenken. Es gab jetzt nicht so das eine Erlebnis, wo ich dachte, unglaublich.
Was immer wieder lustig ist, ist wenn du gerade was klebst und hinter dir jemand sagt, „CMYK-Dots“. Wenn du dabei quasi von Leuten die deine Kunst kennen „erwischt“ wirst. Das sind die besten Momente, wenn man merkt, dass man den Leuten, mit der Sache, die einem selbst am meisten Spaß macht, auch eine Freude bereitet.
Was in letzter Zeit ein paar Mal vorgekommen ist, dass Leute rausfinden, dass du dahintersteckst und sich extrem freuen dich kennen zu lernen. Das ist ein richtig schönes Gefühl. Ich habe ja auch Künstler, die ich unglaublich feiere und mich darüber freuen würde sie kennen zu lernen. Ich komme aus der Generation, wo man noch nicht das Internet hatte und jeden Typ gleich anschreibt. Bei mir ist noch ein gesunder Respekt vorhanden. Zum Beispiel habe ich heute Morgen drei Fotos und ein Video bekommen, wo eine Freundin von mir mit ihrem Sohn durch den Baumschulenweg läuft, weil ich da letztes Wochenende zusammen mit ihr eine Tour gemacht habe. Weil er die Dots so cool findet. Und dann sind die gestern wie an Ostern zusammen rumgelaufen und haben sie gesucht. Jetzt hat sie Fotos geschickt, wo er davorsteht und stolz drauf zeigt. Der ist fünf oder sechs. Das ist schon echt witzig, dass auch kleine Kinder Spaß daran haben meine Dots zu suchen.
Kollaborationen mit anderen Künstler*innen
Mit wem hast du Collabos gemacht? Auf deinem Instagram-Account habe ich ein paar gute Videos gesehen, die echt Spaß machen, anzugucken. Du hast Kamera und Schnitt gemacht?
Ich habe mit Señor Schnu, Styro und benchingBerlin zusammengearbeitet und auch Videos gemacht. Schnitt mach ich auch, genau. Ansonsten sind noch einige andere Namen dabei mit denen ich zusammengearbeitet habe und über die Ergebnisse ich mich sehr freue.
Ich beobachte das Aufkommen von Streetart nun seit einigen Jahren und hatte das Gefühl, dass der Spaßfaktor zwischendurch etwas abhanden gekommen war. Bei deinen Sachen habe ich das Gefühl, dass du voll diesen Anfangsspirit, wie ich das im Friedrichshain erlebt habe, wo einfach Freunde durch die Gegend gezogen sind und Quatsch gemacht haben und der Spaßfaktor so zentral war. He, wir haben letzte Nacht mehr gemacht als ihr… auf einer Spaßebene. Bei dir und deinen Sachen, da habe ich das Gefühl, dass du diese Spaßebene total auslebst.
Auf jeden Fall, ja. Auch das immer größer werdende positive Feedback, spornt mich an. Ich würde das auch weitermachen, wenn es dieses Feedback nicht gäbe, weil es mich selber extrem glücklich macht meine Fotos durchzugucken und sich an die Aktionen zu erinnern. Das Lustige ist, dass ich mich vorher nie als Künstler gesehen habe, obwohl ich schon seit Ewigkeiten Kunst mache. Ich habe halt immer mein Ding gemacht und mich nie einer Szene zugehörig gefühlt. Erst jetzt kommt es immer öfter dazu, dass ich auch mit anderen Künstlern zusammenarbeite und mich selber anders wahrnehme. Jetzt wird mir erst klar, dass ich mittlerweile irgendwie Teil des Ganzen bin und das fühlt sich ganz gut an.
Website von CMYK Dots
Instagram-Account von CMYK-Dots
Vielen Dank für das Interview und die Geduld bis zur Veröffentlichung!