vonDetlef Georgia Schulze 13.09.2024

Theorie als Praxis

Hier bloggt Detlef Georgia Schulze über theoretische Aspekte des Politischen.

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Die zuständige Hamburger Gerichtspressesprecherin hat mir heute mittag mitgeteilt: „ergänzend zu meiner Email vom 10.09. kann ich Ihnen heute mitteilen, dass beide Angeklagten Revision eingelegt haben.“

Die sich daraus ergeben Vermutung, daß die Staatsanwaltschaft dagegen nicht Revision eingelegt, hat mir die Staatsanwaltschaft heute nachmittag bestätigt: „die Staatsanwaltschaft hat keine Revision eingelegt.“

Außerdem hatte ich bereits am Donnerstag der vergangenen Woche gefragt:

„kam es eigentlich – im Nachgang zu den beiden Einstellungen gegen Auflagen am Anfang des jetzigen Verfahrens – zu weiteren Einstellungsangeboten der StA?
Falls ja:
+ Zu gleichen oder abweichenden Bedingungen? Zu welchen Bedingungen genau?
+ Wieviel Einstellungsangebote gab es? Wievielen Angeklagten im Rondenbarg-Komplex wurden keine Einstellungsangebote gemacht?
+ Wieviel Einstellungsangebote wurden angenommen?
Außerdem:
+ Gegen wieviel Angeklagte im Rondenbarg-Komplex stehen Verfahren noch aus?
+ Auf wieviele Verfahren verteilen sich die weiteren Anklagen?
+ Sind die weiteren Verfahren schon terminiert? Falls ja: Auf wann? Fallen sie in die Zuständigkeit derselben oder anderer LG-Kammern?
+ Sind unter den restlichen Angeklagten welche, denen die StA eigenhändige Gewalttätigkeiten vorwirft?
+ Hält die StA in Bezug auf die weiteren Anklagen an dem Vorwurf der (arbeitsteiligen) MittäterInnenschaft in Bezug auf die Gewalttätigkeiten fest? Oder wurden die Anklagen / Eröffnungsbeschlüsse aufgrund des Verlaufs des jetzigen Verfahrens eingeschränkt?
+ Gibt es in dem Rondenbarg-Komplex Anklagen, zu denen noch keine Eröffnungsbeschlüsse ergingen, und Ermittlungsverfahren, zu denen noch keine Anklagen oder Einstellungen erfolgten? – Falls ja: Jeweils wieviele? – Wie sieht es mit der Verjährungsfrist in Bezug auf etwaig noch offenen Verfahren aus?“

(Die genaue Berechnung von Verjährungsfristen hängt von Umständen ab, die nicht notwendig öffentlich bekannt sind, da Verjährungsfristen durch verschiedene Ereignisse/Handlungen unterbrochen und dann von vorn in Gang gesetzt werden können.)

Dazu hatte mir die Staatsanwaltschaft bereits am Samstag geantwortet:

„‚Einstellungsangebote‘ der Staatsanwaltschaft hat es im Nachgang zu den genannten Verfahrenseinstellungen im Rondenbarg-Komplex nicht gegeben.
Offene Ermittlungsverfahren werden bei der Staatsanwaltschaft im Rondenbarg-Komplex nach hiesiger Kenntnis nicht mehr geführt.
Eine hohe einstellige Anzahl angeklagter Verfahren im Rondenbarg-Komplex ist noch bei Gericht anhängig, in einigen wurde das Hauptverfahren bereits eröffnet, in einigen stehen noch Entscheidungen über die Eröffnung aus. Eine Terminierung der eröffneten Verfahren ist hier bislang noch nicht bekannt geworden.
Weitergehende Auskünfte vermag ich zu den im Zwischen- bzw. im Hauptverfahren befindlichen Vorgängen nicht zu erteilen.“

Heute folgte auch eine Antwort auf meine Nachfrage:

„Ich schlußfolgere aus Ihren Anführungszeichen um ‚Einstellungsangebote‘, daß Sie sich an dem Terminus stören. – Hätten Sie etwas anderes geantwortet, wenn ich nach Gesprächen, Verhandlungen oder ähnlichem über weiteren Einstellungen gegen Auflagen gefragt hätte?“

Die staatsanwaltschaftliche Antwort lautet:

„Ich störe mich nicht an dem Begriff. Es hat – wie gesagt – keine Einstellungsangebote der Staatsanwaltschaft gegeben. Weitergehende Auskünfte zu noch gerichtshängigen Verfahren kann ich nicht erteilen.“

Die Antwort der Gerichts-Pressestelle auf meine Fragen vom 5.9. (Donnerstag der vergangenen Woche) benötigt mehr Zeit.


Im Schweizer untergrundblättle erscheint zur Zeit eine fünfteilige Serie von mir zum Rondenbarg-Urteil. Bisher sind (am Dienstag) Teil A. und (heute) Teil B. erschienen.

Gliederung der Serie:

Teil A.: Einleitung

Teil B.: Die Tatbestandsmerkmale des gewalttätigen Landfriedensbruchs

  • (1.) „Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen“
    • Gehwegplatten zerkloppen und eventuelle weitere Gewalttätigkeiten
    • Fahrplanhalter und ÖPNV-Wartehäuschen
    • Schleswig-Holsteinische Polizeikräfte
    • Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit Blumberg
    • Kommt es überhaupt darauf an, um wieviel gewalttätige Situationen es sich handelte?
  • (2.) „aus einer Menschenmenge“ / (4.) „mit vereinten Kräften“
  • (3.) „in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise“
  • (5.) „Täter oder Teilnehmer“

Teil C.: Die Tatbestandsmerkmale des bedrohenden und des aufwieglerischen Landfriedensbruchs

  • Die Tatbestandsmerkmale des bedrohenden Landfriedensbruchs
    • (2.) „aus einer Menschenmenge“
    • (3.) „in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise“
    • (4.) „mit vereinten Kräften“
    • (5.) „Täter oder Teilnehmer“ der (1.) „Bedrohung
  • Die Tatbestandsmerkmale des aufwieglerischen Landfriedensbruchs
    • (1.a) „Menschenmenge“
    • (2.) Einwirkung auf die Menschenmenge
    • (3.) „Gewalttätigkeiten“ oder „Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit“
    • (1.b) aus dieser „Menschenmenge“ heraus
    • (4.) „in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise“
    • (5.) „mit vereinten Kräften“

Teil D.: Der Preis des Anglerhutes und wie noch versucht werden könnte, eine Begleichung der Rechnung zu vermeiden

  • Der Preis des Anglerhuts
  • Wie‘s weitergehen kann…
    • Revisions-Einlegung und schriftliche Urteilsbegründung
    • Mögliche Revisionsgründe
      • Nahm die Demo – wie das Landgericht meint – einen „von Anfang an gebilligten“ unfriedlich Verlauf?
      • Geschah bei der Demo tatsächlich – wie das Landgericht meint – „das, was die Angeklagten vorhersahen und billigten“?
      • Bestand überhaupt Gelegenheit, sich vom Acker zu machen oder ging alles so schnell, dass auch die Unschuldslämmer, die weg gewollt hätten, nicht mehr konnten?
      • Das Konzept der psychischen (genauer: voluntativen) Beihilfe
      • Wieviel mehr als bloße Anwesenheit bei einer gewalttätigen Demo ist für eine Verurteilung wegen Landfriedensbruch nötig?
        • Keine Versammlungszerschlagung (und folglich auch keine Entfernungspflicht) ohne vorherige Versammlungsauflösung
        • Argument aus dem aufgehobenen § 125 Absatz 2 BRD-StGB 1985 – 1989
          • Ausgangspunkt: Das, was von 1985 bis 1989 als Landfriedensbruch light strafbar war, ist heute nur als Vermummung strafbar
          • Probleme bei der Übertragung des Arguments auf den vom Landgericht Hamburg als bewiesen angesehenen Rondenbarg-Sachverhalt

Teil E.: Geht es vor Gericht wirklich nicht darum, ob ‚es‘ politisch richtig war, sondern darum, ob ‚es‘ legal war?

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