vonMargarete Stokowski 18.10.2015

Buchmesseblog

taz-Autor*innen bloggten live von den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt. Ein Schmöckerladen für Buchliebhaber*innen.

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Jetzt geht das alles wieder zu Ende hier, reicht ja auch langsam. Gerade bin ich noch am Stand der Edition Tiamat vorbeigelaufen, kurz stehen geblieben bei Klaus Bittermann, und, oh, ja, ich hatte es fast vergessen, also, was heißt „fast“, ich hatte es vergessen: Funny van Dannen hat ein neues Buch! Es heißt „An der Grenze zur Realität“ und es sind viele Texte drin, lauter kleine. So wie der sehr kleine hier oben, siehe Foto.

Ich liebe Funny van Dannen. Ich glaube, Funny van Dannen ist für mich das, was für andere Leute Paulo Coelho ist. Er macht, dass alles gut ist und sinnvoll. Eine Welt, in der alles kaputt und vergiftet, verseucht und hässlich wäre, müsste man nicht wegsprengen, solange es darin noch ein Buch oder eine CD von Funny van Dannen gäbe.

Der erste Satz im Buch ist: „Eine kleine Gurkenwalherde hatte die Orientierung völlig verloren und sich in einen Baggersee verirrt.“ Gurkenwale. So geht das weiter, das ganze Buch: Es gibt eine Kiwi, die sich mit einer Wimper streitet, zwei Bratwürste, die Lisa und Marco heißen und Menschen eklig finden. Und natürlich ist auch Gott wieder am Start, es geht um irgendwas mit „Planetenkotze“, so gründlich hab ich das Buch jetzt in der halben Stunde, in der ich es habe, auch noch nicht gelesen.

Wo wir gerade bei so lustigen und schönen Sachen sind, hier noch zwei andere lustige Bücher. Beide haben mit Volker Surmann zu tun. Das erste ist ein Roman von ihm selber. „Mami, warum sind hier nur Männer?“ heißt es. Es fängt ganz toll an, und ich könnte bestimmt auch sagen, dass es ganz toll weitergeht und endet, wenn ich es schon durchgelesen hätte, hab ich aber leider noch nicht.

Erster Satz: „Ich hasse Schwule.“ Das sagt der Betreiber eines Gay Resorts auf Sardinien (der selber schwul ist). Ein Ort, an dem Schwule ganz unter sich Urlaub machen, normalerweise. Wenn nicht gerade eine Mutter mit zwei Kindern dort aufschlägt, weil das Auto, mit dem sie von ihrem Mann abhauen wollte, liegen geblieben ist. Und das einzige Hotel in der Nähe war diese Schwulen-Anlage, in dessen Anzeigen steht: „Eigener Pool, Sauna, Cruising Area. Alle Zimmer mit Meerblick. Duschköpfe garantiert abschraubbar. 100 % gay – keine Frauen, keine Kinder.“ Normalerweise, wie gesagt.

Die Mutter mit den beiden Kindern strandet also im Schwulenparadies und es passieren lustige Dinge. Die Erzählperspektive wechselt zwischen den Protagonist_innen hin und her, das ist schlau gemacht, weil die Homo- und Heterowelten besonders absurd aneinanderklatschen. „Er hat mich gefragt, ob ich eine Bio-Frau bin!“, regt die Mutter sich auf. Und ja, ist sie.

Das Buch ist bei Goldmann erschienen, und das ist gut. „Ich will kein Homo-Autor sein“, hat Volker Surmann mal geschrieben, als ihm gesagt wurde, ein Buch von ihm hätte „keine Chance auf dem Markt, weil es zu viel Homosexualität beinhalte“. 2010 war das. Das Buch erschien dann im Querverlag. Bücher von Schwulen über Schwule für Schwule. Diesmal also Goldmann. Unschwul. Es wäre schade für ein Buch wie das aktuelle, das ja gerade das Zusammentreffen von Homos und Hetereos behandelt, wenn es nur von Homos gelesen wird. So ist das doch alles nicht gemeint. Elmar Kraushaar hat das Buch in der Berliner Zeitung besprochen, Rubrik „Schwules“. Und gestern las Volker Surmann aus dem Buch – nicht in den Messehallen, nicht bei Open Books, sondern bei der lesbisch-schwulen Lesenacht. Schwule Schublade auf, schwules Buch rein, fertig. Schade.

Das zweite Buch, das mit Volker Surmann zu tun hat, ist von ihm und Heiko Werning herausgegeben: „Ist das jetzt Satire oder was? Beiträge zur humoristischen Lage der Nation“, Satyr-Verlag. Es geht um Satire und wie und ob Leute sie verstehen.

„Nun sollte man denken“, schreiben die Herausgeber im Vorwort, „dass eingedenk des flächendeckenden Bombardements durch Satire die Deutschen im Umgang mit ihr mittlerweile geübter wären. Doch weit gefehlt“. Unter anderem dokumentiert das Buch die Debatte nach den Charlie-Hebdo-Morden; teilweise wurden die Beiträge dafür nochmal aktualisiert, mit einem halben Jahr Abstand. Tucholsky ist mit drin, und dann haufenweise Lesebühnenautor_innen und Leute von der Titanic und der taz, insgesamt 39 Autor_innen. Ich mach jetzt keinen großen Werbeblock, es ist nämlich auch ein Text von mir drin, er heißt „Sie hat ‚ficken‘ gesagt“ und handelt von Reaktionen auf Kolumnen, die etwas mit Sex zu tun haben. Ich freu mich: Es ist das erste gedruckte Buch, wo ein Text von mir drin ist.

 

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