Hochmut kommt immer vor dem Fall, und die taz wollte sich an der Selbstbeweihräucherung der Medienbranche, als das Internet als Goldgrube für erhoffte Erlöse immer populärer wurde, nicht beteiligen. Arroganz verbietet sich auch deshalb, weil sich längst nicht alle Erwartungen in Sachen Internet erfüllt haben. Die Medienwirtschaft kriselt, und zwar zu Lasten der Zeitungen und Illustrierten. Keine überregionale Zeitung kam bislang ungeschoren davon – nur wir, die taz, stellen bislang eine interessante Ausnahme dar.
Wir können tatsächlich sagen: Medienkrise? Ohne uns!
Denn tatsächlich ist das Sterben von Zeitungen – für die Verleger allermeist ein Anzeigenparadies mit Texten, die dieses garnieren – nichts weiter, für die Investoren und Inhaber von Zeitungen waren gedruckte öffentliche Medien immer eine Gelegenheit, Profite zu machen. Die taz leistete sich, zugegebenermaßen aus purer Not, einen anderen Weg. Wir haben vor 20 Jahren begonnen, unser Publikum dazu aufzurufen, aus der taz eine Zeitung ihrer LeserInnen zu machen. Die taz-Genossenschaft ist vor beinah zwei Jahrzehnten gegründet worden – mit Ihren Einlagen, hinter denen sich, wir wissen das!, Leidenschaft und Engagement verbergen.
Die Mitglieder der taz-Genossenschaft wollen, dass die taz nicht kriselt, sie möchten unbedingt, dass die taz unabhängig bleiben kann von Lobbyisten, Einflüsterungen politisch interessierter Seiten, und sie möchten mit ihren Zuwendungen garantiert sehen, dass die taz die wichtigste der verlegerisch autonomen Zeitungen der Republik bleiben kann.
Die taz trägt sich selbst und macht keine Profite – im Gegenteil. Alles, was wir erlösen, was Sie als GenossInnen uns ermöglichen, dient der Zeitung und ihrem Journalismus. Das allerdings ist für uns stets Ansporn, nicht in Selbstzufriedenheit zu versinken, sondern diese Form der Publizistik – das heißt, ihre Ermöglichung aus ökonomischer Perspektive – öffentlich zu diskutieren. Die Kernfrage lautet für uns stets: Wie viel Autonomie muss sich eine Zeitung leisten, um als Teil der demokratischen Öffentlichkeit glaubwürdig zu bleiben?
Auf dem Medienkongress der taz und des Freitag, der am 8. und 9. April im Berliner Haus der Kulturen der Welt stattfindet, machen wir den Auftakt des öffentlichen Diskurses: Was braucht es, um die Medienkrise, die auch eine der Demokratie werden kann, zu beheben? Was ist nötig, um Zeitungen zu erhalten, unabhängig von Umsatz- und Gewinninteressen ihrer Kapitalgeber?
Der Medienkongress hat sich nicht umsonst das Motto »Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt« gegeben. Die Revolution – das bedeutete eben vor gut zehn Jahren die Hoffnung, das Internet, die Diversifikation von Medien, die Vielfalt an publizistischen Erzeugnissen generell würden einer demokratischen Öffentlichkeit in Sachen Transparenz aufhelfen. Wir denken: Diese Transparenz ist in Zeiten der Unübersichtlichkeit und der Vermischung mit Lobbying, mit Werbeanliegen und mit der ungeklärten Finanzierungsfrage gefährdeter denn je.
Deshalb laden wir zu diesem Wochenende ein, mit Ihnen, unseren Gewährsleuten unserer Unabhängigkeit, diese Fragen zu diskutieren. Podien und Vorträge, Werkstätten und Foren bieten Ihnen und uns die Gelegenheit, die Probleme, die im Zusammenhang mit der Medienkrise aufgekommen sind, zu erörtern – und Lösungswege zu finden. Kommunikation, so unser Eindruck, ist nichts, wenn niemand zuhört, weil alle zugleich sprechen! Unser Medienkongress wird Ihnen und uns die Chance geben, miteinander zu kommunizieren. Ihre Fragen und Initiativen sind nicht nur willkommen, sondern ausdrücklich erwünscht.
Kommen Sie am 8. und 9. April nach Berlin, machen Sie mit – sprechen Sie und hören Sie zu! Dabei gilt es auch, der Frage nachzugehen: Die taz – ein Championsmodell?
Sie erreichen uns unter taz.lab@taz.de. Schreiben Sie uns, lassen Sie uns nicht in Ruhe!
Mit herzlichen Grüßen
Das Medienkongress-Team
Jan Feddersen und Doris Akrap
Die Karten für den Medienkongress kosten je nach Selbsteinschätzung 10 Euro, 20 Euro oder 30 Euro. Es gibt die Karten bei uns in der Rudi-Dutschke-Straße 23 oder im Online-Shop der taz.