vonMagdalena Schwarzwald 23.04.2023

Wiege, Bahre, Sex

Körper sein und Körper haben. Ein Blog über das Geboren werden, Sex und Sterben.

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“Sich zu verlieben ist keine Entscheidung, verliebt zu bleiben und sich zu lieben, jedoch schon.”  Das ist das neue Ding in der Instagram-Paartherapie und -beratungs – Bubble. Und natürlich weiß ich das nur, weil ich selbst tief eingetaucht bin. Liebe finde ich spannend. Alle Formen davon. Sehr sogar. Wobei hier schon die erste von vielen Fragen auftaucht. Gibt es wirklich all diese verschiedenen Arten von Liebe? Oder ist es am Ende nicht stets das tiefe Verbunden sein mit dem Gegenüber und dadurch mit sich und dadurch irgendwie mit dem Universum? Wenn man es so auf das Wesentliche reduziert?

Wenn ich mich mit Sex und / oder Tod beschäftige ist es nur naheliegend, dass früher oder später irgendwie Liebe auftaucht. Immerhin sprechen wir von “Liebe machen” oder sagen Sätze wie “Trauer ist auch nur eine Form von Liebe”. 

Aber zurück zum Anfang und den Fokus auf das “sich verlieben”. Nicht nur ich finde diese Frage nämlich spannend. Auch viele Wissenschaftler:innen beschäftigen sich mit dem Phänomen des Verliebtseins. 

Und man kann es nicht anders sagen: Wir sind erstmal krasse Opfer unserer körperlichen Prozesse. Wir erinnern uns: “Sich zu verlieben ist keine Entscheidung…” Was im Gehirn abläuft, wenn man süchtig nach etwas ist, und wenn man verliebt ist, das ist gar nicht mal so unterschiedlich. Sogar ziemlich ähnlich. Deutlich wird das auch, wenn man Leute untersucht, die unter Liebeskummer leiden. Schmerzen durch Verlassenwerden kann man gut mit Entzugssymptomen vergleichen. Seid also gut zu Menschen mit Liebeskummer. Sie leiden wirklich. (Aber das Thema Liebeskummer verdient einen eigenen Artikel.)

Welche Hormone machen uns denn so zu Opfern? 

Der Neurotransmitter Dopamin und die Hormone Vasopressin und Oxytocin werden bei Menschen, die verliebt sind, vermehrt ausgeschüttet. Also die volle Ladung Glück und Bindung. Während das Glück steigt, sind die Areale für Angst oder kritische Bewertungen zusätzlich weniger aktiv. Aber man kann es sich denken. So leicht ist es dann doch nicht. Wie so vieles auf dieser Welt ist es sehr komplex. Also gefühlt noch 743219 Hormone, Erfahrungen oder sonstige Faktoren mehr und dann wäre Verliebtsein vielleicht wirklich gut erklärt.  

Und trotzdem. Was wir jetzt also wissen –  Verliebt sein ist einfach doch wie die ganze Zeit leicht high sein. Es gibt schlechtere Zustände. Und Spoiler: Es hört meistens nach Wochen oder Monaten von selbst wieder auf und dann entscheidet sich, ob man sich für die Liebe entscheidet. Aber das soll uns jetzt einmal egal sein. So egal, wie verliebten Menschen die Welt um sie herum egal ist. Denn Verliebte brauchen meistens nichts. Wenn es die Umstände zulassen, nicht einmal mehr Kleidung. Denn oft sind sie gerne viel nackt und unter sich. Und tauschen alles Mögliche aus. Von Gedanken bis zu verschiedenen Körperflüssigkeiten. Sie teilen sogar ihre Spagettis und lutschen an der gleichen Spagetti, bis sie dann Körperflüssigkeiten austauschen können. (Na?! Naaa?! Welcher Disney Film ist es wohl? Disney und Liebe. Auch ganz großes Thema)

Sie verbringen jede Sekunde lieber gemeinsam als getrennt. Sie arbeiten keine einzige Überstunde mehr – denn sie wollen ja jede Sekunde gemeinsam verbringen. Also sind sie nachts trotzdem stundenlang wach. Sie schleppen sich am nächsten Tag irgendwie energiegeladen, aber auch müde in die Arbeit. Aber die ganze Energie, die sie haben, verwenden sie, um die Zustände der Vermissung zu ertragen und in Gedanken sind sie eh schon wieder ganz weit weg. Und ob das irgendwen in der Arbeit interessiert? Ist ihnen ja eh scheiß egal. Das Areal für schlechte Bewertungen ist ja ausgeschaltet. 

Sie haben keine Zeit mehr, um irgendwelches Zeug zu kaufen. Nicht mal Essen. Denn oft haben Verliebte ja auch nicht mal Hunger. Sie leben also wirklich von Luft und Liebe!

Und klar ist auch, dass es viele Produkte rund um die Liebe und das Verliebtsein gibt und sich ein riesiger Markt entwickelt hat um auch den Verliebten das Geld aus der Tasche zu ziehen – weil man sie denken lassen will, dass es noch besser wäre, hätte man jenes Produkt oder jenes Event gemeinsam. Oder man könne so am Ende gar die gegenseitige Zuneigung bewahren, anstatt mit Empathie und Zugewandtheit und all diesem Zeug.

Deswegen – verliebt euch! Für den Kampf gegen den Kapitalismus. 

Nur nicht in Heiratsschwindler:innen, die den Verliebten noch das letzte Hemd nehmen – weil die Verliebten natürlich bereitwillig bereit sind alles zu geben und sich völlig nackt zu machen. Aber ihr ahnt es – nicht nur im wörtlichen Sinne.

 

Grüße und Liebe

Eure Magdalena



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