vonChristian Ihle 26.03.2009

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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„Omnibus ins Nirgendwo: In dem Episodenfilm „Deutschland 09“ wollten 13 namhafte, junge Regisseure die aktuelle Lage der Nation erörtern – rausgekommen sind 150 Minuten voll Banalität, Eitelkeit und Retro-Gags. Eine traurige „Nonstop Nonsens“-Version des deutschen Autorenkinos.
(…)
Doch in den deutschen Short Cuts anno 2009 sucht man vergeblich die gefährliche Präsenz eines Fassbinders, der an seinem nackten Genital reibend über die Negativkraftströme jener Zeit reflektiert.
Übrig geblieben ist dafür Onanie pur. Zum Beispiel der Beitrag von „Parfum“-Schöpfer Tom Tykwer, der in „Feierlich reist“ einen Business-Mann durch die gleichgeschaltete Welt von Starbucks und Co. schickt: Globalisierungskritik als narzistisches Schnittgewitter. Man arbeitet mit den gleichen Techniken, die man zu kritisieren vorgibt. Subversion sucht der Zuschauer vergeblich: Opas Kino ist zurück, es wurde allerdings teuer einparfümiert.
Überhaupt haben fast all die Etüden eine viel zu edle Optik – so sehen Semesterarbeiten besonders strebsamer Filmhochschüler aus. Ob man nun Sylke Enders Medienkritikminiatur „Schieflage“ nimmt, in dem ein Kamerateam in eine Suppenküche für Arme einfällt. Oder Wolfgang Beckers Politsatire „Krankes Haus“, für die der „Good Bye, Lenin!“-Regisseur so ziemlich alle Negativbegriffe hinsichtlich des abgewickelten Sozialstaats zur Kalauer-Metapher eines total verrückten Hospitals bündelt. Deutschland als Komapatient, wir lachen uns scheckig.
Da fühlt man sich an Dieter Hallervorden erinnert, der offensichtlich auch für andere Beiträge den spiritual adviser gegeben hat: Und jetzt der gespielte Witz! So sieht sie aus, die „Nonstop Nonsens“-Version eines deutschen Autorenkinos.
(…)
In den Kinos startete soeben mit sensationellen 600.000 Wochenendbesuchern Mario Barths „Männersache“, ein Film voller widerlicher Kalauer in widerlicher Kulisse. Es steht zu befürchten, dass in jeder Minute des Barth-Werks mehr deutsche Gegenwart steckt als in den 150 Minuten des eitel fotografierten Sammelwerks.“

(Christian Buß bei SpiegelOnline über den Episodenfilm „Deutschland 09“ – eine Ansicht, die wir durchaus teilen können)

Inhaltsverzeichnis:
* Die ersten 150 Folgen Schmähkritik

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