Von taz-Verlagsgeschäftsführer Karl-Heinz Ruch
Ein halbes Jahrhundert funktionierte das Zeitungsgeschäft ungefähr so: „Morgens wurde das Scheunentor weit geöffnet, das Geld flog hinein, abends wurde das Scheunentor zugesperrt, das Geld wurde gezählt.“ So charmant erzählt ein norddeutscher Altverleger, der nun meint, die Verlage sollten sich nicht so anstellen, wenn sie mal wieder etwas für ihr Geschäft tun müssten.
Die taz hat von den goldenen Jahrzehnten der Zeitungen nur den Schein in weiter Ferne gesehen. Als sie im Jahr 1979 kam, war der Zeitungsmarkt fest gefügt. Den für das Geschäftsmodell Zeitung so wichtigen Anzeigenmarkt konnte die taz für sich nie erschließen, wodurch der Mangel chronisch implementiert war. Darum ging sie einen anderen Weg, als Alternative gegen die Etablierten und mit den neuen gesellschaftlichen Strömungen. Frühere Randthemen, wie Ökologie und Emanzipation, fanden sich zuerst in der taz, heute sind sie in der Mitte der Publizistik angekommen.
Die wichtigsten Standbeine des Geschäftsmodells taz heißen Kreativität und Solidarität. Das fängt bei den Abopreisen an, bei denen jedeR nach seinen finanziellen Möglichkeiten frei wählen kann, und wird bei unserer taz-Paywall „taz-zahl-ich“, die auf Freiwilligkeit im Internet setzt, nicht aufhören. Mit Unterstützung von vielen tausend Menschen ist die taz inzwischen so stark geworden, dass sie Solidarität zurückgeben kann. Die taz Panter Stiftung kümmert sich um den journalistischen Nachwuchs. Die taz-GenossInnen haben in diesem Jahr viel Geld für kleine ausländische Zeitungsgenossenschaften gesammelt.
Also alles bestens im Hause taz? Die Digitalisierung der Medien ist ein Prozess, den auch die taz nicht aufhalten kann. Die taz war die erste deutsche Zeitung im Internet. Die Frage, wie lange denn noch die taz als gedruckte Tageszeitung erscheint, entscheiden nicht wir, sondern unsere LeserInnen. Solange es genügend LeserInnen gibt, die jeden Tag eine taz im Briefkasten oder am Kiosk haben wollen, werden wir diesen Wunsch bedienen.
Durch unsere Präsenz im Internet erreichen wir heute mindestens die doppelte Zahl von LeserInnen als noch zu Zeiten der reinen Papierzeitung. Die Wünsche all dieser Menschen an die taz sind ganz unterschiedlich. Nicht alle wollen jeden Tag die taz gedruckt lesen. Manche wollen sie vielleicht gedruckt nur am Wochenende oder digital für ihr Tablet und einigen reicht es bestimmt, ab und zu bei taz.de vorbeizuschauen.
Gern erfüllen wir alle Wünsche unserer LeserInnen, müssen aber darauf achten, dass sich das irgendwie rechnet. Denn journalistische Qualität gibt es nicht kostenlos. Unsere Angebote an unsere LeserInnen werden wir weiter ausbauen und differenzieren. Gerade wurde der Berlin-Teil der taz neu aufgestellt. Die Resonanz ist so gut, dass wir mit dem Norden nicht lange warten werden. Das Wochenendabo hat für uns einen besonderen Stellenwert, auch da sind wir dran. Früher kauften viele eine Wochenendausgabe wegen der Rubrikenanzeigen auf der Suche nach Autos, Jobs und Wohnungen. Diese Anzeigen sind längst im Netz, heute kauft man am Wochenende die Zeitung, die man am liebsten lesen möchte.
Bisher kennt der digitale Markt noch keine durchschlagenden Geschäftsmodelle für Zeitungen. Für die Zukunft der News-Seiten im Internet werden jetzt Bezahlschranken hoch gehandelt. Wir wollen das nicht und setzen auf Freiwilligkeit. Eine Paywall ist bei taz.de nicht beabsichtigt.
Der Trauermonat mit den sterbenden Zeitungen endet bald. Dann kommt die Geschenkezeit und damit die beste Gelegenheit, sich aus dem umfangreichen Angebot der taz zu bedienen. Auf gehts!
Die taz PayWall ist eine gute Idee. Die taz lebt schließlich von der Solidarität von Lesern/inne/n und Genoss/inn/en. Ein Kritikpunkt: Warum muss die taz auf der PayWall nach dem Motto „Sex sells“ ein junges hübsches Mädchen im engen T-Shirt abbilden… hat die taz das nötig? Mich ärgert es, dass die inhaltliche Position der taz dem Sexismus entgegentritt, die PR aber darauf zurückgreift. Nichts gegen Fotos von hübschen Mädchen in engen T-Shirts… da, wo sie besser hingehören.