vontazpanterstiftung 29.11.2019

taz Panter Stiftung

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Vom Flughafen Tegel bis zur Redaktion der taz fahre ich mit der U-Bahn. Vorher hatte ich im Internet schon Kommentare über die Strenge der Kontrolleure des Berliner Untergrunds gelesen. Lange versuche ich mit dem Fahrkartenautomaten klar zu kommen und kaufe dann doch ein Ticket für die Zonen BC, obwohl ich eigentlich AB gebraucht hätte. Dieser dumme Fehler nervt mich, ich erwerbe das richtige Ticket. Und schon öffnen sich vor mir die Türen des Zuges. Dort steht ein Fahrrad, der Besitzer gleich daneben. Meine Stimmung, um mit dem russischen Schriftsteller Jewgeni Grischkowez zu sprechen, wird sofort besser.

In meiner Heimatstadt Belgorod fahre ich schon seit einigen Jahren, wenn es warm ist, mit dem Fahrrad zur Arbeit. Für mich ist das ein angenehmes Fortbewegungsmittel, dank dessen ich mir die Stadt so ansehen kann, wie das aus dem Fenster eines Autos oder Busses nicht möglich wäre. Dabei ist Belgorod zu einer Stadt geworden, die für Radfahrer konfortabel ist. In Berlin ist das Fahrrad bereits eine vollwertige Spielart des öffentlichen Nahverkehrs. In der taz gibt es Fahrradstellplätze für die Mitarbeiter, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Tausende Bewohner der deutschen Hauptstadt bewegen sich täglich mit dem Fahrrad fort. Im Unterschied zu vielen Belgorodern, scheint ihnen Fahrrad fahren nichts peinlichlich oder demütigend zu sein.

„Ach, die Radfahrer“, sagt Barbara etwas unzufrieden. Die tauchten immer unerwartet auf, führen abends oft ohne Licht und seien daher kaum zu sehen. Natürlich sind die gegenseitigen Ansprüche von Fußgängern, Autofahrern und Radfahrern nur schwer in Einklang zu bringen. In Berlin wird jedoch für den Komfort aller Teilnehmer am Straßenverkehr eine Menge getan – Fahrradwege, Stellplätze für Fahrräder. Belgorod hat diesen Weg noch vor sich.

„Din, din, din!“ – höre ich hinter meinem Rücken auf dem Weg zum Hotel. Das ist, anstelle einer Klingel, das Warnsignal eines kleinen Mädchens, dessen Mutter sie auf dem Fahrrad nach Hause bringt. Das ist sehr nett. Und alle lächeln.

Wadim Kumejko, Russland

Aus dem Russischen Barbara Oertel

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