vonDetlef Georgia Schulze 06.05.2024

Theorie als Praxis

Hier bloggt Detlef Georgia Schulze über theoretische Aspekte des Politischen.

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Radio Dreyeckland selbst berichtete am Samstag:

„Der Prozess wird fortgesetzt am 14. Mai 2024 um 9 Uhr 30 in Saal 125 im 1. OG des Landgericht Karlsruhe. Bisher weiter bekannte Termine: Donnerstag, 16. Mai 2024 mit wahrscheinlich den Plädoyers/ 4. Juni 2024.“
(https://rdl.de/beitrag/nebelstochereien-der-staatsanwaltschaft-zun-chst-vom-tisch)

Unklar blieb dabei unter anderem, ob die Plädoyers wahrscheinlich am 16. Mai stattfin­den werden (so der erste Eindruck) oder am 4. Juni bzw. ob „4. Juni“ ein Tippfehler ist und vielmehr „4. Mai“ als Datum des Artikels gemeint war.

Heute teilte mir die Pressestelle des Landgerichts – verteilt auf mehrere mails – mit: „In Bezug auf die anstehenden Termine ist es nicht ausgeschlossen, dass auch bereits am 14.05.2024 bereits plädiert wird.“ „sollte am 14.05.2024 plädiert werden, wäre mit dem Urteil trotzdem erst am 16.05.2024 zu rechnen“. Schließlich kann es aber theoretisch auch noch passieren, daß am 14.5. Beweisbeschlüsse ergehen, die sich nicht spätes­tens am 16.5. umsetzen lassen und dann der Termin am 16.5. (mangels anderer The­men) erst einmal ausfällt.

Auswertung von Handy-Daten des Journalisten Fabian Kienert?

Die Möglichkeit etwaiger Beweisbeschlüsse bezieht sich insbesondere auf das im Janu­ar vergangenen Jahres beschlagnahmte, gespiegelte und zurückgegebene Handy von Fabian Kienert. Radio Dreyeckland berichtete am Donnerstag:

„Staatsanwalt Graulich [wollte] noch, dass das Gericht ihm erlaubt, das beschlag­nahmte Handy des Angeklagten und einen [USB-]Stick auszuwerten. Auf Nachfrage des Gerichts schränkte er dies auf den Zeitraum zwischen der Verfahrenseinstel­lung, über die unser Redakteur Fabian berichtete und dem Erscheinen des Berich­tes ein. Die Verteidigung kündigte darauf an, sie werde falls das Gericht die Durch­suchung gestattet mit einem Eilantrag ans Bundesverfassungsgericht darauf reagie­ren. Hier geht es um das Redaktionsgeheimnis und den Informantenschutz. Indes­sen ist unklar, was der Staatsanwalt mit der Auswertung überhaupt erreichen könn­te. Er bekäme nur Kontaktdaten und selbst wenn die zu Personen führen sollten, die im Falle von linksunten.indymedia bereits verdächtigt wurden, fehlt ihm der Inhalt und der Zweck des Anrufes. Dieser könnte z. B. eine ganz normale journalistische Recherche sein.“
(https://rdl.de/beitrag/staatsanwalt-sucht-weiter-nach-kontakten-zu-angeblichen-ehemaligen-mitgliedern-des)

Warum RDL meint, es könnten nur Kontaktdaten gefunden werden, ist mir nicht klar. Es könnten doch auch Messenger-Nachrichten oder klassische SMS vorhanden sein…1 – oder wurden die vielleicht schon nicht gespiegelt?

In der zum gerade zitierten schriftlichen Text gehörenden Audio-Datei von Radio Dreyeckland geht es ab Min. 8:07 um die fraglichen Handy-Daten. Ab Min. 11:37 ergibt sich zunächst einmal, daß Staatsanwalt Graulich sein Interesse an den Daten zu­nächst einmal nur als sog. Beweisanregung bekundete – allerdings verbunden mit der Ankündigung,

„wenn Ihr [gemeint zu sein scheint das Gericht] der Beweisanregung nicht folgt, dann werde ich den [gemeint: den Inhalt der Beweisanregung] als formellen Bewei­santrag2 stellen; und umgekehrt hat die Verteidigung erklärt, wenn sie [= die Richter] dem stattgebenden sollten – äh dieser Beweisanregung zur Auswertung […] – einen Eilantrag zum Bundesverfassungsgericht zum Schutze des Redaktionsgeheimnis­ses, des Quellenschutzes usw. […] zu stellen. So – jetzt ist das Gericht natürlich in ‘ner … – in einer netten Lage und muß darüber bescheiden. […]. So wird dann also – praktisch – entweder das Verfahren so weitergehen, in Richtung, der Staatsanwalt stellt seinen Beweisantrag […] und auf der anderen Seite müssen dann diejenigen – gerade aus der Gesellschaft für Freiheitsrechte – ja auch den Eilantrag dann an das Bundesverfassungsgericht stellen. […] – und das Gericht muß dafür Sorge tragen, daß das Verfahren bis zum September beendet ist, weil dann läuft die – immer un­terbrochene – Verjährung, die immer wieder neu anläuft, […] ab – die sechs Mona­te..3

Nach diesen Ausführungen von Klaus-Michael Menzel, einem der beiden RDL-Ge­schäftsführer, machte der Moderator noch die Ergänzung, daß eine Ablehnung eines of­fiziellen Beweisantrages später von der Staatsanwaltschaft als Revisionsgrund ange­führt werden könne – ob nun im konkreten Kontext mit oder ohne Erfolgsaussicht, so sei ergänzt.

Am Samstag berichtete RDL dann noch:

Die 5. Gosse Strafkammer des Landgericht Karlsruhe hat nach RDL Informa­tionen wohl jetzt diese Beweisanregung unter Verweis auf die Medienfreiheiten aus Art 5. Abs. 1 Satz 2 GG und deren strafprozessuale Aus­gestaltung durch den Gesetzgeber zurückgewiesen.
Der Staatsanwaltschaft steht nun der Weg des formellen Beweisantrages offen. Den hat sie in der Verhandlung auch in Aussicht gestellt.
Weist dann das Landgericht Karlsruhe diesen Antrag gleichfalls zurück, bleibt der Staatsanwaltschaft nur die Möglichkeit im Revisionsverfahren vor dem 3. Strafsenat des BGH (Bundesgerichtshof) dies als fehlerhafte Sachaufklärung als Revisions­grund gegen ein möglicherweise freisprechendes Urteil anzubringen.“
(https://rdl.de/beitrag/nebelstochereien-der-staatsanwaltschaft-zun-chst-vom-tisch; Hv. i.O.)

Auf die Frage, ob sie den ersten Satz des Zitates bestätigen könne (und einige weitere Fragen) teilte mir die Pressestelle des Landgerichts heute mit:

„zutreffend ist, dass die Kammer die Verteidigerin und den Vertreter der Staatsan­waltschaft darüber informiert hat, dass eine Zurückweisung der Beweisanregung der Staatsanwaltschaft geplant ist. Beiden wurde ein entsprechender schriftlicher Be­schlusstext zugeleitet, der indes noch nicht in die Hauptverhandlung eingeführt wur­de. Eine Herausgabe des (auch: anonymisierten) Wortlauts dieses Beschlusses aus der laufenden Hauptverhandlung ist nach meiner Auffassung nicht möglich, er wird allerdings voraussichtlich im nächsten Hauptverhandlungstermin verlesen werden.“

Damit stellt sich dann also als nächstes die Frage, ob Dienstag, den 14.5. die Staatsan­waltschaft ihren förmlichen Beweisantrag stellt und das Gericht dann auch diesen ab­lehnt, oder ihm stattgibt. Je nachdem, hängt davon (und davon, wieviel Zeit eine etwaige Aus­wertung der Handy-Daten beanspruchen würde) auch der weitere Zeitplan ab:

„Da das Beweisprogramm der Kammer abgeschlossen ist, hängt die weitere Dauer des Verfahrens vorrangig vom weiteren Verlauf der Verhandlung, insbesondere von der Stellung weiterer Beweisanträge ab“,

so die Pressestelle des Landgerichts Karlsruhe.

Weitere RDL-Veröffentlichungen als Gegenstand des Verfahrens? / Sind neue Durchsuchungsbeschlüsse in der Pipeline?

Bereits am Freitag hatte ich aus einem RDL-Bericht zitiert, in dem es heißt:

„Ferner hat der Staatsanwalt mittlerweile weitere Beiträge bei Radio Dreyeckland gesammelt, die eine Verlinkung auf linksunten.indymedia enthielten. Relevanz für das Verfahren auch hier reichlich unklar.“
(https://rdl.de/beitrag/staatsanwalt-sucht-weiter-nach-kontakten-zu-angeblichen-ehemaligen-mitgliedern-des)

Dazu fragte ich die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ebenfalls bereits am Freitag:

„1. Sind diese weiteren ‚Belege‘ neueren oder älteren Datums als der bereits be­kannte Kienert-Artikel?
2. Um welche ‚Belege‘ (gemeint wohl: Artikel auf der RDL-Webseite) handelt es sich?
3. Hat die StA in diesem Zusammenhang weitere Ermittlungsverfahren und Durch­suchungsbeschlüsse beantragt, um zu ermitteln, welche Personen, diese weiteren Artikel geschrieben haben?
4. Falls die von Ihnen nun vorgelegten ‚Belege‘ älteren Datums sind als der Kienert-Artikel – was sagen Sie dann zu meiner Überlegung:

‚Mal angenommen, es gibt frühere (!) RDL-Artikel – also RDL-Artikel, die früher als Kienerts Artikel veröffentlicht wurden –, die ebenfalls schon das Archiv verlinkten, aber nicht verfolgt wurden – dann wäre das für Kienert sogar eher günstig: Denn dann konnte er sich (durch die Nicht-Verfolgung der älteren Artikel) zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seines Artikels in der – zutreffenden – Auffassung bestärkt ge­sehen haben, daß das Verlinken legal sei – wenn es denn keinen Ärger gibt für das frühere Verlinken…‘

Wenn sich auf Ihren Standpunkt gestellt wird, daß die Archiv-Verlinkung – zumindest in bestimmten Kontexten – strafbar sei, aber frühere Archiv-Verlinkungen durch RDL von der StA nicht zeitnah verfolgt wurden, müßte dann nicht die Möglichkeit geprüft werden, ob sich Kienert über das Bestehen bzw. Nicht-Bestehen eines (angebli­chen) Verbots, das Archiv zu verlinken, unvermeidbar irrte (vgl. § 17 StGB4)?
(Nur noch mal zur Klarheit: Ich gehe davon, daß die Auffassung der StA, die Verlin­kung sei strafbar, irrtümlich ist. – Also, meine vorstehende Überlegung ist nur für den Fall, daß ich mich irren sollte.)“

Auf weitere Nachfrage von heute mittag erhielt ich heute nachmittag zunächst einmal nur folgende Antwort:

„Ihre Anfragen werden beantwortet, sobald dies mir möglich ist. Aufgrund einer ex­trem angespannten Personalsituation infolge mehrerer langfristiger personeller Aus­fälle bin ich gezwungen, bei der Erledigung der Aufgaben stark zu priorisieren.“

Es ist also jedenfalls nicht auszuschließen, daß weitere Durchsuchungsbeschlüsse ge­gen Radio Dreyeckland und MitarbeiterInnen in der Pipeline sind. (Meine Frage nach et­waigen Anträgen für weitere Durchsuchungsbeschlüsse zu verneinen, hätte jedenfalls nicht viel Zeit gekostet.)

Weitere Themen vor den Plädoyers?

Des weiteren hatte ich die Pressestelle des Landgerichts heute morgen gefragt:

„Ist Zeit eingeplant, um vor den Plädoyers die Auslegung von Kienerts Artikel und der in Rede stehenden StGB-§§ zu erörtern? Oder sind diese Themen den Plädoyers vorbehalten?

{Ich frage im Hinblick auf Fragen wie die folgenden, über die jeweils allein schon abendfüllende Vorträge gehalten werden könnten:

  • Was sagen die Verfahrensbeteiligten zu der oberlandesgerichtlichen Inter­pretation von Kienerts Artikel? (Was die diesbzgl. evtl. Begutachtung durch fachdisziplinär zuständige Sachverständige [siehe dazu unten den letzten Abschnitt dieses Artikels] anbelangt, sei darauf hingewiesen, daß das KG5 im AGIT-Drucker-Prozeß als – von der Verteidigung benannte – Sachverständi­ge die „Professoren Dr. J. und Dr. G.“ [https://research.wolterskluwer-online.de/document/db256d69-8238-4765-8e09-a92a4a3fb764, Tz. 25] hör­te. „J.“ war – glaube ich – Walter Jens.)

  • Ist § 85 StGB [Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot6] überhaupt neben § 86 StGB [Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen] anwendbar, falls § 86 Absatz 1 StGB verwirk­licht wäre, wenn nicht § 86 Absatz 37 und 48 StGB entgegenstehen würden?

  • Ist das linksunten-Archiv bzw. sind die dort dokumentierten historischen Tex­te i.S.d. § 86 Absatz 3 StGB gegen die fdGO9 gerichtet? (Das BMI prüfte in seiner Verbotsverfügung Gerichtetheit gegen die verfassungsmäßige Ord­nung10 – ein Begriff, der nach Ansicht des BMI seit dem NPD-Urteil des BVerfG weiter ist als der – durch das NPD-Urteil enger als früher gefaßte – fdGO-Begriff.11)

  • Welche Rolle spielt es für die rechtliche Bewertung, daß die im linksunten-Archiv dokumentierten Texte aus der Zeit von vor dem Verbot stammen? – Was ist entsprechend mit KPD-Texten und -Kennzeichen aus der Zeit von BRD-Gründung und bis Verbot einerseits sowie ab Verbot andererseits? Hängt die Straflosigkeit in beiden zeitlichen Konstellationen ausschließlich an § 86 Absatz 3 und 4 StGB und daran, daß die historische KPD nicht mehr existiert? Oder dürften die Vor-Verbots-Texte eh straffrei verbreitet werden?

  • Welche rechtliche Bedeutung im Hinblick auf ›Kennzeichen einer verbotenen Vereinigung‹ hat der Unterschied zwischen ‚(((i))) linksunten.indymedia.org‘ einerseits und ‚(((i))) linksunten Archiv‘ andererseits?

  • Durch welche historischen linksunten-Texte wurden die Straftatbestände der §§ 111 ff. StGB verwirklicht?

  • Welche rechtliche Bedeutung hat es für den Kienert-Fall, daß die evtl. straf­baren historischen Texte weder in dem Kienert-Artikel noch in dem Archiv-Vorwort erwähnt sind, noch von Kienert direkt verlinkt wurden (Kienert hat ja das Archiv-Vorwort verlinkt)?

  • Welche Bedeutung hat für die Frage, ob Kienerts Verlinkung bloß dokumen­tarisch ist, der zeitliche Abstand zwischen der ursprünglichen Veröffentli­chung der historischen linksunten-Texte und der Veröffentlichung von Kie­nerts Artikel?

  • Ist Verlinkung Verbreitung (wie das OLG Stuttgart meint)? Oder war das Ar­chiv – unabhängig von Kienerts Artikel – eh seit Anfang 2020 „zugänglich“? Und findet dessen Verbreitung nicht vielmehr ausschließlich durch Telekom­munikationsunternehmen (die von § 8 TMG12 geschützt sind) statt? [Ob Le­serInnen von Kienerts Artikel den Link anklicken, ist dagegen deren Ent­scheidung und jedenfalls nicht Kienerts Entscheidung. Bevor der Link an­geklickt wird, findet kein Datenfluß zwischen Archiv-Server und Endgerät der LeserInnen von Kienerts Artikel statt.]

  • usw. usf.)

Die Antwort darauf lautete: „Eine abstrakte Erörterung von Rechtsfragen außerhalb der Plädoyers ist nicht geplant.“

Artikel anderer JournalistInnen, die dem Artikel von Fabian Kienert ähnlich sind

Zuletzt dies noch: Am Freitag hatte ich hier eine Synopse verschiedener Artikel (darun­ter der Kienert-Artikel), die einander ziemlich ähnlich sind, veröffentlicht:

https://blogs.taz.de/theorie-praxis/schiesst-sich-jetzt-die-karlsruher-staatsanwaltschaft-in-ihrer-verzweiflung-ins-eigene-knie/

http://blogs.taz.de/theorie-praxis/files/2024/05/Verlinkungs-Artikel-Synopse__gedreht.pdf.

In Bezug auf die dem Artikel von Fabian Kienert sehr ähnlichen Artikel hatte ich die Staatsanwaltschaft Karlsruhe in der vergangenen Woche u.a. gefragt:

„Hat die StA jemals einen systematischen (!) und konkreten (!) Vergleich des Wort­lautes und der Bilderung der dem Kienert-Artikel ähnlichen Artikel mit dem Kienert-Artikel vorgenommen oder bei fach-disziplinär zuständigen Sachverständigen in Auf­trag gegeben oder eine solche Beauftragung während des gerichtlichen Verfahrens angeregt?“

„Hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe jemals versucht, zu ermitteln, welche Staats­anwaltschaften für die AutorInnen der dem Kienert-Artikel ähnlichen Artikel zustän­dig sind und dort in Erfahrung zu bringen, wie diese Staatsanwaltschaften die fragli­chen Artikel rechtlich bewerten?“

Darauf erhielt ich heute folgende Antwort:

„Es wurde weder ein systematischer Artikelvergleich durchgeführt noch bei anderen Staatsanwaltschaften Anfragen ins Blaue hinein gestellt, weil es hierfür jeweils kein Bedürfnis gab und gibt.“

Was heißt kein Bedürfnis?! – Vielleicht nicht für die Staatsanwaltschaft Karlsruhe – aber für die politisch und juristisch interessierte Öffentlichkeit wäre ja schon interessant zu erfahren, warum die Staatsanwaltschaft Karlsruhe einen Artikel (den von Kienert) ganz anders behandelt als andere Staatsanwaltschaften Artikel anderer JournalistInnen, die dem Kienert-Artikel gleichen, wie ein Ei dem anderen (nicht einmal ein Unterschied, wie zwischen weißen und braunen Eiern, dürfte in Bezug auf die fraglichen Artikel ausfindig zu machen sein). – Wie dem auch sei: Die Antwort auf weitere Fragen, die ich der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gestellt hatte, benötigt noch Zeit.

Neue Nachrichten dann demnächst an dieser Stelle… 🙂


1 Daß darunter dann eine Nachricht des alten BetreiberInnenkreises ist, daß er noch existiere bzw. 2020 (als Kollektiv) das linksunten-Archiv veröffentlicht habe, ist auch nicht gerade wahrscheinlich. Selbst wenn dem faktisch so gewesen sein sollte (was nicht gerade wahrscheinlich ist), ist kein Grund ersichtlich, war­um diese Informationen Kienert hätte mitgeteilt werden sollen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung ge­dacht sind; diese Informationen wären für das Schreiben von Kienerts anklage-gegenständlichen Artikel überflüssig gewesen.

2 § 244 Absatz 3 Strafprozessordnung (StPO): „Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernst­haft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfol­genfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entneh­men ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Bewei­santrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisan­trag nur abgelehnt werden, wenn
1. eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2. die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3. die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4. das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5. das Beweismittel unerreichbar ist oder
6. eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__244.html)
Bei der Prüfung der etwaigen Unzulässigkeit der Erhebung des Beweises (Satz 2) kommt dann das Re­daktionsgeheimnis usw. ins Spiel.

3 Die letzte Unterbrechung war wahrscheinlich die Anberaumung der Hauptverhandlung (vgl. § 78c Ab­satz 1 Satz 1 Nr. 8 StGB), die vermutlich Anfang März war (mir wurde meine Ladung als Zeuge/in am 13.03. zugestellt).

4 „Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__17.html)

5 = Berliner Kammergericht.

6 Um die – Fabian Kienert vorgeworfene – Unterstützung (bestimmter) verbotener Vereine geht es dort in Absatz 2.

7 Dessen Satz 1 lautet: „Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__86.html)

8 „Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“ (ebd.)

9 = freiheitliche demokratische Grundordnung.

10 „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich ge­gen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.“

11 Bis zum NPD-Urteil wurden der Begriff „verfassungsmäßige Ordnung“ in Artikel 9 Absatz 2 Grundge­setz (aber nicht der gleiche Ausdruck in Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz) von der ganz herrschenden Meinung als synonym mit dem unter anderem in Artikel 18 (Grundrechtsverwirkung) und 21 (Parteienfreiheit und Parteiverbote) Grundgesetz vorkommenden Begriff „freiheitliche demokrati­sche Grundordnung“ angesehen.

12 „Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltend­machung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/__8.html; Hv. hinzugefügt)

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