vonHans Cousto 05.06.2020

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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Am 17. März 2020 verkündete die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), dass sie ein neues Projekt zur Cannabisprävention gestartet habe. Auf ihrer Website heißt es unter dem Titel „Bundesweite Ausschreibung für neue Cannabisprävention via Social Media gestartet“, dass sowohl bei Jugendlichen als auch unter den Erwachsenen Cannabis seit Jahren unter den illegalen Drogen die prominenteste Rolle einnehme. Der Konsum bei Kindern und Jugendlichen steige seit 2011 kontinuierlich an. Um diesem Trend entgegenzuwirken, starte die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nun die Ausschreibung für eine neue Cannabisprävention via Social Media. Wörtlich wird Ludwig in der Überschrift der Pressemitteilung mit den Worten „Weniger Flyer, mehr Social Media – wir brauchen dringend bessere Cannabisprävention in der Sprache der Jugendlichen!“ zitiert.

Die Ausschreibung gewannen die Buzz Medien in Berlin

Am 29. Mai 2020 präsentierten die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig und die Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Dr. Heidrun Thaiss sowie der Begründer und Content Marketing Officer der Buzz Medien, Kay Lübbers, das neue Konzept. Die Pressekonferenz hierzu ist im Internet verfügbar, jedoch nicht in Suchmaschinen gelistet. Offenbar soll sie für Journalisten nicht so leicht zu finden sein. Um den Link zu finden, muss man in sozialen Netzwerken wie Twitter suchen. Dies ist wohl in der Tatsache begründet, dass bei 16.706 Ansichten des Videos (Stand 5. Juni 2020, 11:15 Uhr) nur 86 (0,5 Prozent) positive Einschätzungen zu sehen sind (Daumenhochsymbol), jedoch 4.166 (24,9 Prozent) negative Einschätzungen (Daumenruntersymbol).

Bemerkenswert ist hier auch die Tatsache, dass in der Pressemitteilung der Drogenbeauftragten, die am gleichen Tag (29. Mai 2020) unter dem Titel „Bundesweiter Kick-Off für gemeinsame Cannabisprävention via Social Media“ erschien, nur die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig und die Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Dr. Heidrun Thaiss, namentlich erwähnt werden, der Repräsentant der Buzz Medien, Kay Lübbers, der ebenfalls bei der Pressekonferenz auf dem Podium saß und das Konzept erläuterte, jedoch namentlich nicht erwähnt wurde. Kay Lübbers ist in der Medienwelt kein Unbekannter. Seit 2014 betreibt er gemeinsam mit bekannten Bloggern, YouTubern und Instagrammern wie Willy Iffland (Dressed like machines) oder Joab Nist (Notes of Berlin) ein unabhängiges Medianetzwerk und promotet Influencer-Kampagnen für Kunden wie REWE oder die Deutsche Bahn. Er wurde zum Beispiel mit dem Deutschen Multimedia Award ausgezeichnet. Seine Nichtnennung in der Pressemitteilung zeugt nicht von Anstand, Würde und Respekt seitens der Drogenbeauftragten sondern eher davon, dass sie noch lernen muss, auf ausgeglichener Augenhöhe mit den Menschen zu kommunizieren.

Mach Dich Schlau

Das vorgestellte Konzept steht unter dem Motto „Mach Dich Schlau“. Drugcom.de ist ein bestehendes Angebot der BZgA (Foto: Buzz Medien)
Das vorgestellte Konzept steht unter dem Motto „Mach Dich Schlau“. Drugcom.de ist ein bestehendes Angebot der BZgA (Foto: Buzz Medien)

Das Motto der Kampagne „Mach Dich Schlau“ ist positiv besetzt und regt die Leute sicher besser an sich schlau zu machen als die Leitmotive früherer Kampagnen. Zum Vergleich: Am 29. September 2016 wurde in Berlin eine Präventions- und Aufklärungskampagne zu Cannabis gestartet. Unter dem Titel „Zu breit?“ wollte die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Jugendliche und Erwachsene mit der Kampagne aufrütteln, über die gesundheitlichen und sozialen Risiken des Cannabiskonsums informieren und zum Jugendschutz beitragen. Hauptverantwortlicher für die Kampagne in Berlin war Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). Die Kampagne verfehlte jedoch ihr Ziel, obwohl sie recht großkotzig angedacht war und den Steuerzahler 500.000 Euro kostete. Sie erntete in der Kifferszene vor allem Hohn und Spott und auch bürgerliche Kreise amüsierten sich über die wirklichkeitsfremden Überzeichnungen in den präsentierten Materialien.

Es sei hier angemerkt, dass auch frühere Kampagnen, die mit Unterstützung der Bundesregierung respektive der Drogenbeauftragten nicht den gewünschten Erfolg erzielten. Man denke beispielsweise an die Kampagne „Fuck Drugs!“. Zum Welt-Anti-Drogen-Tag am 26. Juni 2014 startete BRAVO (Heft 27/2014) die neue Anti-Drogen-Kampagne „Fuck Drugs!“. Die neue Aufklärungskampagne von Europas größter Teenager-Multimediamarke der Bauer Media Group wurde von der damaligen Drogenbeauftragten der Bundesregierung Marlene Mortler unterstützt.

Den Lesern wurde suggeriert, dass der Konsum von Haschisch und Marihuana in der Regel Depressionen auslöse und dass der Konsum zu Niedergeschlagenheit führe. Diese Behauptung steht jedoch im Widerspruch zu den Erfahrungswerten der meisten Jugendlichen, die sich nach dem Kiffen weder depressiv noch niedergeschlagen fühlen, sondern heiter und lustig. Man sieht recht häufig Jugendliche, die nach dem Kiffen von ganzem Herzen lachen und nur sehr selten solche, die depressiv in die Welt schauen. Eine so einseitig dämonisierende Botschaft, wie sie in der BRAVO vermittelt wurde, wirkt einfach unglaubwürdig und ist damit im präventiven Sinn unglaubwürdig. In der Folge dementierte jedoch das Gesundheitsministerium eine Zusammenarbeit mit der Drogenbeauftragten in der Sache „Fuck Drugs!“ in aller Deutlichkeit, wie aus der Korrespondenz von Martin Steldinger vom Hanf Museum mit Frag den Staat hervorgeht.

Die Kampagne „Fuck Drugs!“ der BRAVO erinnerte stark an die Kampagne „Keine Macht den Drogen“, die am 24. April 1990 von dem Fußballspieler Karl-Heinz Rummenigge mit Hilfe der Bundesregierung gestartet wurde. Wie das Institut für Therapieforschung (IFT) in München ermittelte, war die Kampagne zwar bei über 80 Prozent der Befragten im Alter zwischen 15 und 24 bekannt – hatte aber für den Einzelnen und seinen Umgang mit Drogen kaum Bedeutung. Bekannt wurde die Kampagne „Keine Macht den Drogen“ vor allem auch durch die Parodien auf diese Kampagne wie „Keine Macht den Doofen“ oder „Keine Nacht ohne Drogen“. Viele Jugendliche wurden durch diese Kampagne zum Drogenkonsum animiert. Sie bewirkte genau das Gegenteil von dem, was sich die Initiatoren wünschten.

Drugcom, ein Projekt der BZgA

Die Pressemitteilung Nr. 11 vom 26. Juli 2001 von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Frau Marion Caspers-Merk, hatte den Titel: „besoffen, verstrahlt, bekifft, verpeilt“ – http://www.drugcom.de ist online! In dieser Pressemitteilung wurde „drugcom“ wie folgt vorgestellt:

drugcom.de ist ein Internetportal rund ums Thema Drogen. Hier können Jugendliche chatten, Fragen stellen und ihr Wissen über Alkohol, Tabak und illegale Drogen wie Ecstasy oder Cannabis testen. Das Projekt ging am Love-Parade Wochenende ans Netz und hatte bereits in den ersten zwei Tagen über 37.000 Zugriffe. Am häufigsten wurden dabei Fragen zu Cannabis gestellt.

Ziel des Projektes ist es, Jugendliche auch außerhalb der Techno-Party-Szene ansprechen. Ein wesentlicher Schwerpunkt soll die Vermittlung von Wissen über die verschiedenen Substanzen (Drogenwissen) und die kritische Reflexion eigener Drogenerfahrung sein. Das Angebot soll personalkommunikativ sein, d.h. einen Dialog von Diskussionen bis hin zu Beratungsgesprächen ermöglichen. drugcom.de ist ein „atmendes Medium“. Wenn sich neue Projekte vorstellen wollen, wenn Wissensfragen ergänzt werden müssen, wenn aktuelle Informationen auftauchen – im Internet können diese Änderungen jederzeit und schnell eingearbeitet werden.

Die Redaktion des Szeneprojektes Eve & Rave e.V. Berlin fand auf den Seiten von www.drugcom.de zahlreiche fehlerhafte Angaben und startete deshalb an Ostern im Jahr 2002 den „Wettbewerb Drogenkompetenz“ mit der Auforderung, falsche Angaben auf der Website www.drugcom.de zu finden. Es gingen bei der Redaktion von Eve & Rave Berlin zahlreiche Einsendungen ein und die gefundenen Fehler wurden in einem ersten Zwischenbericht auf der Website der Freien Arbeitsgemeinschaft DrogenGenussKultur an Pfingsten 2002 unter dem Titel „Wettbewerb Drogenkompetenz – Fehlersuche bei www.drugcom.de“ veröffentlicht. In der Folge haben die Verantwortlichen der Website www.drugcom.de sehr schnell die meisten Fehler korrigiert, so dass sich die Erstellung eines Endberichtes erübrigte. Auf jeden Fall hat der Wettbewerb wesentlich dazu beigetragen, dass die Qualität des Angebotes von www.drugcom.de verbessert wurde. Die Teilnehmer/innen des Wettbewerbs haben nicht nur sich schlau gemacht, sondern auch die Macher von www.drugcom.de.

Inzwischen ist www.drugcom.de seriöser geworden und man findet dort zu diversen Themen gut recherchierte Informationen. Doch einige Themen werden ausgeblendet. Sucht man beispielsweise Informationen zu Drug-Checking, so findet man auf der Seite keine Hinweise hierzu im redaktionellen Teil, nur in einem Leserkommentar kommt das Wort Drug-Checking vor. Das Thema Drug-Checking wurde ja in den letzten Jahren verschiedentlich auf Landes- und Bundesebene in Gesundheitsausschüssen und Parlamenten diskutiert. Doch für das BZgA-Projekt www.drugcom.de scheint das bis heute ein Tabuthema zu sein. Um sich schlau zu machen, muss man sich halt woanders informieren, so zum Beispiel in der Schweiz auf dem Portal von Safezone.

In Deutschland gab es von Februar 1995 bis September 1996 ein Drug-Checking-Programm, doch der Staat wollte das nicht goutieren und erzwang die Einstellung des Programms. Das Amtsgericht wie auch das Landgericht in Berlin konnten jedoch bei dem Drug-Checking-Programm kein strafwürdiges Handeln erkennen. Dennoch herrscht bezüglich Drug-Checking in Deutschland seit mehr als 20 Jahren Stillstand. Die verantwortlichen Politiker/innen sind offenbar in Deutschland nicht in der Lage sich schlau zu machen. Da hilft ihnen vielleicht die von den Buzz Medien gestaltete Kampagne „Mach Dich Schlau“ auf die Sprünge.

Leute machen sich schlau

Aufgrund der Coronapandemie versuchten sehr viele Menschen sich im Internet schlau zu machen. Gemäß den Angaben des Portals SimilarWeb haben im Februar 2020 etwa 6.200.000 Besucher auf der Website des Robert Koch Instituts nach Informationen gesucht. Im März waren es etwa 66.600.000, was einer Steigerung um mehr als das Zehnfache entspricht. Im April waren es jedoch nur noch 34.700.000, also nur noch etwas mehr als halb so viele wie im März. Der Rückgang vom März zum April ist erstaunlich groß, wenn man die massive Präsenz des Robert Koch Instituts in den großen Massenmedien in Betracht zieht. Bemerkenswert ist auch, dass weniger als 2 Prozent via soziale Netzwerke auf die Website des Robert Koch Intituts gelangten.

YouTube machte kräftig Werbung für die BZgA. Unter vielen Videos war ein Hinweis zu sehen der da lautete: „COVID-19 – Aktuelle, wissenschaftliche Informationen finden Sie bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.“ Der Hinweis war mit einem Link zum Portal Infektionsschutz der BZgA verknüpft. Im Februar verbuchte die Seite Infektionsschutz etwa 2.250.000 Besucher, im März etwa 15.000.000, das heißt mehr als das Sechsfache. Im April lag die Zahl dann bei etwa 5.250.000 Besuchern, das ist etwa nur noch ein Drittel im Vergleich zum Vormonat. Über 60 Prozent der Besucher kamen via soziale Netzwerke auf diese Seite der BZgA. Die Akzeptanz der dort gelieferten Informationen waren bei den Nutzern sozialer Netzwerke um ein vielfaches größer als jene des Robert Koch Instituts.

Auf die Stammseite der BZgA hatte die Coronaepidemie keinen großen Einfluss, da die entsprechenden Informationen auf dem Portal Infektionsschutz zusammengefasst dargestellt wurden. Für die Stammseite der BZgA werden von SimilarWeb folgende Besucherzahlen angegeben: Februar: 160.000; März: 380.000; April: 180.000. Von März bis zum April sank die Besucherzahl somit etwa um die Hälfte.

Ein sehr anderes Bild zeigt sich bei den Daten bezüglich der Website Swiss Policy Research (SPR, swprs.org). Diese Website ist ein freies autonomes Projekt und wird nicht von einer Regierungsstelle finanziert und wird in den großen Massenmedien selten bis nie erwähnt. Wahrend der Coronapandemie wurde hier die Rubrik „Fakten zu Covid-19“ eingerichtet und immer wieder aktualisiert. Dies machte die Website Swiss Policy Research (SPR) international bekannt. Die Website hatte im Februar etwa 30.000 Besucher, im März 1.500.000 und im April 3.950.000. Von Februar zum März entspricht dies einer fünfzigfachen Zunahme der Besucherzahl und vom März zum April nochmals weit mehr als einer Verdoppelung. Ein Viertel der Besucher kamen via soziale Netzwerke auf die Website Swiss Policy Research, doch mehr als die Hälfte (55 Prozent) wählten direkt die URL, um auf die Website zu gelangen. Die dort gegebenen Informationen werden von den Besuchern der Website als vertrauenswürdig angesehen, es gab von März zum April keinen Rückgang der Besucherzahlen wie auf den Seite des RKI und der BZgA.

Websites zum Thema Drogen

Wegen der Coronapandemie sind die Besucherzahlen auf vielen Websites zum Thema Drogen rückläufig. Bei drugcom.de sank die Zahl gemäß SimilarWeb von Januar bis April von 550.000 auf 430.000 und beispielsweise bei Eve & Rave Schweiz von 820.000 auf 510.000. Eve & Rave Schweiz zieht mehr Besucher an als drugcom.de, obwohl die Macher der Seite kein Geld für Werbung haben und der Verein auch keine finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite erhält. Doch beide Seiten haben aber etwas gemeinsam: Die Zahl der Besucher, die via sozialen Netzwerken auf die Seiten gelangen, ist sehr gering und liegt bei drugcom.de bei 0,46 Prozent und bei Eve & Rave Schweiz bei 1,22 Prozent. Zum Vergleich: Die Zahl der Besucher auf der Website des Deutschen Hanfverbandes (DHV) ging von Januar bis April nur leicht zurück, gemäß SimilarWeb von 230.000 auf 220.000, der Anteil der Besucher die via soziale Medien auf die Website kamen, lag hier jedoch über zehn Prozent.

Fazit

In den sozialen Netzwerken unter dem Motto „Mach Dich Schlau“ aktiv zu werden ist sicher sinnvoll und animiert sicher auch viele Leute zu vermehrter Recherche. Damit wird nicht nur der Ruf und das Ansehen von drugcom.de gefördert, sondern auch andere Projekte wie beispielsweise die Petition für eine grundlegend neue Drogenpolitik rücken dadurch mehr in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit. Dann können die Leute für sich besser abschätzen, ob Kiffen cool oder uncool ist respektive, ob Nichtkiffen cool oder uncool ist. Schlau sind auf jeden Fall diejenigen, die unvoreingenommen zu diesem Thema respektive zu dieser Frage recherchieren. Ja Schlau sind diejenigen, die zu Themen wie Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit recherchieren und dabei ihr Set (Befindlichkeit und Erwartungshaltung) und Setting (Rahmenbedingungen des Konsums psychotrop wirkender Substanzen) in ihre Überlegungen mit einbeziehen.

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https://blogs.taz.de/drogerie/2020/06/05/social-media-kampagne-zur-cannabispraevention/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • WOW!!! Also DIE Antwort von Frau Dialogbereit müsst ihr euch mal geben!

    https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/daniela-ludwig/fragen-antworten/521347

    Und die Frau schreibt allen ernstes das hier auf ihrer Webseite:

    „Politik und insbesondere Drogen – und Suchtpolitik funktioniert nur im Dialog und den biete ich gern an.“

    https://www.drogenbeauftragte.de/beauftragte/daniela-ludwig.html?L=0

    Der Focus titelte noch: Drogenbeauftragte reagiert patzig auf Reporter-Frage: „Cannabis ist kein Brokkoli“

    „Bei der Pressekonferenz zur Drogenaffinitätsstudie wich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, einer offenbar unbequemen Reporter-Frage aus. Tilo Jung, vom Onlineportal „Jung und naiv“ fragte Ludwig: „Halten sie Alkohol auch für gefährlicher als Cannabis?“ Für ihre Antwort kassiert die Drogenbeauftragte nun Spott und Häme in den Sozialen Medien.“

    Der Artikel ist mittlerweile verschwunden. Das es den überhaupt beim Focus gab hat mich gewundert. Da war wohl der Censor pinkeln. Aber dass er existierte zeigt archive.org (Auf der Seite mal runterscrollen oder eine Seiten-Textsuche nach Daniela Ludwig machen):
    https://web.archive.org/web/20200706072918/https://www.focus.de/

  • „ist positiv besetzt und regt die Leute sicher besser an sich schlau zu mache „
    – da sind mehrere Schreib-Fehler, glaube ich.

  • Wer das erste Mal Alkohol trinkt weiss noch nicht was passiert wenn er zuviel erwischt. Der richtige Umgang will erlernt sein. Dabei können unerfahrene Konsumenten von den Erfahrungen von Erwachsenen profitieren. Wenn aber schon allein der Besitz verboten ist dann findet der Konsum vorwiegend heimlich statt, wo niemand beobachten kann wie vernünftig oder unvernünftig damit umgegangen wird. Auch wird kaum jemand offen über eigene Erfahrungen berichten, wenn er damit zugeben muss, ein Gesetzesbrecher zu sein. Statt aus den Erfahrungen von Erwachsenen lernen zu können werden Jugendlichen dazu verdammt, aus den eigenen Fehlern lernen zu müssen, manchmal mit tragischen Konsequenzen.

    Die meisten (gerade Erwachsene) Erstkonsumenten stellen recht schnell fest, dass ein moderater Konsum von „Partydrogen“ (MDMA, Speed, LSD) – von Cannabis ganz zu schweigen – durchaus zu vereinbaren ist mit einem Leben, das in normalen Bahnen verläuft. Die Justiz ist überlastet. Die meisten Drogendelikte, die vor Gericht kommen, sind Konsumentendelikte. Nimmt man denen die Drogen weg, kaufen sie halt neue.

    Die Weltkommission für Drogenpolitik zum Thema Prävention: „Die Angst vor Drogen hat sich in der Annahme niedergeschlagen, dass alle Drogen schlecht sind und „dein Leben ruinieren werden“. Daher ist das primäre Ziel der Prävention seit vielen Jahren die völlige Abstinenz. Dies zeigte sich vor allem in den „Sag einfach Nein“-Kampagnen der 1980er-Jahre in den USA, die in Asien, Afrika und Europa kopiert wurden. Es gibt nicht nur kaum Beweise für die Wirksamkeit einer solchen Botschaft, sie ist wahrscheinlich sogar kontraproduktiv.

    Studien deuten darauf hin, dass Kinder, die dieser Botschaft ausgesetzt sind, eher Drogen konsumieren. Diese simplistische Botschaft der Primärprävention mag in einigen Fällen abschreckend wirken, birgt aber andere Risiken: nämlich die Gelegenheit zu verpassen, über die tatsächlichen Schäden von Drogen zu informieren und denjenigen, die trotzdem experimentieren werden, zu ermöglichen, dies auf die sicherste Art und Weise zu tun. Solche Botschaften untergraben zudem die Vertrauensgrundlage zwischen Behörden und Jugendlichen.

    Die sekundäre Prävention, die sich mit der Früherkennung und Verminderung des Alkohol-, Tabakund sonstigen Drogenkonsums befasst, wird ebenfalls durch die Botschaft „Sag einfach Nein“ behindert: Jugendliche, die mit dem Drogenkonsum in ihrer unmittelbaren Umgebung umfangreiche Erfahrungen aus erster Hand gemacht haben, ohne ernsthafte Schäden, werden vermutlich alle weiteren offiziellen Informationen ignorieren. Wenn den offiziellen Meldungen zum Thema nicht geglaubt werden kann, erschwert sich die Suche nach zutreffenden Informationen erheblich. Es gibt Belege dafür, dass es nicht in erster Linie die offiziellen Mitteilungen sind, die den lebenslangen Drogenkonsum positiv beeinflussen, sondern Programme, die sich auf frühzeitige Maßnahmen innerhalb des nahen sozialen Umfelds (einschließlich Schulen und Familien) konzentrieren und sich mit anderen Themen als dem Drogenkonsum befassen, nämlich der sozialen und verhaltensbezogenen Entwicklung.

    Öffentliche Aufklärungskampagnen zu Jugend und Drogenkonsum könnten aber funktionieren, wenn dabei ehrliche Informationen bereitgestellt werden, eine Mäßigung bei jugendlichen Experimenten angeregt wird und die Sicherheit durch Wissen im Vordergrund steht. Eine Inspiration hierfür sind Safer-Sex-Klassen, die sich in der Schadensminderung als wesentlich wirkungsvoller erwiesen haben als reine Abstinenzforderungen.“

    Quelle: Weltkommission für Drogenpolitik, „Das Drogen (Wahrnehmungs)problem – Wider die Vorurteile gegenüber Menschen, die Drogen konsumieren.“ (GDCP-Report 2017) https://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2018/05/GCDP-Report-2017_Perceptions-GERMAN.pdf

    „Natürlich fordert niemand eine Cannabis Freigabe für Minderjährige, aber das wird unterschlagen für die maximale Drohkulisse gegen Kiffer und Hanfpatienten. Gepriesen wird demgegenüber die ewige Verbotspolitik als angeblich wirkungsvoll, hilfreich und schützend – doch dieser Pfeffer ist längst widerlegt! Ohne staatliche Kontrolle, ohne Aufsicht kaufen sich eben auch sehr junge Menschen Gras beim Dealer, den noch so viele Polizisten in seiner schieren Masse niemals fassen werden. Entsprechend wird selbst bei Teenagern vergiftetes Gras gekifft und wir müssen schon fragen, wie Merkel, Spahn und Co das verantworten. Eine frische Studie aus den USA zeigt, wie es viel besser und sicherer geht beim Cannabis und dem Nachwuchs.“

    Und wie funktioniert der Cannabis Jugendschutz in Deutschland?

    „Gar nicht. Gesundheitsminister Spahn oder auch die besonders hinterlistige Franziska Giffey mit ihrem Geschwätz als Chefin für Familien, Senioren, Frauen und Jugend interessieren sich beim Hanf ausschließlich für Verbote. Dieses soll die Erwachsenen maximal gängeln und der Jugend drohen. Wenn nun Teenager im Park beim Dealer Cannabis kaufen ohne jede Kontrolle und dann verseuchtes Gras durch die Bong rauchen, krank werden und so weiter, dann ist das allemal besser in den Augen der Bundesregierung als Hanf für erwachsene, freie, steuerzahlende Erwachsene zu erlauben.“

    https://www.thc.guide/studie-hanf-legalisierung-schuetzt-kinder-und-jugendliche-2151/

    Und, liebe Eltern: „Versuchen Sie, möglichst nur sehr „sparsam“ Vergleiche mit Ihnen bekannten Fällen von Personen mit massiven Nachteilen (Sucht, Tod, Unfälle, etc.) durch den Konsum von Alkohol oder Drogen zu bemühen. Diese werden meist in die Kategorie „Weiß ich schon, wird mir aber nicht passieren“ eingeordnet und verstärken die Einschätzung Ihrer Kinder, dass Sie als Gesprächspartner nicht ernst zu nehmen sind, da Sie die Dinge völlig falsch einschätzen.“

    Quelle: https://www.neon-rosenheim.de/wp-content/uploads/2019/07/Ratgeber-Alkohol-und-Drogen.pdf – Seite 11.

    Und das ist meiner Meinung nach auch der Grund warum irgendwelche „Aufklärungskampagnen“ von Drogengegnern wie der Union oder den Drogenbeauftragten sehr wahrscheinlich auf wenig fruchtbaren Boden fallen. Weil einem die Alten und die Anzugträger, die offensichtlich keinerlei Ahnung haben und völlig unauthentisch sind was erzählen, dann wird heimlich experimentiert, macht eigene Erfahrungen, stellt fest: „Alles nicht so schlimm“ und dann glauben die Jungen den Alten nicht mehr und dann erreicht man die Jugend erst recht nicht mehr.

    Deswegen Aufklärung und Schadensminimierung (Safer-Use-Regeln, Harm-Reduction) statt Strafe. Das hatten wir jetzt jahrzehntelang und es hat nichts gebracht.

  • Ich habe mir mal die Webseite von Buzz Medien mal angeguckt.Eieiei. „Hey, wir sind ganz nett und erzählen jede Story — wenn die Knete stimmt“.

    Kein Wunder, dass die Leute nach einer Weile an Verscwörungstheorien glauben, wenn man sich daran gewöhnt, dass hinter jedem Baum und hinter jeder Mülltonne mal wieder ein (bezahlter) Influencer steckt.

    Interessante Zeiten.

  • Die Aufklarung über Wirkung und Nebenwirkungen von Cannabisprodukten den „ewig gestrigen“ zu überlassen, führt dazu, dass sie immer noch zu den Drogen gezählt werden. Ich kiffe seit 39 Jahren, habe in dieser Zeit meine Schule und Ausbildung durchlaufen, mein Kind zu einem aufgeklärten, sozial denkenden Menschen erzogen und bisher 35 Jahre gearbeitet und Steuern bezahlt.
    Wieviele Alkoholiker haben sich und ihre Familien ruiniert und außer den Steuern für den Alkohol dem Staat nur Kosten beschert? (Gilt übrigens auch für Spielsüchtige, wo der Staat ebenfalls das Monopol besitzt.)
    Ich bin 51 Jahre alt und hoffe immer noch, den Tag zu erleben, an dem ich nicht mehr kriminalisiert werde, weil ich mir statt Bier und Schnaps lieber einen netten Joint reinziehe. Ich würde dafür auch gerne Steuern bezahlen. Mache ich im Ausland ja auch.
    Den einzigen Kontakt zu „harten“ Drogen hatte ich als Jugendliche, aber auch nur, weil meinem Dealer das Gras ausgegangen war und er mir als Ersatz Extacy und Speed angeboten hatte. Sicherlich bin ich da nicht die einzige. In einem legalen, überwachten Shop kann sowas nicht passieren.
    Aber ich bin ja noch jung; ich kann warten. Die Dinos sterben aus und der vernunftbegabte Mensch übernimmt.

  • Kampagnen gegen Hanfprodukte müssen scheitern, weil sie gegen die Erfahrung weiter Bevölkerungsschichten erfolgen und vor dem Hintergrund legaler Alkoholexzesse und tabakbedingter Erkrankungen verlogen sind.
    Hinzu kommt, dass die Verfolgung von Kiffern wichtige Kapazitäten der Drogenfahnder bindet, die der wachsenden Gefahr wirklich gefährlicher neuer Designerdrogen hier vor allem Ecstasy entgegentreten müssen. Eine Legalisierung würde die Kontrolle verbessern, den illegalen Import stoppen und definierte Sorten mit Arzneiqualität bereitstellen. Dann könnten die Drogenberatungsstellen sich mit cannabisassoziierten Erkrankungen ebenso legal und sachlich auseinandersetzen, wie sie es mit Alkoholkrankheit tun. Und Gelegenheitsraucher würden nicht kriminalisiert und Cannabis verlöre den Reiz des Verbotenen. Nur Vorteile, das sehen auch längst viele Polizisten und Juristen so.
    Nur die Politik handelt nicht.

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