Amalthea von Neal Stephenson (2015) ist zwar schon einige Jahre alt, doch er ist mir erst jüngst in die Hände gefallen – als Geschenk. Und ebenso empfinde ich diesen grandiosen Roman, der eigentlich aus zwei Büchern besteht, in denen soziologische Themen ebenso wichtige Rollen spielen, wie die erdnahe Astrophysik – als der Mond durch ein unbekanntes Ereignis auseinander bricht und die Trümmer wenig später die Erdatmosphäre zum Brennen bringen. Retten lassen sich nur wenige Menschen, dank der erweiterten ISS, die zwischenzeitlich am Asteroiden Amalthea festgemacht wurde. 5.000 Jahre später ist der Planet für eine Neuansiedlung bereit, bei der es einige Überraschungen gibt, die ebenfalls durch ihre soziopolitischen Aspekte berühren. Der Roman bricht eine Lanze für die Hartnäckigkeit und den Überlebenswillen unserer Spezies, trotz aller ihrer individuellen Mängel und Unzulänglichkeiten.
Erddämmerung von James Rollimns (2012/2022) liegt an der Schnittstelle von SF und Fantasy. Auch hier hat die Geschichte in einer fernen Zukunft mit einem drohenden Mondsturz zu tun – doch diesmal ist es eine auf mittelalterliche Denkweisen und Technologien zurückgeworfene Gesellschaft, die sich damit auseinandersetzen muß. Den 2. Band namens Erddämmerung – Die Reise in die Dunkelheit (2023) habe ich noch nicht gelesen, bin jedoch schon sehr gespannt darauf, denn die Charaktere wecken Sympathie und Mitgefühl, die Kreaturen sind abenteuerlich und wild, und die Intrigen äußerst modern und tödlich – eine gelungene Mischung.
Außerirdisch von Dennis E. Taylor (2022/2023) ist eher ein Jugendroman, wenn nicht die vielen Anspielungen wären, die einen umfassenden Einblick in die Geschichte der SGF erfordern, um verstanden zu werden. Es geht um KIs und einen überfahrenen Außerirdischen, dessen zurückgelassenes Raumschiff und den MIT-Abbrecher Jack – was eine gut lesbare, spannende und explosive Mischung ergibt.
Der Thron der Sonne von Christopher Ruocchio (2020/2023) ist der 3. Band der sogenannten Sonnefresser-Saga – einer fiktiven Zukunft, in welcher Hadrian Marlowe einem Imperator dient, dessen Herkunft auf die südamerikanischen Frühkulturen zurückgeht – quasi Mayas mit Raumschiffen. Wort- und bildgewaltig und mit rund 1150 Seiten auch ziemlich anspruchsvoll. Das Fazit: Nichts für Warmduscher.
Sphere – Die Gedanken des Bösen von Michael Crichton (1987/1998) wird als der ‚Thriller zum Film‘ vermarktet. In den Tiefen des Pazifik wird eine unbekanntes Raumschiff-Wrack entdeckt, das Gedanken lesen und die schlimmsten Ängste der untersuchenden Wissenschaftler zum Leben erwecken kann. Eher Horror als SF, aber aufgrund Crichtons hochprofessionellem Schreibstil spannend zu lesen.
Das Rad der Ewigkeit von Tibor Rode (2013/2015) ist einer der vielen Romane, die sich mit der Erfindung eines ‚Perpetuum Mobile‘ befassen, wobei hier eine direkte Linie zwischen dem vor 300 Jahren bekannt gewordenen Besseler-Rad und der Gegenwart gezogen wird. Für Leute vom Fach eine besondere literarische Praline.
Mickey 7 – Der letzte Klon von Edward Ashton (2022/2022) ist der humorvolle Bericht über einen Klon, der auf einem Kolonisierung-Vorposten die ‚schmutzige‘ Arbeit zu leisten hat. Dabei stirbt er mehrfach und wird schnell wieder aus dem Bottich neu herausgezogen, zwar ohne die Erinnerung an sein jüngstes Ableben, aber an alles davor. Bis er eines Tages vor sich selbst steht, weil sein Vorläufermodell doch nicht abgekratzt ist, wie alle angenommen haben. Was natürlich zu allerlei Verwicklungen führt und das Beste und Schlechteste der menschlichen Natur zum Vorschein bringt.
China Brain Project von Stephan Becher (2022) geht über das Thema KI hinaus, da hier die Simulation eines menschlichen Gehirn das Hauptziel im internationalen Wettbewerb ist. Wobei China die meisten Ressourcen dafür bereitstellt und sich das beste ausländische Know-How einkauft. Das wiederum so mit seinen jeweiligen Herkunftsländer verbandelt ist, daß es jederzeit als spionageverdächtig aufgedeckt werden könnte – wenn die Forscher nicht intelligenter als die Überwachungssysteme agieren. Äußerst spannend und aktuell.
Colliatarch von Alan Dean Foster (1984/1986) trägt wie so viele Romane des Autors einen Titel, der keinerlei Rückschlüsse auf den Inhalt erlaubt. In diesem Buch geht es um der Elektronikspezialisten Eric, der eines Tages flüchtig eine junge Frau in einem Fahrzeug sieht, deren Anblick er nicht mehr vergessen kann. Als der Privatdetektiv ermordet wird, den er mit der Suche beauftragt, eskaliert die Angelegenheit zu einem deftigen Krimi und romantischem Chaos– während der gigantische, namensgebende Computerkomplex (wie KIs damals genannt wurden) besonderes Interesse an Eric entwickelt. Es geht um Freiheit und Identität, Aliens und positive Menschlichkeit.
Infinite – Die Unsterblichen von D. Eric Maikranz (2021/2022) ist durch seine Verfilmung mit Marc Wahlberg bekannt geworden. In Stichworten: Alte Dokumente, ein Geheimbund, Unsterbliche im Kampf miteinander und andere Kalamitäten, aber kaum ein SF. Anschauen lohnt sich, lesen auch, allerdings mit Vorbehalt, da die Philosophie des Ganzen ziemlich flach ist und wie ‚Cloud Atlas‘ für Arme wirkt.