vonDetlef Georgia Schulze 12.06.2024

Theorie als Praxis

Hier bloggt Detlef Georgia Schulze über theoretische Aspekte des Politischen.

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In Teil I hieß es:

„Eine konsequent liberale Position würde […] strikt zwischen Handlungen, die recht weitgehend staatlicher Regulierung unterliegen dürfen, und Äußerungen, die nur zum Zwecke des Jugend- und Ehrenschutz staatlich reguliert werden dürfen, unterscheiden:
‚Der ›Wert‹ einer Meinung, eines Kunstwerks, einer politischen Aktivität etc. ist prinzipiell nicht vom Staat, und das heißt eben auch nicht von einem Gericht nachzuwiegen‘. Diese Postulat umzusetzen hieße, Interessengegensätze ‚nicht durch staatlich inszenierte ›Abwägung‹ aufzuheben, sondern [sie …] ohne inhaltliche Bewertung innerhalb bestimmter formaler Grenzen sich abarbeiten zu lassen‘.
(Friedhelm Hase / Karl-Heinz Ladeur / Helmut Ridder, Nochmals: Reformalisierung des Rechtsstaats als Demokratiepostulat?, in: Juristische Schulung 1981, 794 – 798 [796 li Sp. unten, 796li. Sp. oben])

Unter diesem Gesichtspunkt weist das Urteil im Karlsruher Radio Dreyeckland-Prozeß zwei gravierenden Fehler auf (außerdem gibt es einen dritten Fehler; dazu später):
1. Das Landgericht beteiligt sich an der staatsanwaltschaftlichen und oberlandesgerichtlichen Verwischung des Unterschiedes zwischen Unterstützung für einen Verein einerseits und Werbung für einen Verein andererseits.
2. Das Landgericht unterläßt es, zu untersuchen, ob Gesetze, die Äußerungen regulieren, ‚allgemeine‘ Gesetze im Sinne des Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz sind. Dies ist deshalb wichtig, weil es im Radio Dreyeckland-Prozeß weder um Jugend- noch um Ehrenschutz ging und Artikel 5 Absatz 1 und 2 Grundgesetz folgendermaßen lauten:
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […]. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. […].
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.‘

Gesetze, die nicht dem Jugend- oder Ehrenschutz dienen, müssen also ‚allgemeine‘ Gesetze sein, wenn sie verfassungsgemäße Schranken der Rechte aus Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz darstellen sollen.“

Um Punkt 1. (Unterschied zwischen „Werbung“ und „Unterstützung“) ging es in Teil I.; um Punkt 2. (den Begriff der „allgemeinen Gesetze“) ging es in Teil II. – Kommen wir daher nun also zu dem dritten Kritikpunkt.

Der Vorsitzende Richter der Landgerichtskammer ging am Donnerstag – angesichts dessen, daß die Kammer die Verwirklichung der in Betracht kommenden objektiven Tatbestände verneinte – mit angemessener Kürze auf die Frage des subjektiven Tatbestandes (insb. Vorsatzes) ein.

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Das, was er dazu sagte (wenn es auf den Vorsatz angekommen wäre, hätte bedingter Vorsatz ausgereicht), war aber problematisch, denn die Kammer hat eine bzw. zwei relevante Entscheidung(en) des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Vorsatz-Frage entweder übersehen und hält sie – aus nicht genannten Gründen – für unzutreffend. Der BGH hatte am 20.02.1990 zum Aktenzeichen 3 StR 278/89 in der Entscheidung zu Michael Klöckner und Benny Härlin wegen deren Involvierung in die Strukturen zu Herstellung und Vertrieb der Zeitschrift radikal entschieden:

„Den Urteilsgründen [des Kammergerichts Berlin] ist nicht zu entnehmen, ob das Kammergericht bei seiner Wertung, die Angeklagten hätten durch den unkommentierten Abdruck von Tatbekenntnissen für die terroristische Vereinigung ‚Revolutionäre Zellen‘ geworben, bedacht hat, daß insoweit bedingter Vorsatz nicht ausreicht (BGH NStZ 1987, 552, 553). Das tatbestandliche Werben durch die Verbreitung von Texten bedarf einer einschränkenden Auslegung (BGHSt 33, 16 [BGH 25.07.1984 – 3 StR 62/84]1). Das subjektive Tatbestandselement des Werbens für eine terroristische Vereinigung würde entfallen, wenn die Angeklagten die mit den Veröffentlichungen notwendig verbundene Werbewirkung lediglich billigend in Kauf genommen hätten, ohne hierdurch die Unterstützung der terroristischen Vereinigung gezielt mit den Mitteln der Propaganda zu bezwecken. Diese – vom Kammergericht unterlassene – Prüfung drängte sich auf, weil Anhaltspunkte dafür fehlen, daß die Angeklagten, von ihrer Mitwirkung bei der Herstellung und dem Vertrieb von ‚Radikal‘ abgesehen, einer terroristischen Vereinigung nahestanden.“
(https://research.wolterskluwer-online.de/document/d070abba-15a1-49e4-a789-3a22439c9f63, Textziffer 20)

In der ersten der beiden älteren – in dem zitierten BGH-Urteil angeführten – Entscheidungen hieß es wiederum:

„der Begriff des Werbens [setzt] als subjektives Element voraus, daß der Täter selbst – propagandistisch – auf eine Unterstützung der Vereinigung hinzielt. Bedingter Vorsatz genügt – entgegen der Anklage – dazu nicht. Mit bedingtem Vorsatz kann sich lediglich ein Gehilfe (vgl. BGHSt 29, 258 [263] = NWJ 1981, 612) an gezielter Werbung eines anderen Täters beteiligen.“
(BGH, Beschluß vom vom 24.08.1987 zum Aktenzeichen StB 20/87; veröffentlicht in: NStZ 1987, 552 – 553 [553] = NJW 1988, 1679] = BGHR StGB § 129a Abs. 3 Werben 1)

Wir können vielleicht ergänzen: Daß eigene Äußerungen oder Handlungen andere beeinflussen, kann durchaus unabsichtlich passieren; „werben“ ist dagegen – jedenfalls, wenn die werbende Person nicht gerade als bezahltes Werbemaskottchen tätig ist – etwas, was mit eigener Überzeugung geschieht; es wird (durch Einstehen mit der eigenen Person) versucht, andere Personen, für eine auch selbst geteilte Überzeugung zu gewinnen.

Zu beachten ist: Diese Entscheidungen betrafen den § 129a StGB über Terroristische Vereinigungen; dieser enthielt damals noch den allgemeinen (noch nicht – wie heute – auf Werbung um Mitglieder und UnterstützerInnen beschränkten) Werbungs-Tatbestand. Es wurde von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, dem Oberlandesgericht Stuttgart und auch vom Landgericht Karlsruhe kein Argument dargelegt, warum, und es ist auch ansonsten kein Argument dafür ersichtlich, daß die zitierte BGH-Rechtsprechung nicht auf § 85 StGB übertragbar sein sollte, wenn dieser so interpretiert wird, als sei der allgemeinen Werbungs-Tatbestand dort noch vorhanden und Werbungs- und Unterstützungs-Begriff dürften vermengt werden.

Resümee

Kommen wir nun – am Beginn des Resümees – noch einmal auf den Unterschied zwischen „Werbung“ und „Unterstützung“ zurück:

Gegen meine – in Teil I dargelegte – Auffassung, daß im Fall „Kienert“ maximal – straflose – Sympathiewerbung in Betracht komme, könnte eingewandt werden,

  • daß Verlinkungen die Verbreitung der verlinkten Texte darstellten und das linksunten-Archiv ein Propagandamittel des verbotenen Vereins seiund
  • Propagandamittelverbreitung mehr als Sympathiewerbung sei und durchaus als handgreifliche Unterstützung verstanden werden könne (in dem Beschluß des Oberlandesgerichts [OLG] Stuttgart aus dem verganenen Jahr, das strafrechtliche Hauptverfahren gegen den RDL-Journalisten Fabian Kienert zu eröffnen, machte das OLG Andeutungen in diese Richtung; siehe dazu etwas weiter unten).

Diese Überlegungen gegen meine These zu stellen, daß § 85 Absatz 2 Variante 3 („unterstützt“) StGB von vornherein für den Fall „Kienert“ nicht relevant sei, würde allerdings außer Acht lassen, daß die Konseqenz aus den dargestellten Erwägungen nicht wäre, daß § 85 Absatz 2 Variante („unterstützt“) neben § 86 StGB (Propagandamittel-Verbreitung) angewandt werden könnte, sondern letztere Norm die speziellere – also vorrangige – Norm wäre.

Das OLG Stuttgart akzeptierte im vergangenen Jahr ausdrücklich, daß das sog. Sympathiewerbung straflos ist – eröffnete das strafrechtliche Hauptverfahren gegen Kienert aber trotzdem:

„Insgesamt überwiegen damit die Argumente, den Artikel des Angeklagten nicht als straflose (Sympathie-)Werbung für die verbotene Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu etwa BGH, Beschluss vom 19.07.2012, 3 StR 218/12, StV 2013, 303ff), sondern als Verbreitung des Gedankenguts der Vereinigung.“
(Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluß vom 12.06.2023 zum Aktenzeichen 2 Ws 2/23, Textziffer 66; Hv. hinzugefügt)

„Es besteht auch hinreichender Tatverdacht, dass der Angeklagte mit dem in seinem Artikel bei verständiger Würdigung zu sehenden Werbeappell für die Tätigkeit der verbotenen Vereinigung gem. § 85 Abs. 2 StGB die weitere Betätigung der Vereinigung willentlich unterstützt hat.“
(ebd., Textziffer 62; Hv. hinzugefügt)

„Die Grenze zur Strafbarkeit bei der Wiedergabe fremder Texte ist aber überschritten, wenn die Information der Öffentlichkeit über Propagandatexte verbotener Vereinigungen nur ein Vorwand ist, um in Wahrheit die mit den Texten angestrebte propagandistische Wirkung für die dem Verbot unterliegende Vereinigung zu erzielen (BGH, Urteil v. 09.04.1997, 3 StR 387/96).“
(ebd., Textziffer 62; Hv. hinzugefügt)

Die These des OLG scheint also gewesen zu sein: Werden fremde Propagandatexte (wohl = Propagandamittel i.S.d. § 86 StGB) von Dritten mit eigener (= der Dritten) werbender Tendenz verbreitet (wohl ≈ ‚wiedergegeben‘3), dann handele es sich um Unterstützung der Organisation, von der die Propagandatexte herrühren – und diese sei strafbar, sofern die Organisation verboten ist.

Gegen die These des OLG aus dem vergangenen Jahr lassen sich mehrere Argumente vorbringen; nennen wir zunächst die, die auch der Vorsitzende der Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe am Donnerstag vorbrachte:

  • Es ließ sich weder beweisen, daß der 2017 verbotene angebliche „Verein ‚linksunten.indymedia‘“ auch 2020 bei Veröffentlichung des linksunten-Archivs (also des in Rede stehenden Propagandamittels), noch erst recht 2022 bei Veröffentlichung von Kienerts Artikel noch existierte. Ohne Fortbestand des Vereins, aber auch keine Möglichkeit der Unterstützung des Vereins (wie auch das OLG Stuttgart im vergangenen Jahr anerkannte4).
  • Ohne Beweis des Fortbestandes verbotenen „Vereins“ kann es aber auch keinen Beweis geben, daß das Propagandamittel „Archiv“ ein solches des verbotenen „Vereins“ (und nicht vielmehr von Dritten, die das Archiv vielleicht veröffentlicht und bevorwortet haben) ist.
  • Schließlich ist die werbende Tendenz von Kienerts Artikel zu bestreiten. Kienerts Artikel sei zwar verbotskritisch, aber im übrigen deskriptiv. Und von der Ablehnung eines Verbots könne nicht zwangsläufig auf eine Befürwortung des Verbotenen geschlossen werden.5

So weit so richtig; allerdings ist grundlegender noch – schon gegen den rechtlichen Ausgangspunkt des OLG (den das Landgericht anscheinend teilt) – einzuwenden:

Wenn Propagandamittel-Verbreitung (mit werbender Tendenz) ein Unterfall von Unterstützung ist, dann ist die Norm über Propagandamittel-Verbreitung (also § 86 StGB) im Vergleich mit § 85 Absatz 2 Variante 3 („unterstützt“) StGB die speziellere Norm. Speziellere Normen haben aber Vorrang vor allgemeineren Normen: lex specialis derogat legi generali / das speziellere Gesetz verdrängt die allgemeineren.

Dies ist wichtig wegen zweier Einschränkungen in § 86 StGB, die in § 85 StGB kein (Absatz 3) bzw. kein unmittelbares (Absatz 4) Äquivalent haben:

„(3) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. […].
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“

Zu Absatz 3 ist anzumerken: Es müssen also nicht nur die Zwecke und/oder die Tätigkeit der Vereinigung, von der das jeweilige Propagandamittel herrührt, den Strafgesetzen zuwiderlaufen und/oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung und/oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sein (anderenfalls hätte die Vereinigung gar nicht erst verboten werden dürfen), sondern es muß darüber hinaus auch noch die konkret in Rede stehende Publikation „gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet“ sein.

Diese beiden Einschränkungen sind – außer wegen ihrer selbst – unter dem uns interessierenden Gesichtspunkt deshalb wichtig, weil es 1968 bei Verabschiedung des reformierten Politischen Strafrechts in den Gesetzgebungsmaterialien hieß:

„Einigkeit bestand unter den Ausschußmitgliedern darüber, daß auf die §§ 84, 85 StGB i. d. AF [= Ausschußfassung (im Unterschied zum vorhergehenden Regierungsentwurf)] und § 20 Vereinsgesetz nicht zurückgegriffen werden darf, wenn dies auf eine Umgehung der in § 86 StGB i. d. AF beschlossenen Einschränkungen hinauslaufen würde.“
(Bundestags-Drucksache V/2860; https://dserver.bundestag.de/btd/05/028/0502860.pdf, S. 9)6

Würde § 85 StGB neben § 86 StGB angewandt, dann würde also genau das gemacht, was die Gesetzgebungsorgane 1968 ausschließen wollten.

Zusätzlich kann auch noch ein logisches Argument vorgebracht werden:

  • Wenn angenommen würde, im Rahmen von § 85 StGB können auch solche Propagandamittel-Verbreitungen durch Nicht-Mitglieder der Vereinigung (als Unterstützung) bestraft werden, die im Rahmen von § 86 StGB – wegen der dortigen Absätze 3 und/oder 4 StGB – nicht bestraft werden dürfen,
  • wenn also im Rahmen von § 85 StGB auch leichtere Fälle von Propagandamittel-Verbreitung, die im Rahmen von § 86 StGB gerade nicht bestraft werden dürfen, erfaßt werden,

dann wäre logisch,

  • für Unterstützung (durch leichte Fälle von Propagandamittel-Verbreitung) im Rahmen von § 85 StGB einen niedrigeren Strafrahmen als in § 86 StGB festzulegen. Das ist aber nicht der Fall. Auch das spricht also gegen die Annahme, § 85 StGB würde für Fälle der Propagandamittel-Verbreitung nicht durch § 86 StGB verdrängt.

Der Bundesgerichtshof meinte 1975, sich darüber hinwegsetzen zu dürfen:

„Dieser Hinweis [auf die die gerade zitierte Drucksache] geht ersichtlich auf eine Erörterung im Sonderausschuß zurück, die im Hinblick auf eine möglicherweise zu weite Auslegung des § 84 StGB unter dem Blickwinkel eines Spezialitätsverhältnisses des § 86 zu § 84 StGB geführt wurde. Die Frage ist aber letztlich offengeblieben, und zwar nicht zuletzt unter dem Eindruck der Erwägung, die Bedenken gegen eine früher ausdehnende Auslegung des § 90a StGB a.F., den § 84 StGB n.F. ersetzt hat, seien durch dessen viel engere Fassung weitgehend ausgeschaltet (vgl. Sonderausschuß für die Strafrechtsreform, 5. Wahlperiode, Protokoll der 84. Sitzung, S. 1672).“
(BGH, Urteil vom 17.12.1975 zum Aktenzeichen 3 StR 4/71 I; https://research.wolterskluwer-online.de/document/8054a460-efed-411b-aa31-e12b4230f1db, Textziffer 12)

Gegen die BGH-Auffassung spricht aber, daß die von mir zitierte Bundestags-Drucksache die vom Ausschuß beschlossene (und anschließend vom Bundestags-Plenums verabschiedete) Fassung nebst Begründung enthält.

Die 84. Sitzung, auf die sich der BGH beruft, dürfte dagegen sicherlich irgendeine frühere Sitzung des Ausschusses (vor Verabschiedung der endgültigen Fassung) gewesen sein. Jedenfalls kritisiert auch Bernd-Rüdeger Sonnen (allerdings ohne auf das Protokoll der 84. Sitzung, S. 1672 einzugehen):

„Entgegen der Auffassung des BGH ist die angesprochene Frage […] nicht offengeblieben, sondern in den Beratungen des Sonderausschusses offensichtlich endgültig behandelt worden. Die vom BGH zitierten Protokollnotizen (Protokoll der 62. Sitzung, S. 1175, 1179 und der 63. Sitzung, S. 1201 f.) sind durch die nachfolgenden Erörterungen überholt.“
(Sonnen, in: Reihe Alternativkommentare. Kommentar zum Strafgesetzbuch. Band 3, Luchterhand: Neuwied/Darnstadt, 1986, § 84, Randnummer 39)

Selbst wenn wir die BGH-Auffassung – for the sake of argument – als zutreffend unterstellen, so bleiben trotzdem zwei wichtige Unterschiede zwischen dem 1975er KPD-Fall und dem jetzigen Radio-Dreyeckland-Fall:

Vorbemerkung: Das eigentliche Strafverfahren war in dem KPD-Fall – wegen einer Amnestie des Politischen Strafrechts7 aus Anlaß der Strafrechtsreform von 1968 – eh eingestellt worden; es ging daher vor dem BGH nur noch um die sog. Einziehung8 der Broschüre mit dem Text des Programmentwurfes. (Die Einziehung war von der Amnestie nicht erfaßt.)

  • Die Straftaten, die die Einziehung nach Ansicht des BGH rechtfertigten, waren:
    • Die Bezahlung des Drucks der Broschüre mit dem Programm-Entwurf der KPD durch den Beteiligen A. des Einziehungsverfahrens, die nach Ansicht des BGH – wäre es nicht zur Amnestie gekommen – als mitgliedschaftliche Betätigung in der oder Unterstützung der KPD zu bestrafen gewesen wäre9sowie
    • die Beteiligung der beiden anderen Beteiligten des Einziehungsverfahrens an dem Druck der Broschüre10: Die Einziehungsbeteiligten E. und G. waren persönlich haftende Gesellschafter der Gesellschaft (Kommanditgesellschaft11?), die die Druckerei betrieb.Insbesondere in der Bezahlung des Drucks mag vielleicht eine materielle Unterstützungshandlung gesehen werden können, die nicht (nur) von § 86 Strafgesetzbuch 1968, sondern (auch) von § 84 StGB 1968 erfaßt ist. Ebenso mag in der physischen Beteiligung an dem Druck und vielleicht auch in der Entgegennahme des Druckauftrages und der Anweisung des Drucks eine Unterstützungshandlung gesehen werden – sofern denn der Inhalt der Broschüre zur Kenntnis genommen und die Strafbarkeit des Broschüreninhalts von den am Druck Beteiligten mindestens billigend in Kauf genommen wurde (zum Problem des bedingten oder direkten Vorsatzes siehe oben).
      • In dem RDL-Verfahren geht es dagegen um eigene Äußerungen des Artikel-Autors, Fabian Kienert, insbesondere um den wahren deskriptiven Satz: „Im Internet findet sich linksunten.indymedia.org als Archivseite.“
      • Und Verlinkung von irgendetwas ist auf alle Fälle etwas anderes als Verteilung/Übergabe einer Broschüre:
        • Die Übergabe der Broschüre bedeutet unmittelbare einen Besitzwechsel der Broschüre (in dem KPD-Fall griff allerdings die Polizei ein, bevor es zur Übergabe der Programmbroschüre kam).
        • Ob ein Link angeklickt wird, liegt dagegen nicht in der Macht des/der LinksetzerIn, sondern ist die Entscheidung der LeserInnen – die entweder klicken oder nicht.

Das heißt:

  • In dem KPD-Fall kam es tatsächlich zu materiellen (stofflichen und finanziellen) Handlungen (Druck und Bezahlung der Programmbroschüre); darin mag in der Tat eine Unterstützung der KPD bzw. eine mitgliedschaftlich Betätigung in der KPD gesehen werden.In der Konstellation § 85 StGB für anwendbar zu halten, ist zumindest vertretbar.
  • Die Verteilung einer Broschüre ist in der Tat die Verbreitung der Broschüre; das Auslegen der Broschüre deren Zugänglichmachung12 usw. Eine Linksetzung ist dagegen weder eine Zugänglichmachung noch eine Verbreitung des Verlinkten. Zugänglich war das linksunten-Archiv schon lange, bevor Fabian Kienert seinen Artikel veröffentlichte; verbreitet/übertragen werden die Archiv-Daten durch Telekommunikationsunternehmen und nur nachdem LeserInnen den Link angeklickt haben, – und nicht durch den/die jeweilige Link-SetzerIn (hier also nicht durch Kienert).

Das heißt:

Der Freispruch von Fabian Kienert hätte viel grundlegender (‚früher‘) begründet werden müssen, als es das Landgericht Karlsruhe am Donnerstag gemacht hat:

  • Noch bevor die Unerweislichkeit des Fortbestandes des verbotenen „Vereins“ und damit auch die Unerweislichkeit der Herkunft des in Rede stehenden Propagandamittels (Archivs) von dem verbotenen „Verein“ festzustellen war,
  • hätte festgestellt werden müssen,
      • daß § 85 StGB keinesfalls anzuwenden ist,
        • da Kienert den „Verein“ jedenfalls nicht materiell unterstützt, sondern eine eigene Äußerung getätigt hat;und
        • da, wenn Kienert ein Progandamittel des verbotenen „Vereins“ verbreitet hätte, § 86 StGB vorrangig vor § 85 StGB wäre;
        • aber auch § 86 StGB von vornherein nicht anzuwenden ist, da Kienert das Archiv weder verbreitet noch zugänglich gemacht hat, sondern bloß gesagt hat, wo es zu finden ist. Demgegenüber ist der anklagende Staatsanwalt der Ansicht, „‚Man stelle sich vor, es gäbe das Archiv als physischen Ort und der Angeklagte stellt sich vor die Tür mit einem großen Schild ‚Hier geht es zum Archiv!‘ – dann wäre das auch strafbar. […] Kienert […] habe überdies Straftaten gebilligt [und] indirekt dazu aufgefordert, welche zu begehen“ [Minh Schredle in Kontext: Wochenzeitung von heute; ich hatte es am Donnerstag so ähnlich mitgeschrieben]. Das Billigen von Straftaten und das Aufrufen zu Straftaten soll Kienert nach staatsanwaltschaftlicher Auffassung durch Zueigenmachung von verstreut unter der verlinkten Startseite des Archivs vorhandenen Texten bewerkstelligt haben.
          Besser hätte Staatsanwalt Graulich die Absurdität seiner ‚Theorie‘ nicht illustrieren können: Selbstverständlich gibt es Dutzende von linksradikalen Archiven mit alten Ausgaben der radikal [auch jenen, die Gegenstand des oben zitierten BGH-Urteils waren] und anderen linksradikalen Zeitschriften, die Texte enthalten, von denen Staatsanwaltschaften der Auffassung sind, sie stellten Billigungen von oder Aufrufe zu Straftaten dar; aber zweifelsohne ist es – auch für Archive – legal, derartige Ausgaben zu besitzen; auf die Adressen der Archive, die in deren Bestand befindlichen Zeitschriften und den politisch-journalistischen Charakter dieser Zeitschriften hinzuweisen. Selbst in den dunklen 50er und 60er Jahren dürfte es zu keinen polizeilichen Sicherstellungen von KPD-Publikationen in Bibliotheken und Archiven gekommen sein. Etwas anderes wären – wie wir oben sahen – frischgedruckte Broschüren verbotener Organisationen in einer Druckerei, die erst noch verteilt werden sollen; in klandestinen Büros oder Lagern der verbotenen Organisation zur Verteilung vorrätig gehaltene Publikationen verbotener Organisationen u.ä. Aber es ist auch in der super-freiheitlichen Bundesrepublik nicht verboten, sich anhand authentischen Materials über verbotene Organisationen zu informieren und dabei durch Betreiben von Archiven und Herausgabe von Dokumentationen behilflich zu sein:

          „für die Tatbestandserfüllung [reicht] nicht aus, wenn die Wiedergabe der fremden Texte im Darstellungszusammenhang mit distanzierter, kritischer Berichterstattung steht oder Teil einer bewertungsfreien Dokumentation ist. Solche Dokumentationen dienen der umfassenden Information über das Zeitgeschehen und sind vom verfassungsrechtlich abgesicherten Zweck der Pressefreiheit auch dann gedeckt, wenn sie Äußerungen von verbotenen oder mit einem Betätigungsverbot belegten Vereinigungen zum Inhalt haben (BGH NJW 1995, 3395, 3396; vgl. auch § 86 Abs. 3, § 130 Abs. 5, § 130 a Abs. 3 StGB).“
          (BGH, Urteil vom 09.04.1997 zum Aktenzeichen 3 StR 387/96, Textziffer 6; Hv. hinzugefügt – schon zu der Zeit, als auch der BGH die Begriffe „Werbung“ und „Unterstützung“ nocht vermengte)

          „Daß die Herausgeber der Schrift [es ging um diese Publikation: https://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/Stadtguerilla+RAF/RAF/brd+raf/000.html] sich in den einleitenden und begleitenden Texten nicht von der RAF distanzieren oder neutral bleiben, vermag einen werbenden Charakter zugunsten der RAF noch nicht zu belegen.“
          (Bundesgerichtshof, Beschluß vom 04.08.1995 zum Aktenzeichen StB 31/95, Textziffer 10)

Aber zurück zum Fall „Radio Dreyeckland“: Wenn Kienert überhaupt Leuten geholfen hat, dann also denjenigen unter seinen LeserInnen, die das linksunten-Archiv noch nicht kannten, aber es gerne kennenlernen wollten.

  • Schließlich: Wenn demgegenüber die Auffassung des (Oberlandesgerichts Stuttgart und des) Landgerichts Karlsruhe zutreffend wäre, daß auch eigene Äußerungen von Nicht-Vereins-Mitgliedern Unterstützung eines Vereins sein können, so hätte geprüft werden müssen, ob und verneint werden müssen, daß Strafnormen, die Äußerungen, die weder ehrverletztend noch jugendgefährend sind, unter Strafandrohung stellen, von Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz gedeckt sind.

Daher also meine Doppel-These vom Anfang des ersten Teils diese Serie:

  • Das RDL-Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist zwar im Ergebnis und in der Begründung weitgehend zutreffend; aber in der Wahl des rechtlichen Ausgangspunktes mit gravierenden Fehlern behaftet.
  • Grundrechtstheoretisch und strafrechtskonzeptionell ist das Urteil zwar gemäßigt etatistisch, aber nicht liberal. Denn auch dieses – für die deutschen Verhältnisse ohne erfolgreiche bürgerliche Revolution und mit justizstaatlich halbierter parlamentarischer Demokratie gemäßigte – Urteil
    • unterstellt politische Meinungsäußerungen staatlicher Bewertungund
    • sieht manche politischen Meinungsäußerungen (die weder ehrverletzend noch jugendgefährend sind) als strafwürdig an.

Zu diskutieren wäre, ob KommunistInnen und Linksradikale den bestehenden Staat an einem derartigen radikalliberal-angelsächsischen Maßstab messen können, ohne zu ihren Überzeugungen in Widerspruch zu geraten. Vielleicht dazu demnächst hier oder beim Freien Sender-Kombinat (FSK) Hamburg mehr…


1 „Für das – wie immer geartete – Verbreiten von Texten bedürfen die Umschreibungen der hier in Betracht kommenden Tatbestandsvarianten des § 129a StGB noch näherer Bestimmung. Dabei sprechen mehrere Gesichtspunkte für eine einschränkende Auslegung. Meist handelt es sich bei den hier praktisch werdenden Lebenssachverhalten um bloße Sympathiewerbung und damit um die regelmäßig am wenigsten ins Gewicht fallende Begehungsweise des § 129a StGB, bei der es auch auf einen nachweisbaren Erfolg nicht ankommt (vgl. BGHSt 20, 89, 90), die aber gleichwohl mit der gleichen Strafdrohung versehen ist wie schwerere Begehungsformen, besonders wie das Gründen der Vereinigung oder gewichtige mitgliedschaftliche Betätigungen. Der Gesetzgeber hat die Sympathiewerbung wegen ihrer möglichen Gefährlichkeit in den Tatbestand aufgenommen. Der Umstand, daß es auch verhältnismäßig wenig gefährliche Sympathiebekundungen mit werbendem Charakter gibt, spricht für eine einschränkende Auslegung. Zwar ist der Grad der Gefährlichkeit, da es sich hier nicht um ein Gefährdungsdelikt handelt, kein selbständiges Abgrenzungskriterium; er kann jedoch für die Aufstellung abgrenzender Kriterien von Bedeutung sein. Ferner fordert das für strafrechtliche Tatbestände geltende Bestimmtheitsgebot im Hinblick auf die umfassende Bedeutung des Wortes Werben im allgemeinen Sprachgebrauch eine einschränkende Bestimmung der objektiven Grenzen der Strafbarkeit. Auch das vom Gewicht und der Bedeutung der Meinungsäußerungsfreiheit bestimmte Spannungsverhältnis dieses Grundrechts zu den sie beschränkenden Gesetzen (Art. 5 Abs. 1, 2 GG), das zu deren einschränkender Auslegung im Lichte des Grundrechts nötigt, weist in dieselbe Richtung.“ (BGH, Urteil vom 25.07.1984 zum Aktenzeichen 3 StR 62/84, Textziffer 5)

2 BGH, Urteil vom 23.04.1980 zum Aktzenzeichen 3 StR 434/79 (S); https://research.wolterskluwer-online.de/document/db256d69-8238-4765-8e09-a92a4a3fb764, Textziffer 38: „Soweit das angefochtene Urteil bei den Angeklagten den Gehilfenvorsatz – auch im Hinblick auf die Beihilfe zu Vergehen nach §§ 111, 140 StGB (s.u. Ziff. 2 und 3) – feststellt, hält es sich im Rahmen rechtlich unbedenklicher tatrichterlicher Würdigung. Dasselbe gilt für die Ausführungen des Urteils zur Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums im gesamten Umfang der Verurteilung (vgl. u. Ziff. 2-4).“
Dies war das Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs im AGIT-DruckerInnen-Fall (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/AGIT-Drucker). Bei Textziffer 1 des Urteils hieß es: „Das Kammergericht hat die Angeklagten der gemeinschaftlichen verfassungsfeindlichen Befürwortung von Straftaten in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Beihilfe zur öffentlichen Aufforderung zu Straftaten, zur Werbung für terroristische Vereinigungen und zur Billigung von Straftaten für schuldig befunden und hat den Angeklagten F. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die Angeklagten B., W. und Be. zu je neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat es bestimmte Druckschriften eingezogen und angeordnet, daß die zu deren Herstellung benutzten Vorlagen und Druckfolien unbrauchbar zu machen sind. Die Revisionen führen zur Aufhebung des Urteils, soweit den Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist; darüberhinaus bleibt ihnen der Erfolg versagt.“

3 OLG: „Wiedergabe fremder Texte“. – Wiedergegeben (in der Internet-Welt: gespiegelt) hat Kienert die Texte des linksunten-Archivs nicht; er hat sie bloß verlinkt.

4 „Das Fortbestehen dieser Vereinigung, das für die Erfüllung des Tatbestandes des § 85 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB erforderlich ist, weil eine nichtexistente Vereinigung nicht unterstützt werden kann, ist bei Betrachtung des gesamten Geschehens überwiegend wahrscheinlich.“ (Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluß vom 12.06.2023 zum Aktenzeichen 2 Ws 2/23, Textziffer 47; Hv. hinzugefügt)

5 „‚Es muss möglich sein, ein Verbot zu kritisieren, ohne wegen Unterstützung des Verbotenen verurteilt zu werden‘, erklärte der Vorsitzende Richter“, so berichtete auch Christian Rath (taz vom 06.06.2024).
Der Vorsitzende Richter stellte vor allem darauf ab, daß ein Verbot auch deshalb abgelehnt werden könne, weil ein Verbot als untauglich zur Bekämpfung des Verbotenen angesehen werde (das war in den 50er Jahren in etwa die Argumentation der SPD in Bezug auf die/das KPD[-Verbot]).
In Betracht kommt aber auch eine ungefähre Äquidistanz zu Staat und Verbotsobjekt.
Schließlich kommt auch noch in Betracht,

  • eine eigene Meinung zu den politischen Positionen des Verbotsobjekts nicht zu haben, oder sie jedenfalls nicht äußern,
  • aber für Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 („Niemand darf wegen […] seiner […] politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. “) und Artikel 4 Absatz 1 („Die Freiheit […] des Gewissens und […] des […] weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“) Grundgesetz einzutreten, und die pluralismus-beschränkenden Grundgesetz-Normen zum Schutz der Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung (Artikel 9 Absatz 2 GG: Vereinigungsverbot) sowie der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Artikel 18 GG: Grundrechtsverwirkzung; Artikel 21: Erklärung von Parteien für verfassungswidrig) für demokratietheoretisch verfehlt zu halten.

6 Das systematische Spezialitäts-Argument erfährt also von Seiten der Entstehungsgeschichte der beiden Normen (§§ 85, 86 StGB) Verstärkung: Beide Auslegungsgesichtspunkt sprechen für einen Vorrang von § 86 gegenüber § 85 StGB.

7 http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl168s0773.pdf.

8 „Einziehung“ wird im Strafverfahren die staatlicherseits betriebene Wegnahme von Sachen oder Werten genannt – vor allem solchen, „die durch eine vorsätzliche Straftat hervorgebracht oder zu ihrer Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind“ (Brockhaus Recht, 20052, 207, s.v. Einziehung – meine Hv; vgl. Köbler, Juristisches Wörterbuch, 202218, 130, s.v. Einziehung).

9 „Ob A., der den Auftrag zum massenweisen Druck des Entwurfs eines Programms der verbotenen KPD erteilt und die bisher angelaufenen Kosten an die Druckerei bezahlt hat, dabei als Rädelsführer oder Hintermann der verbotenen KPD oder als deren Mitglied gehandelt hat, läßt sich den Feststellungen des Landgerichts nicht zweifelsfrei entnehmen. Im Falle seiner (bloßen) Mitgliedschaft würde darin aber auf jeden Fall eine Beteiligung an (§ 90a Abs. 2 StGB a.F.) und zugleich eine Betätigung in (§ 84 Abs. 2 StGB n.F.) der Partei als Mitglied zu finden sein. Sollte A. zur Zeit der Tat nicht Mitglied der KPD gewesen sein, so hätte er damit im Sinne des § 90a Abs. 2 StGB a.F. die verbotene KPD unterstützt, und zwar in einer Weise, die sich als Unterstützung des organisatorischen Zusammenhalts dieser Partei im Sinne der zweiten Alternative des § 84 Abs. 2 StGB n.F. darstellt“ (BGH, Urteil vom 17.12.1975 zum Aktenzeichen 3 StR 4/71 I; https://research.wolterskluwer-online.de/document/8054a460-efed-411b-aa31-e12b4230f1db, Textziffer 9).

10 „auch die Einziehungsbeteiligten E. und G. [haben] als drucktechnische Hersteller des Materials den organisatorischen Zusammenhalt der verbotenen KPD unterstützt“ (ebd., Textziffer 9).

11 Textziffer 3: „Komplementäre E. und G.“.

12 Auch „im Inland […] der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt“ werden in § 86 unter der Überschrift „Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ genannt (https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__86.html).

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