vonChristian Ihle 28.03.2017

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Wahnsinnige 15 Jahre ist es jetzt auch schon her, dass Wir Sind Helden mit „Guten Tag“ auf den Plan traten und in gewisser Weise dafür sorgten, dass auf einmal Radiosender deutschsprachiger Gitarrenrockmusik spielten. Aber gut, wir wollen sie mal nicht für Juli, Silbermond & Co verantwortlich machen! Nachdem Wir Sind Helden 2012 auf Eis gelegt wurde, erschien 2014 das erste Soloalbum von Judith Holofernes und Ende März wurde „Ich bin das Chaos“, Album Nummer Zwei, veröffentlicht. Nach ihren Lieblingstextern gefragt, nennt sie zwar mit Cohen, Costello und Morrissey drei der ganz großen Lyricslegenden, aber freut es uns natürlich besonders, dass auch ein Frühwerk von Ezra Furman, unserem Künstler 2015!, den Sprung in die Holoferneschen Five Favourites schafft:

Elvis Costello: This is hell

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Elvis Costello ist mein ungeschlagenes Songwriting -Idol. Die frühen Texte sind hauptsächlich sehr lustig und böse, auf späteren Platten hat er dann sein Herz entdeckt. Der lustige, schlaue Costello läuft hier zu Bestform auf. Der Protagonist in der Hölle gelandet und muss mit Grauen feststellen: Die Hölle ist genau wie der Himmel, nur umgekehrt. Nackte Starlets schwimmen in Champagner, ein Alleinunterhalter erzählt schlechte Witze ohne Pointe, Im Hintergrund läuft „My Favourite Things“ – aber in der Version von Julie Andrews, nicht der von John Coltrane. For ever and ever and ever.

Paul Simon: Boy in the bubble

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Paul Simons Musik ist so schön , dass die Texte in der Wahrnehmung oft untergehen. Dabei ist seine Art zu texten völlig einzigartig: poetisch, absurd und rhythmisch virtuos. Bei diesem Song hier habe irgendwie habe ich schon als Kind gespürt, dass der Text sehr traurig sein muss, obwohl die Musik ja eher, ähm, beschwingt ist. Erst vor ein paar Jahren hab ich erfahren, dass „The Boy in the Bubble“ auf einen echten Jungen anspielt: ein Kind mit einem schweren Immundefekt, dass in den 60er Jahren in einer sterilen „Blase“ am Leben gehalten wurde. Mit zwölf Jahren beschlossen die Eltern, den Jungen aus der Blase zu befreien, er starb kurze Zeit später. Das „Baby with the baboon heart“ wiederum war ein kleines Mädchen, dem ein Affenherz transplantiert wurde. Fragt nicht! These are the days of miracle and wonder? Seufz.

Morrissey: Everyday is like sunday

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Come, Armageddon, come Armageddon, come Armageddon, come!

Ikonisches, schlichtes, lakonisches, tief melancholisches Master–Songwriting. Irgendwann als Teenager hab ich mich an Morrissey überhört, mir ist plötzlich ein bisschen übel geworden von der ganzen Kühle und der Boshaftigkeit. Wahrscheinlich hatte ich ein paar Mal zu oft „Lifeguard Sleeping, Girl Drowning“ gehört, oder „Girlfriend in a Coma“. Aber in kontrollierteren Dosen entzückt mich die Grandezza des Herrn mit der Blume im Hintern (sorry, in der hinteren Hosentasche) immer noch sehr.

Ezra Furman: Take off your sunglasses

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Um hier nicht nur die Schwergewichte aufzufahren, zwischenrein mal ein Songwriter, der einfach hin und wieder ein SEHR lustiges Lied schreibt: Ezra Furman. Großartiger Song, bei dem der Witz nicht nur im Text selbst, sondern auch in der Form angelegt ist: Ezra streitet sich mit sich selbst und seinem imaginären Gegenüber, stammelt, stolpert, faselt, versteigt sich… zieht aber definitiv seine Sonnebrille nicht aus. Ganz großes Kino! Wie auch das sehr lustige Video mit dem Kinski –Zitat.

Antony/ Leonard Cohen: If it be your will

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Traurige Texte sind ja noch mal eine ganz eigene Kategorie für sich. Eigentlich die Königsdisziplin, finde ich. Viele meiner absoluten Lieblinsglieder sind so traurig, dass ich sie auch nach Jahren nicht hören kann,s ohne zu heulen. Die Allerbesten von Ihnen haben eine Ebene, die die Traurigkeit transzendiert und so etwas wie Erhabenheit und Trost anklingen lassen. So wie hier bei Antonys herzzereißender Version von Cohens „If it be your will.“

Das neue Album von Judith Holofernes ist bereits erschienen:

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Mehr aus dieser Reihe:
* Xao Seffcheque. Five Favourites im Postpunk
* Der Nino aus Wien. Five Favourites im Austropop
* Carsten Friedrichs (Superpunk, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen). Five Favourites im Northern Soul
* Candelilla. Five Favourites im Hip-Hop

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kommentare

  • Der Junge „Boy in the bubble“ starb nicht, weil die Eltern beschlossen ihn zu befreien sondern weil durch eine Knochenmarkspende von seiner Schwester ein latentes Epstein-Barr-Virus in seinen Körper gelangte, das bei der Untersuchung des Spendermarks nicht entdeckt worden war.

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