Inhalt
Maja Lunde erzählt die Geschichte der Bienen aus drei Perspektiven: 1952 in England, 2007 in den USA und 2098 in China. Jeweils eine Ich-Erzählerin bzw. ein Ich-Erzähler nimmt die Lesenden mit in die eigene Realität.
Im Jahr 1952 in England baut der Forscher William Savage einen modernen Bienenstock. Dabei stehen ihm seine Familie, die er ernähren muss, und seine an die Geschlechterrollen geknüpften Erwartungen an seine Kinder im Weg. Die Bienen sind für ihn einerseits ein faszinierender Forschungsgegenstand, andererseits etwas, das es zu zähmen gilt.
Im Jahr 2007 erlebt der Imker George auf seiner Farm in den USA das mysteriöse Bienensterben. Gleichzeitig ist unklar, wie es mit dem Hof in der nächsten Generation weitergehen soll, denn sein Sohn studiert Literatur in der Stadt und hat wenig Interesse an der Imkerei. Für George sind die Bienen mehr als nur eine Einnahmequelle, sie sind die Tradition und die Zukunft seiner Familie.
Im Jahr 2098 sind die Bienen längst ausgestorben. Das Ökosystem ist teilweise kollabiert und Lebensmittel sind knapp, da nun alle Blüten per Hand bestäubt werden müssen. Tao lebt in China und ist eine dieser Bestäuberinnen. Als ihr Sohn erkrankt und von den Behörden mitgenommen wird, fängt sie an, nach ihm zu suchen. Dabei findet sie mehr als nur ihn.
Lundes Geschichten sind in eine tiefgreifende wissenschaftliche Recherche eingebettet, ohne dass der Stil trocken wird. Das liegt auch daran, dass die Spannung in allen Geschichten kontinuierlich steigt und sich langsam Parallelen zwischen den unterschiedlichen Zeiten erkennen lassen.
Zur Autorin
Maja Lunde wurde 1975 in Oslo geboren. Sie studierte zunächst Literatur mit dem Nebenfach Psychologie und wechselte später zu Kommunikationswissenschaften mit Spezialisierung auf Filmgeschichte. Während ihrer Studienzeit arbeitete sie für Kino- und Filmfestivals sowie für Kinos und das Fernsehen. Hauptberuflich ist sie als Drehbuchautorin tätig. Ihr erster Roman „Die Geschichte der Bienen“ wurde jedoch direkt weltweit verlegt.
Climate Fiction – die Erzählung einer zukünftigen Welt
Bei „Climate Fiction“ steht die Klimakrise im Mittelpunkt einer Geschichte, egal ob Dystopie oder Liebesroman. Das ist einerseits ein sicheres Zeichen dafür, dass die Sorgen um die Klimakrise in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind und entsprechend dringlich behandelt werden. Zumindest mag das 2017 der Fall gewesen sein, als „Die Geschichte der Bienen“ das meistverkaufte Buch in Deutschland war, oder auch 2018, als die weltweiten Fridays-for-Future-Klimastreiks begannen.
Doch hat „Climate Fiction“ überhaupt einen positiven Effekt bei der Bekämpfung der Klimakrise? Bücher, insbesondere solche mit Unterhaltungswert, sind insgesamt zugänglicher als wissenschaftliche Statistiken mit Analysen. So kann auch ein kompliziertes Thema wie das Bienensterben in der breiten Masse der Gesellschaft Beachtung finden. Außerdem werden die Themen durch die persönlichen Geschichten im Buch emotional dringlicher, was zu mehr Handeln führen kann. Auch wenn an der einen oder anderen Stelle literarische Übertreibungen eingesetzt werden, ändert das nichts an der allgemeinen Sensibilisierung für das Thema. Und zuletzt muss man leider anerkennen, dass die Bekämpfung des Klimawandels nicht immer eine wissenschaftliche Diskussion ist, sondern auch eine Frage der Erzählung. In Deutschland merkt man das, wenn um Wärmepumpen, pflanzliche Ernährung und Co. ein künstlicher „Kulturkampf“ entfacht wird.
Fazit: Wir brauchen Climate Fiction. Wir brauchen „Klimaquartette“ wie die Reihe von Maja Lunde, zu der „Die Geschichte der Bienen“ gehört. Wir brauchen Geschichten, die uns eine mögliche Zukunft, im Guten wie im Schlechten, aufzeigen und uns für aktuelle Probleme sensibilisieren. Geschichten, die sanft, aber bestimmt die Frage nach der Generationengerechtigkeit stellen. Immer wieder.
ISBN: 978-3-442-75684-1
Weiterlesen zum Thema Bienensterben: https://taz.de/Bienensterben/!t5022486/